4. Mai 2022

Mündungsfeuerdämpfer Mumpitz oder wie Mündungsfeuer nicht funktioniert

Hallo und herzlich Willkommen zu einem neuen Beitrag zum Thema Waffentechnik. Nachdem der Beitrag über Mündungsbremsen so gut angekommen ist, habe ich mir gedacht, ich mache das Gleiche nochmal für den Mündungsfeuerdämpfer, denn auch dort gibt es so einigen Mumpitz, der immer wieder fleißig widerholt wird und deswegen Gefahr läuft irgendwann zur Wahrheit zu werden.

Um zu verstehen, wie ein Mündungsfeuerdämpfer wirkt, muss man zuerst verstehen, wie das Mündungsfeuer überhaupt entsteht und genau da liegt bereits der erste Knackpunkt, denn Das Mündungsfeuer gibt es gar nicht. Was wir als Mündungsfeuer bezeichnet sind bis zu sechs verschiedene Feuerartige Erscheinungen, die auftreten können aber nicht müssen. Gehen wir mal die drei wichtigsten Erscheinungen durch.

Gelbes oder primäres Mündungsfeuer: Ist wortwörtlich das Mündungsfeuer, also das Feuer aus der Mündung es entsteht chemisch durch die Verbrennung der Pulvergase, welche für uns bis dahin das Geschoss aus dem Lauf getrieben haben. Dieses Feuer ist meist gelblich bis weiß und züngelt in Zapfenform direkt aus der Mündung. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist dies weder der Hauptgrund für den Mündungsblitz, noch kann man dieser Erscheinung mit einem üblichen Mündungsfeuerdämpfer Herr werden. Hier hilft nur ein anderen chemische Zusammensetzung des Pulvers, ein längerer Lauf oder eine Mündungsfeuerblende.

Dunkelrotes oder Zwischenmündunfsfeuer: Oder Umgangssprachlich der Feuerring entsteht, wenn ein großkalibriges Geschoss so schnell fliegt, dass Umgebungsluft und Mündungsgase so stark komprimiert werden, dass es dunkelrot leuchtender Ring etwa zwei Handbreit von der Mündung weg sichtbar wird. Die Erscheinung ist zwar spektakulär aber nur bei schlechten Lichtverhältnissen sichtbar. Ein Mündungsfeuerdämpfer kann diese Erscheinung zwar verhindern aber eigentlich geht es um das...

Rotes oder sekundäres Mündungsfeuer: Hier handelt es sich um das eigentliche Mündungsfeuer oder korrekt den Mündungsblitz. Beim Mündungsblitz handelt es sich nämlich nicht um einen Feuerstrahl, welcher wie bei einem Flammenwerfer dem Geschoss aus der Mündung folgt, sondern um eine Erscheinung, welche eine andere Ursache hat. Aber Eines nach dem Anderen.

In der Brennkammer der Waffe kommt es zu einem Abbrand ohne Sauerstoffzufuhr von außen. Dem Treibmittel steht nur der Sauerstoff zur Verfügung, welcher entweder im Treibmittel selber gebunden ist oder in den Pulverzwischenräumen in der Patronenhülse zur Verfügung steht. Dies bedeutet meist, dass das Pulver nicht sein ganzes Verbrennungspotenzial nutzen kann, da ihm der nötige Sauerstoff fehlt.

Es befindet sich also Chemikalien im Gasdruck in der Waffe, welche gerne noch ein wenig chemisch reagier würden, die jedoch in der Waffe keinen Sauerstoff dafür finden. Sobald nun das Geschoss den Lauf der Waffe verlässt, strömen diese Gase, welche ja unter einem hohen Druck stehen, aus der Mündung der Waffe heraus und vermengen sich dort mit dem Sauerstoff der Luft.

