16. Oktober 2022

Die zehn besten Bücher zum Thema Funktion von Handfeuerwaffen

Hallo alle zusammen und damit herzlich Willkommen zu einem neuen kurzen Beitrag. Selbiger dreht sich heute um die Frage, für welche 10 Bücher ich am ehesten denn eine Leseempfehlung rausgeben würde, wenn es um das Thema Waffentechnik von Feuerwaffen geht.

Der Übersicht halber habe ich mir die fünf besten deutschen und die fünf besten englischsprachigen Fachbücher rausgesucht und zwar in jeweils der Reihenfolge in welcher ich diese Bücher zu lesen empfehlen würde. Dabei muss ich allerdings deutlich sagen, dass der Einstieg in jedem Fall ein Sprung ins kalte Wasser darstellt.

  • 1. Handfeuerwaffen ein systematischer Überblick
  • 2. Vom Pulverhorn zum Raketengeschoss
  • 3. Maschinenwaffen 1 und 2
  • 4. Waffenlehre Grundlage der Systemlehre
  • 5. Verschlusssysteme von Feuerwaffen

  • 6. Hatcher's Notebook
  • 7. Tactical Small Arms of the 21st Century
  • 8. The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism
  • 9. Handbook On Weaponry
  • 10. Engineering Design Handbook Automatic Weapons

1. Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick über die Handfeuerwaffen und ihre Geschichte Band I & II von Jaroslav Lugs ist zwar schon etwas älter aber faktisch immer noch großartig und bei weitem am einfachsten zu verstehen. Das Buch kann man als Doppelband antiquarisch für einen klein erwerben. Dabei enthält der erste Band den Text und der zweite die dazu passenden Bilder. Gemütlich im Bett lesen, kann man diese Bücher also leider nicht.

2. Vom Pulverhorn zum Raketengeschoss: Die Geschichte der Handfeuerwaffen-Munition von Manfred R Rosenberger und Katrin Hanné behandelt zwar nicht direkt die Technik von Handfeuerwaffen, sondern die Munition Selbiger. Mit der Lektüre dieses Bucher verhindert ihr, dass euch später nötiges Basiswissen fehlt, denn Munition stellt die Grundlage der Waffenfunktion. Das Buch ist antiquarisch für einen mittleren Preis erhältlich.

3. Maschinenwaffen 1 Als die Technik laufen lernte & 2 Die technische Revolution erscheinen als DJW Extras sind eigentlich keine Fachbücher sondern zwei Periodika Sonderausgaben mit einer Reihe von Fachartikeln. Die vergleichsweise einfach geschriebenen Artikel bieten einen guten Einstieg ins Thema; haben aber das Problem, dass die verschiedenen Artikel in verschiedenen Waffensprachen verfasst wurden. Die Hefte können gebraucht erworben werden.

4. Arbeiten zu Studium und Praxis im Bundesgrenzschutz: Waffenlehre Grundlage der Systemlehre von Wolfgang Pietzner ist nie offiziell für den öffentlichen Markt erschienen oder von offizieller Stelle freigegeben worden. Trotzdem fördert eine kurze Internetsuche schnell ein Dokument im PDF-Format zutage. Das Buch ist gut geschrieben aber leider in der sogenannten amerikanisierten Waffensprache verfasst, welche bei einigen Begriffen von den anderen Werken abweicht.

5. Verschlusssysteme von Feuerwaffen und der Ergänzungsband 1 von Peter Dannecker stellen im deutschen Raum dem Goldstandard dar. Das einzige Problem an dem Buch ist, dass man ein wenig technisch physikalische Vorbildung benötigt, um alles zu verstehen. Das Buch und der Ergänzungsband sind noch neu beim DWJ-Verlag zu erwerben.


6. Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book for, Shooters, Gunsmiths, Ballistics, Historians, Hunter and Collectors von Julian S. Hatcher ist genau das und zwar ein Notizbuch. Diese Form kann einige Leser verwirren, denn Hatcher behaltet einfach alles mit dem er in seiner Zeit zu tun hatte. Man muss sich also die Themen raupicken welche für einen selber interessant sind. Aufgrund der us-amerikanischen Rechtslage ist das Buch im Internetarchiv verfügbar. Alternativ findet man auch günstige Nachdrucke.


7. Tactical Small Arms of the 21st Century von Charls Cutshaw behandelt zwar Waffen-Technik nicht in erster Linie dafür aber knapp, bündig und gut verständlich mit großen Abbildungen. Das Buch ist antiquarisch zu erwerben oder kann über das Internetarchiv digital ausgeliehen werden.

8. The Machine Gun Vol. IV Design Analysis of Automatic Firing Mechanism von Georg M. Chinn ist zwar eines der besten Bücher zum Thema aber leider nicht das verständlichste. Nach einer in der Regel noch lesbaren schriftlichen Erklärung zu den einzelnen Systeme; folgen oft Graphen und Formalen welche ein gewisses Maß an technischer Vorbindung erfordern und zwar nach US-Standard, was leider nicht jeder Leser mitbringen kann aber auch so kann man einiges aus dem Werk mitnehmen. Dank der US-Gesetze ist das Werk im Internetarchiv frei verfügbar.

9. Handbook On Weaponry oder in der deutschen Fassung Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch von eben der Rheinmetall GmbH bzw. Dr. R. Germershausen ist ein Handbuch für die Mitarbeiter des großen deutschen Rüstungsunternehmens. Aber genau da liegt das Problem, das Buch verlangt noch ein wenig mehr technisches Vorwissen und orientiert sich eher an den Nomenklaturen der Geschütztechnik. Zudem erklärt der knappe Text wenig und so muss man sich viel aus den Grafiken erschließen. Das Buch wurde von Rheinmetall freigegeben und ist auf englisch und deutsch im Internetarchiv abrufbar.

10. Engineering Design Handbook, Gun Series, Automatic Weapons vom United States Army Materiel Command ist ein Handbuch welches dem Personal der US-Armee bei der Entwicklung von Feuerwaffen unter die Arme greifen soll und auch kann, denn das Werk gleicht eher einer Formalsammlung als einer schriftlichen Erklärung. Vorwissen in physikalischer Mechanik sowie in Algebra sind also fast zwingend notwendig. Aufgrund der US-Gesetze ist das Buch im Internetarchiv verfügbar.

Zum guten Schluss noch ein  Sonderfall, welcher nicht unerwähnt bleiben darf und zwar das deutsche Werk Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr und ihre Begleiterscheinungen von C. Cranz es stellt nichts weniger als die Grundladen der Waffentechnik dar, weil hier auf gut 450 Seiten alleine das beschrieben wird, was ein Geschoss so im Rohr macht. Allerdings kann diese extrem ausführliche Beschreibung Anfänger oft abschrecken. Das Buch ist nach wie vor beim Springerverlag erhältlich, auch wenn antiquarische Exemplare oft günstiger zu bekommen sind.

So, das war es dann mit meinen Empfehlungen. Wie gesagt gibt es leider nur diese Fachbücher und diese zwei Zeitschriften und kein einfaches Sachbuch, welches das Thema fehlerfrei auf einfache weise darzustellen vermag. Waffentechnik zu verstehen ist eben Arbeit und nichts, was man sich mal eben, beim überfliegen eines schlecht übersetzten Sachbuches, aneignen kann.

Hübschere Version nun auch mit Bildern. Danke an Shnuffy dafür.

Waffenfunktion: Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf & Gasstaudüse, Rollenverschluss

Funktionsbeschreibung eines Feuerwaffenverschlusssystems. Angetrieben durch den Geschossrückstoß mit Wirkung auf Verschluss-Lauf-Koppelgruppe sowie indirekt wirkenden Gasdruck in Gasstaudüse. Verriegelt durch tiefliegende Rollen. Verwendet im deutschen Maschinengewehr MG42 und im MG3.

