5. Mai 2022

Waffenfunktion: Direkter Gasdrucklader mit beweglichem Lauf, Masseverschluss

Funktionsbeschreibung eines Feuerwaffenverschlusssystems. Angetrieben durch direkten Gasdruck, verschlossen durch einfachen ungebremsten Masseverschluss, Öffnung durch Vorwärtsbewegung des Laufes. Eingesetzt bei Mannlicher M1894, Schwarzlose M1909, M1908 und Hino-Komuro M1908.

Direkter Gasdrucklader mit beweglichem Lauf
Waffenfunktion: Direkter Gasdrucklader mit beweglichem Lauf

Bild 1: Die Waffe ist geladen und befindet sich in Ruheposition.

Bild 2: Der Schuss bricht, die Treibladung in der Patrone setzt sich vom festen in einen gasförmigen Zustand um. Da das Verbrennungsgas mehr Raumvolumen einnimmt, als die Treibladung in festem Zustand, entsteht ein enormer Druck in der Brennkammer der Patronenhülse. Dieser Druck wirkt zu allen Seiten gleichzeitig. Der Druck auf den Hülsenboden kann nichts ausrichten, da dieser Boden relativ dick ist und die Hülse zu diesem Zeitpunkt ein geschlossenes System darstellt. Lediglich der Druck auf das Geschossheck, kann eine Bewegung im System verursachen, diese besteht darin, dass das Geschoss den Hülsenmund verlässt und vom Gasdruck in den Lauf getrieben wird.

Bild 3: Sobald das Geschoss in den Übergangskonus des Laufes (petrol) eintritt und die Patronenhülse kein geschlossenes System mehr darstellt. Ist der Druck in der Lage die Patronenhülse nach hinten zu drücken. Dies gelingt ihm jedoch nicht, da der Stoßboden (rot) stoffschlüssig mit dem Gehäuse der Waffe verbunden ist. Eine Rückwärtsbewegung der Hülse kann nicht stattfinden. Während das Geschoss vom Gasdruck durch den Lauf (dunkel petrol) getrieben wird, muss es sich in die Felder des Laufes einpressen, da das Geschoss einen leicht größeren Durchmesser hat als das Kaliber der Felder. Dieses Einpressen sorgt für eine reibschlüssige Verbindung zwischen Geschoss und Lauf (petrol). Durch diese Verbindung kann der Gasdruck einen Teil seines, auf den Geschossboden wirkenden, Drucks auf den Lauf (dunkel petrol) übertragen und dieser zu einer nachvorne Bewegung zwingen.

Bild 4: Da der Lauf (dunkel petrol) jedoch eine gewisse Masseträgheit besitzt, kann er diese Bewegung zwar aufnehmen aber nicht sofort in vollem Maße umsetzten. So ist gewährleistet, dass das Vorlaufen des Laufes nicht die Sicherheitsstrecke der Patronenhülser überschreitet, bevor das Geschoss den Lauf der Waffe verlassen hat. Denn der auf den Hülseninnenboden wirkende Gasdruck bewirkt, dass die Hülse gegen den Stoßboden (rot) gepresst bleibt, auch wenn sich der Lauf nach vorne bewegt. Auf diese Weise wird die Patrone auch bei diesem System aus den Patronenlager ausgedrückt.

Bild 5: Das Geschoss hat den Lauf der Waffe verlassen, worauf es zu einem abrupten Abfall des Gasdrucks im Lauf kommt. Dadurch kann nun die Patronenhülse ganz ausgezogen werden, ohne das die Gefahr von nach hinten austretenden Gasdruck besteht. Ein weiterer Effekt des Gasabfalls ist jedoch auch, dass der Gasdruck nun nicht mehr als Antriebskraft zur Verfügung steht. Der bis dahin vom Gasdruck über die Geschossreibung nach vorne getriebene Lauf hat jedoch vorher genug Bewegungsenergie aufnehmen können, um durch sein Beharrungsvermögen den Rest des Rücklaufes bewerkstelligen zu können. Auch das die Patronenhülse nicht mehr vom Gasdruck nach hinten gedrückt wird, stellt kein Problem dar, da am Stoßboden (rot) in der Regel eine Auszieherkralle befestigt ist, welche die Hülse an ihrem Platz hält, während die Patronenkammer im Lauf nach vorne weggleitet.

Quellen:

Die principiellen Eigenschaften der automatischen Feuerwaffen, Karel Krnka, 1902

Die Handfeuerwaffen Ihre Entwicklung und Technik, Robert Weisz, 1912

Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr, C. Cranz, 1926

Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick, Jaroslav Lugs, 1956

Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch, Dr. R. Germershausen, 1977

Waffenlehre - Grundlage der Systemlehre, Wolfgang Pietzner, 1998

Verschlusssysteme von Feuerwaffen, Peter Dannecker, 2016

Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Thomas Enke, 2021

Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book, Julian S. Hatcher, 1948

The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism, Georg M. Chinn ,1955

Engineering Design Handbook Automatic Weapons, USA Materiel Command, 1970

Dieser Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung von:

waffentechnik.wordpress.com

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