Unsere Gase haben nun den benötigten Sauerstoff, was ihnen aber für eine Reaktion noch fehlt ist die nötige Temperatur, denn unter ihrer Entzündtemperatur machen diese Gase auch zusammen mit dem nötigen Sauerstoff nichts. Jetzt kommt es vor allem auf die Form der entstandenen Chemikalienblase an, kann sich eine kugelförmige Blase ausbilden, so kann in dessen Zentrum die nötige Temperatur  erreicht werden - das Mündungschemikalien-Luft-Gemisch ist zündfähig und es kommt zur Verpuffung. Das Ergebnis ist eine rote bis gelborange Lichterscheinung in Form eines ausgefransten Balls etwas eine drei Handbreit von der Mündung der Waffe entfernt. Der typischen Mündungsblitz.

Übrigens tritt dieser Mündungsblitz nicht bei jedem Schuss auf, da die Mischung von Luft und Mündungschemie nicht konstant auftritt. Zudem kann es bei schneller Schussfolge, vor allem bei Schnellfeuerwaffen, dazu kommen, dass nicht schnell genug Sauerstoff aus der Umgebungsatmosphäre nachströmen kann. Es liegt also nicht zwangsläufig an Kameras, wenn bei einem Video nicht bei jedem Schuss ein Mündungsblitz zu sehen ist.

Mündungsfeuerdämpfer: Aber wie bekommt man den Mündungsblitz jetzt in den Griff? Das ist relativ einfach, man klaut ihm einfach seine Zündtemperatur, welche das Gas für seine Verpuffung benötigt.

Zu erwähnen wäre übrigens, dass die ersten Mündungsfeuerdämpfer nur verhindern konnten, dass der Schütze sich bei Nacht oder Dämmerung beim Schuss selbst blendete. Erst spätere Modelle waren in der Lage, das Entdeckt werden bei Dämmerung zu erschweren.

Der Trichertyp: Die einfachste und älteste Methode ist der konische Mündungsfeuerdämpfer. Diese trötenartigen Gebilde an der Mündung von MG08, M3 Greasegun und Lee-Enfield No.5 verhindern, dass sich die Mündungsgase frei nach den Seiten hin ausbreiten und so einen große Kugel mit einem gut isolierten heißen Kern bilden können. Stattdessen wird der Münungsgasball in die Länge gezogen und zu einer Ellipse gestreckt. So erhält die Gasschwade zum einen eine größere Oberfläche, die schneller abkühlt und zum anderen einen näher an der Umgebung liegenden Kern.

Vorteil ist natürlich der einfache Aufbau und die günstige Fertigung, der Nachteil ist zum einen die recht geringe Effektivität und zum anderen die Tatsache, dass das nachvorne richten der Mündungsgase den Raketeneffekt verstärkt, was zu einem stärkeren Gasrückstoß und damit zu einem erhöhten Rückschlag führt. In ihrer Funktion als Mündungsfeuerdämpfer ist der Trichtertyp zwar aus der Mode gekommen, erlebt jedoch gerade seinen zweiten Frühling als Mündungszentrierer eng. Sound-Hog. Dieser soll angeblich bei einem aus nächster Nähe beschossenem Ziel eine ähnlich Wirkung erzielen wie eine Blend-Schall-Granate (eng. Flash-Bang).

Der Zerteilertypen: Anstelle den großen Gasball in die Länge zu ziehen, gehen die Zerteiler her und brechen den Mündungsgasstrom in mehrere kleine ströme auf. Ähnlich wie die Mündungsbremse nutzt dieser Typ die große Spannung innerhalb der Mündungsgase aus, welche jede Möglichkeit zur Expansion sofort ausnutzen. 

Der Siebtyp: Der wohl älteste Typ ist der des Siebförmigen Zerteiler, diese ursprünglich als Mündungsbremsen eingesetzten Mündungsmodulatoren besitzen viele kleine Bohrungen in einem zylinderförmigen Mündungsaufsatz. Die unter Spannung stehenden Gase nutzen die Möglichkeit, durch die Bohrungen nach außen zu treten sofort und bilden so viele kleine Gaswolken mit insgesamt sehr großer Oberfläche, die schnell abkühlen.

Vorteil des Siebtypus ist die extrem große Oberfläche und die feine Verteilung der Mündungschemikalien. Auch wenn die starke Vermischung mit der Umgebungsluft auf den ersten Blick wie etwas anmutet, dass die Zündfähigkeit des Gasgemisches erhöht, so überwiegt jedoch der Vorteil  durch die stärkere Abkühlung.