Kinematik: Rückstoßlader mit Gasstaudüse

Bild 1: Die Waffe ist geladen und feuerbereit, befindet sich jedoch in Ruheposition.

Bild 2: Der Schuss bricht die Pulverladung in der Patrone setzt sich in Pulvergase um, da diese ein weitaus größeres Volumen beanspruchen als die Pulverladung in Festform kommt es zu einer gewaltigen Druckentwicklung. Der Druck im inneren der Patrone wirkt zu allen Seiten hin, findet aber im Geschossboden die Fläche mit dem geringsten Widerstand. Das Resultat des auf den Geschossboden wirkenden Druckst ist, dass das Geschoss vom Gasdruck aus dem Patronenhund in den Lauf geschoben wird. Sobald das Geschoss aus dem Mund der Hülse heraus geschoben wurde, stellt die Patrone kein geschlossenes System mehr dar und der Gasdruck ist in der Lage, die Hülse, ähnlich einem Hohlkolben, gegen den Verschlusskopf (rot) zu pressen. In diesem Verschlusskopf sitzen jedoch zwei Rollen (grün), welche in entsprechenden Rollentaschen im Schildzapfen sitzen, welche wiederum Teil des Laufes (dunkel petrol) sind. Die Kraft der Pulvergase überträgt sich also vom Lauf (dunkel petrol) auf den Verschlusskopf (rot), vom diesem auf die Rollen (grün) und von diesen wieder auf den Lauf (dunkel petrol). Der Kräftekreislauf ist geschlossen und es kann keine Bewegung stattfinden, Verschluss und Lauf sind mit einander formschlüssig statisch verriegelt. Man spricht auch von Verschluss-Lauf-Koppelgruppe.

Vorne hat das Geschoss den Einpresswiderstand in den gezogenen Teil des Laufes überwunden und wird schnell genug beschleunigt, dass eine bedeutende Gegenreaktion, zur nach vorne gerichteten Geschossbewegung, erzeugt wird. Diese Gegenreaktion, nach dem dritten newtonschen Gesetzt, ist nach hinten gerichtet und nutzt dabei die Pulvergase als fluidmechanischen Körper. Im Gegensatz zum nur lokal wirksamen direkten Gasdruck ist die Gegenreaktion dazu in der Lage die Verschluss-Lauf-Koppelgruppe relativ zum Waffengehäuse nach hinten zu werfen. Jedoch ist sie zu schwach die schwere Koppelgruppe weit genug nach hinten zu werfen.

Bild 3: Sobald das Geschoss den Lauf der Waffe verlässt, tritt es in die gehäusefeste Staudüse (grau) ein, das Geschoss passiert diese Gasexpansionskammer. Die dem Geschoss folgenden Pulvergase strömen in die Staudüse und füllen diese direkt aus und beaufschlagen alle Innenwände der Düse. In der leicht überkalibrigen Öffnung der Düse wirkt das Geschoss für einen kurzen Moment als eine Art Stopfen. Da der Lauf (dunkel petrol) der Waffe die hintere Wand der Staudüse bildet, wird auch dieser vom Gas beaufschlagt und es wirkt eine entsprechende Kraft auf die Laufkrone. Dieser indirekt wirkende Gaskraft schiebt den Lauf, wie den Kolben eines herkömmlichen Gasdruckladers, nach hinten. Dies ist nur möglich, da die Staudüse teil des Waffengehäuses und nicht fest mit dem Lauf verbunden ist.

Die selbe Bewegung, welchen der Rückstoß mit seiner Wirkung auf den Verschlusskopf (rot) bereits begonnen hat, wird so vom Gasdruck in der Staudüse mit seiner Wirkung auf den Lauf (dunkel petrol) noch verstärkt. Der vorher vom Verschlusskopf (rot) nach hinten gezogene Lauf (dunkel petrol), wirkt nun zusätzlich als Kolben, welcher den Verschlusskopf (rot) zusätzlich nach hinten anschiebt.

Beim Rücklauf der Verschluss-Lauf-Koppelgruppe kommen die Rollen (grün) in Kontakt mit einer gehäusefesten Steuerkulisse (blau). Diese zwingt die Rollen (grün) zu einer Aufwärtsbewegung, dabei verlassen die Rollen ihre Rollentaschen im Schildzapfen des Laufes (dunkel petrol).

Bild 4: Sobald die Rollen (grün) in den Verschlusskopf (rot) zurück gezwungen wurden, ist der Verschluss entriegelt und die Verschluss-Lauf-Koppelgruppe wird gelöst. Gleichzeitig werden bei Rücklauf des Laufes Gasentlüftungsbohrungen in der Gasstaudüse frei, welches das gestaute Gas entwichen lassen. Dies ist nötig, damit es beim Nächsten Schuss nicht zu einer Überfunktion aufgrund von Restgasdruck des vorherigen Schusses kommt.

Bild 5: Entkoppelt voneinander läuft der Lauf (dunkel Petrol), unter dem Druck einer eigenen Rückhohlfeder, wieder in seine Ausgangsposition zurück. Der Verschlusskopf (rot) fährt jedoch weiter zurück, dabei zieht er die leere Patronenhülse per Auszieherkralle aus dem Patronenlager heraus. Möglich macht das seine kinetische Restenergie, welche er durch den doppelten Antrieb erhalten hat.

Das System arbeitet also mit zwei Antriebsmethoden, einmal mit dem Rückstoß und einmal mit indirekt wirkendem Gasdruck auf den Lauf. 

Quellen:

Die principiellen Eigenschaften der automatischen Feuerwaffen, Karel Krnka, 1902

Die Handfeuerwaffen Ihre Entwicklung und Technik, Robert Weisz, 1912

Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr, C. Cranz, 1926

Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick, Jaroslav Lugs, 1956

Waffenlehre für die Bundeswehr, Heinz Dathan, 1972

Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch, Dr. R. Germershausen, 1977

Waffenlehre - Grundlage der Systemlehre, Wolfgang Pietzner, 1998

Verschlusssysteme von Feuerwaffen, Peter Dannecker, 2016

Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Thomas Enke, 2021

Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book, Julian S. Hatcher, 1948

The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism, Georg M. Chinn ,1955

Engineering Design Handbook Automatic Weapons, USA Materiel Command, 1970

Dieser Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung von:

waffentechnik.wordpress.com

14. Oktober 2022

Waffenfunktion: Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf, Rollenverschluss

Funktionsbeschreibung eines Feuerwaffenverschlusssystems. Angetrieben durch den Geschossrückstoß mit Wirkung auf Verschluss-Lauf-Koppelgruppe sowie direkt wirkenden Gasdruck. Verriegelt durch tiefliegende Rollen.

Kinematik: Rückstoßlader mit Rollenverschluss

Bild 1: Die Waffe ist geladen und befindet sich im Ruhezustand.

Bild 2: Der Schuss bricht, das sich in der Patronenhülse befindliche Scheißpulver wandelt sich durch Abbrand in Pulvergase um. Diese Pulvergase benötigen um ein vielfachen mehr Raum als das Schießpulver im feststofflichen Zustand. Durch den höheren Raumbedarf, kommt es zu einem enormen Druck in der Brennkammer der Patrone. Dieser Druck wirkt zu allen Seiten hin macht sich aber ab deutlichen dadurch bemerkbar, dass er auf das Heck des Geschosses wirkt und dadurch selbiges aus dem Mund der Patronenhülse heraus, in den Lauf (dunkel petrol) der Waffe, drückt. Sobald das Geschoss den Mund der Hülse verlassen hat und diese kein geschlossenes System mehr darstellt, ist der Gasdruck in der Lage selbige Hülse, wie einen Hohlkolben, nach hinten zu drücken. Da die Hülse jedoch vom Verschlusskopf (rot) abgestützt wird, überträgt sich die Kraft auf diesen. Im Verschlusskopf (rot) befinden sich zwei Rollen (grün), welche in Rollentaschen lagern im Schildzapfen, dieser sind mit dem Lauf (dunkel Petrol) verbunden. Im Gegensatz zu anderen Rollenverschlüssen lagern hier die Rollen (grün) so tief in ihren Lagern, dass sie nicht aus diesen herausrollen können, wenn sie vom Verschlusskopf (rot) nach hinten getrieben werden. Die Rollen (grün) machen so ein Zurückfahren des Verschlusskopfes (rot) unmöglich. Der direkt wirkende Gasdruck kann nichts ausrichten, die Waffe ist formschlüssig statisch verriegelt.