Nacheilig ist jedoch, dass dem Siebtypus enge Grenzen gesetzt sind, wird zu viel Gas in einen solchen geleitet, so können sich die kleinen Gasströme außerhalb wieder zu einer großen Chemikalienblase zusammen finden, welche dann mehr als ausreichend mit Sauerstoff versorgt wurde. Zudem ist der Siebtyp kostspielig in der Herstellung und aufwändig zu reinigen.

Der Zahntyp: Weitaus günstiger ist der Zahntypus, dieser besitzt meist drei oder viel vorstehende Zähne, durch welche das Geschoss hindurcheilt. Die freiwerdenden Spalten werden von den Pulvergasen sofort zur Expansion zu den Seiten hin genutzt, worauf so viele mittlere Gasströme entstehen wie es eben Spalten zwischen den Zähnen gibt. Wie bei den anderen Teilertypen auch hofft man so die Bildung einer großen Gasblase zu verhindern. Die mittleren Ströme haben auch hier eine größere Gesamtoberfläche und werden bei den meisten Zahntypen noch zusätzlich lang gezogen.

Der Vorteil liegt in einer recht günstigen Herstellung, einer leichten Reinigung sowie einer geringen Reduzierung des Raketeneffekts.

Der Nachteil besteht darin, dass man mit den offenen Zähnen schnell irgendwo hängen bleiben kann, besonders im Unterholz kann dies zum Problem werden. Auch kann ein nach unten gerichteter Gasstrom Sand oder Staub aufwirbeln, wenn der Schütze aus liegenden Position heraus feuert. Auch kann angeblich Regel leichter in die Waffe gelangen, wenn diese mit dem Lauf nach oben gehalten wird. Zumindest war das der offizielle Grund, warum man vom Zahntyp beim XM16E1 Abscheid genommen hat und lieber den nächsten Typ beim M16A1 haben wollte.

Der geschlitzte Typ: Wieder teurer in der Herstellung aber ohne mögliches hängenblieben an Vegetation ist der geschlitzte Typ. Dieser ähnelt äußerlich zwar wieder dem Siebtypus, unterscheidet sich jedoch durch seinen konischen Längsschnitt. Im Kern handelt es sich wieder um einen Trichtertyp mit zusätzlichen Öffnungen, meist in der Form von Schlitzen. Diese Kombination fußt auf der Einsicht, dass man den Gasball vor der Mündung kaum komplett verhindern kann und auch nicht muss, es reicht aus ihn lediglich abzuschwächen. Treten die Mündungsgase in den konisch geschlitzten Mündungsfeuerdämpfer ein, so entwicht ein Teil das Gase aus den Schlitzen, ein andere hingegen kann dem Geschoss folgen.

Der Vorteil ist die einfachere Herstellung, da das Geschoss weniger nah an der Innenwand geführt wird und zudem die einfachere Reinigung. Zudem ist es bei vielen Schlitzen egal, in welchem Winkel der Dämpfer auf die Mündung aufgeschraubt ist.

Nachteil ist, wie bei fast allen Teilern, dass nach unten entweichende Mündungsgase Sand oder Staub aufwirbeln können. Aus diesem Grund werden bei neueren Vertretern des geschlitzten Typs, wie beim M16A2, nur oben Schlitze angebracht. Dies hat allerdings wieder den Nachteil, dass diese Mündungsfeuerdämpfer in einem vorgegebenen Winkel auf der Mündung sitzen müssen. Dafür gibt es eine sehr geringe Kompensatorwirkung, die aber oft überschätzt wird.

Fazit: Eine moderne Feuerwaffe ist kein Drache welche einen Feuerstrahl ausspuckt, welcher dann vom Mündungsfeuerdämpfer aufgeteilt wird. Viel mehr spukt eine Waffe eine Chemikalienwolke aus, welche Feuer fangen und deswegen leuchten kann, wenn man diese Wolke nicht irgendwie dazu zwingt, sich so schnell wie möglich abzukühlen.

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