Erst wenn das Geschoss im Lauf der Waffe, nach der Überwindung des Einpresswiderstandes, auf eine ausreichende Geschwindigkeit gebracht wird, kann es nach dem dritten Gesetzt nach Newton zu einer Gegenreaktion kommen. Diese Gegenreaktion überträgt sich über die Pulvergase, als fluidmechanischen Körper, auf den Stoßboden des Verschlusses (rot). Im Gegensatz zum Eigengasdruck, welcher nur im lokal begrenzten Bezugssystem Arbeit verrichten kann, ist der Gegenimpuls in der Lage die Lauf-Verschluss-Koppelgruppe relativ zum Waffengehäuse (grau) nach hinten zu werfen.

Bild 3: Beim gemeinsamen Rücklauf von Lauf (dunkel petrol) und Verschluss (rot) kommen die Rollen (grün), welche die Koppelgruppe zusammenhalten, in Kontakt mit zwei Steuerklassen (blau). Diese schiefen Ebenen zwingen die Rollen (grün) dazu, sich in den Verschlussträger (rot) zurückzuziehen. Gleichzeitig zwingen dies den Verschlussträger (lila) relativ zum Verschluss zurück. Dieser Vorgang hat hier jedoch eher sicherheitstechnische Gründe, um den Zündstift bei nicht verriegeltem Verschluss von der Patrone fernzuhalten. Es handelt sich zwar um eine Übersetzung, jedoch ist diese nicht verriegelungsrelevant.

Bild 4: Umso weiter die Lauf-Verschluss-Koppelgruppe zurück fährt, umso weiter werden die Rollen (grün) von den Steuerkulissen (blau) in den Verschlussträger (rot) gezwungen. Sobald die Rollen (grün) bis über die Hälfte in den Verschlussträger (rot) eingefahren sind, ist die Verriegelung praktisch aufgehoben. Der Verschluss wechselt von einer formschlüssig statischen in eine kraftschlüssig dynamische Verriegelung.

Bild 5: Der Gasdruck wäre am diesem Zeitpunkt in der Lage, die Patronenhülse wie einen Hohlkolben nach hinten zu schieben. Dies ist bei diesem System jedoch nicht nötig, da der zuvor per Übersetzung beschleunigte Verschlussträger (lila) noch genug kinetische Restbewegungsenergie hat, um den Verschlussträger nach hinten mitzuschleppen.

Je nach Bedarf und gewünschter Funktionssicherheit, kann dieses System also als reiner Rückstoßlader mit Entriegelung per Rückstoß und Verschlussantrieb per kinetischen Restenergie des beschleunigten Verschlussträger konzipiert werden oder als System mit zwei Antriebsmethoden welches den Rückstoß zur Entriegelung verwendet und den Eigengasdruck im Lauf für den Verschlussantrieb.

Quellen:

Die principiellen Eigenschaften der automatischen Feuerwaffen, Karel Krnka, 1902

Die Handfeuerwaffen Ihre Entwicklung und Technik, Robert Weisz, 1912

Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr, C. Cranz, 1926

Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick, Jaroslav Lugs, 1956

Waffenlehre für die Bundeswehr, Heinz Dathan, 1972

Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch, Dr. R. Germershausen, 1977

Waffenlehre - Grundlage der Systemlehre, Wolfgang Pietzner, 1998

Verschlusssysteme von Feuerwaffen, Peter Dannecker, 2016

Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Thomas Enke, 2021

Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book, Julian S. Hatcher, 1948

The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism, Georg M. Chinn ,1955

Engineering Design Handbook Automatic Weapons, USA Materiel Command, 1970

Dieser Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung von:

waffentechnik.wordpress.com

10. Oktober 2022

Waffenfunktion: Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf, Kniegelnekverschluss

Funktionsbeschreibung eines Feuerwaffenverschlusssystems. Angetrieben durch den Geschossrückstoß mit Wirkung auf Verschluss-Lauf-Koppelgruppe sowie direkt wirkenden Gasdruck. Verriegelt durch Kniehebel. Verwendet bei der deutschen Selbstladepistole Luger P-08.

Kinematik: Rückstoßlader mit Kniegelenkverschluss

Bild 1: Die Waffe ist geladen und befindet sich in Ruheposition.

Bild 2: Der Schuss bricht, die Treibladung in der Patronenhülse wird in Treibgase umgesetzt. Diese Gase beanspruchen ein vielfaches von dem Raum, welchen die Treibladung in festem Zustand eingenommen hat. Dieder gewaltig gestiegene Platzbedarf resultiert in einem starken Druck innerhalb der Brennkammer der Patrone, welcher alle Innenwände der Patrone beaufschlagt. Die schwächste Stelle der Patrone ist das Geschoss, welches sich von den Pulvergasen aus dem Hünd der Hülse in den Lauf der Waffe treiben lässt. Sobald das Geschoss den Mund der Hülse verlässt ist das Gas zudem in der Lage, die Patronenhülse wie einen Hohlkolben nach hinten zu drücken. Da die Patrone jedoch vom Verschluss (rot) abgestützt wird, überträgt sich sich die Kraft auf diesen. Der Verschluss ist mit dem Kniehebel (grün) verbunden, dieser ruht mit deinem Mittelgelenk auf dem Steuerstück (blau). Da der Kniehebel (grün) bereits nach unten eingeknickt ist, versucht er diese Beugerichtung beizubehalten und sich nach unten zu öffnen. Daran hindert ihn jedoch das gehäusefeste Steuerstück (blau). Eine Öffnungsbewegung des Verschlusses (rot) kann deswegen nicht stattfinden, der Verschluss ist formschlüssig statisch verriegelt.

Auf der anderen Seite hat das Geschoss den Einpresswiderstand in die Felder des Laufes überwunden und wird anschließend von den, auf den Geschossboden wirkenden, Pulvergasen stark beschleunigt. Gemäß des dritten Gesetzes nach Newton kommt es bei der schnellen Geschossbewegung zu einer Gegenreaktion, diese nutzt die Pulvergassäule im Lauf als Fluidmechanischen Körper und überträgt so die Gegenreaktion auf den Stoßboden des Verschlusses (rot). Genau wie bei der direkten Gaswirkung, kann auch diese Kraft den Verschluss nicht öffnen. Jedoch wirkt die Gegenreaktion nicht wie der direkte Gasdruck lokal begrenzt, sondern wirkt in einem weiteren Bezugssystem, dieses resultiert darin, dass der Verschluss (rot) relativ zum Gehäuse (grau) nach hinten geworfen wird. Da der Verschluss (rot) über den Kniehebel (grün) mit dem Lauf (dunkel Petrol) verbunden ist, wird dieser nach hinten mitgezogen.

Bild 3: Das mit dem Gehäuse verbundene Steuerstück (blau) verbleibt jedoch an seinem Platz und sorgt damit dafür, dass das mittlere Gelenk des Kniehebels (grün) langsam nach oben bewegt wird. Dabei wird, gegen die Kraft des direkt wirkenden Gasdrucks, die Vorbeugung nach unten aufgehoben und anschließend das Gelenk (dunkel grün) nach oben eingeknickt.

Bild 4: Sobald der Kniehebel (grün) einmal eine kleine Beugung nach oben hin gemacht hat, versucht der direkt wirkende Gasdruck das Gelenk (dunkel grün) in diese Richtung weiter zu öffnen, was dem Gasdruck im Lauf auch gelingt. Durch die Änderung der Vorbeugerichtung, wurde die Verbindung zwischen Verschluss (rot) und Lauf (dunkel petrol) von einem formschlüssig statischen zu einer kraftschlüssig dynamischen.

Bild 5: Der direkt auf den Hülseninnenboden wirkende Gasdruck ist nun in der Lage, die Patronenhülse wie einen Hohlkolben gegen der Verschluss (rot) zu schieben, welcher dieses mal der Kraft nachgibt und sich nach hinten zu öffnen beginnt. Dabei wird der Kniehebel (grün) weiter eingeknickt, hat dabei aber keine verriegelungsrelevante Funktion mehr inne. Der Verschluss (rot) kann also erst nach dem gemeinsamen Rücklauf, zusammen mit dem Lauf, (dunkel Petrol) vom Gasdruck im Lauf geöffnet werden. Während dieser Zeit, konnte der Gasdruck soweit absinken, dass dieser die Hülse beim austreiben aus dem Patronenlager (dunkel petrol) nicht mehr beschädigt. Grund für das absinken des Drucks in so kurzer Zeit ist, dass dem Druck um so mehr Raum im Lauf zur Verfügung steht, umso weiter das Geschoss durch den Lauf getrieben wurde.

Das System arbeitet demnach mit zwei Antriebsmethoden, für die Entriegelung ist der Geschossrückstoß zuständig, während für das ausschieben der Hülse und die Öffnung des Verschlusses der direkt wirkende Eigengasdruck verantwortlich ist.

Quellen:

Die principiellen Eigenschaften der automatischen Feuerwaffen, Karel Krnka, 1902

Die Handfeuerwaffen Ihre Entwicklung und Technik, Robert Weisz, 1912

Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr, C. Cranz, 1926

Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick, Jaroslav Lugs, 1956

Waffenlehre für die Bundeswehr, Heinz Dathan, 1972

Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch, Dr. R. Germershausen, 1977

Waffenlehre - Grundlage der Systemlehre, Wolfgang Pietzner, 1998

Verschlusssysteme von Feuerwaffen, Peter Dannecker, 2016

Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Thomas Enke, 2021

Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book, Julian S. Hatcher, 1948

The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism, Georg M. Chinn ,1955

Engineering Design Handbook Automatic Weapons, USA Materiel Command, 1970

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9. Oktober 2022

Waffenfunktion: Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf, Vertikalriegel

Funktionsbeschreibung eines Feuerwaffenverschlusssystems. Angetrieben durch den Geschossrückstoß mit Wirkung auf Verschluss-Lauf-Koppelgruppe sowie direkt wirkenden Gasdruck. Verriegelt durch Vertikalriegel. Verwendet mit anderem Verriegelungselementen bei Colt M1911, Beretta 92, Walther P.38, Johnson M1941 und Federow Avtomat.

Kinematik: Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf

Bild 1: Die Waffe ist geladen und befindet sich in Ruheposition.

Bild 2: Der Schuss bricht das in der Hülse befindliche Treibmittel setzt sich in Treibgase um, diese Gase stehen unter einem hohen Druck und beaufschlagen alle Innenseiten der Hülse. Davon gibt jedoch nur eine Wand nach. Dabei handelt es sich um den Geschossboden an welchem die Gase angreifen und dadurch das Geschoss aus dem Mund der Hülse in den Übergangskegel des Laufes schieben. Sobald das Geschoss den Mund der Hülse verlassen hat, stellt diese kein geschlossenes System mehr dar. Dies erlaubt den Pulvergasen die Patronenhülse, ähnlich einem Hohlkolben, nach hinten zu drücken. Da die Hülse jedoch vom Verschluss (rot) abgestützt wird, überträgt sich die Kraft auf den Verschluss (rot), da dieser über den Vertikalriegel (grün) mit dem Lauf (dunkel petrol) verbunden ist, handelt es sich um ein geschlossenes Bezugssystem in dem eine Rückwärtsbewegung des Verschlusses durch den Gasdruck ausgeschlossen ist. Eine Öffnungs- oder Vorwärtsbewegung des Verschlusses findet nicht statt, der Verschluss ist formschlüssig statisch verriegelt.

Erst wenn das Geschoss im Lauf der Waffe stark genug beschleunigt wird, kommt es nach dem dritten newtonschen Gesetz zu einer Gegenreaktion. Die Kraft dieser Gegenreaktion nutzt das Pulvergase als fluidmechanischen Körper und überträgt sich so auf dem Stoßboden des Verschlusses (rot). Im Gegensatz zum Gasdruck, welcher ebenfalls auf den Stoßboden (rot) einwirkt, ist die Kraft dieser Gegenreaktion nicht lokal begrenz, sondern kann in einem größeren Bezugssystem wirken. Als Resultat wird der Verschluss (rot) relativ zum Waffengehäuse (grau) nach hinten getrieben, da der Verschluss (rot) über den Vertikalriegel (grün) mit dem Lauf (dunkel petrol) verbunden ist, werden beide nach hinten mitgezogen.

Bild 3: Beim gemeinsamen Rücklauf von Verschluss (rot), Lauf (dunkel patrol) und Vertikalriegel (grün) kommt der Vertikalriegel (grün) in Kontakt mit einem Steuerelement (lila). Dieses Steuerelement zwingt den Vertikalriegel (grün) zu einer Absenkbewegung, bei dieser Bewegung rasten die Verriegelungselemente des Vertikalriegel (grün) aus Verschluss (rot) und Lauf (dunkel Petrol) aus. Die Kopplung der Gruppe wird aufgehoben, die formschlüssig statische Verbindung wird zu einer kraftschlüssig dynamischen.

Bild 4: Diese Änderung der Verbindungsart, nutzt der Gasdruck im Lauf aus, um jetzt doch noch die Patronenhülse, wie einen Hohlkolben, nach hinten zu schieben zu können, dabei wird der Verschluss (rot) weiter beschleunigt. Dies gescheit jedoch bei einer deutlich niedrigeren Druck als dies zu Beginn der Waffenfunktion der Fall war. Das Geschoss hat bereit eine deutliche Strecke im Lauf zurück gelegt und der Gasdruck kann sich auf ein größeres freigewordenes Volumen verteilen. Der geringere Gasdruck kann nun die Patronenhülse sicher nach hinten aus dem Patronenlager herausschieben ohne, dass es zu einer Überanspruchung des Hülsenmaterials kommt.

Dieses System nutzt für die Entriegelung die Kraft des Geschossrückstoßes für den restlichen Antrieb jedoch den direkt wirkenden Gasdruck im Lauf.

Quellen:

Die principiellen Eigenschaften der automatischen Feuerwaffen, Karel Krnka, 1902

Die Handfeuerwaffen Ihre Entwicklung und Technik, Robert Weisz, 1912

Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr, C. Cranz, 1926

Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick, Jaroslav Lugs, 1956

Waffenlehre für die Bundeswehr, Heinz Dathan, 1972

Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch, Dr. R. Germershausen, 1977

Waffenlehre - Grundlage der Systemlehre, Wolfgang Pietzner, 1998

Verschlusssysteme von Feuerwaffen, Peter Dannecker, 2016

Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Thomas Enke, 2021

Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book, Julian S. Hatcher, 1948

The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism, Georg M. Chinn ,1955

Engineering Design Handbook Automatic Weapons, USA Materiel Command, 1970

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