22. Mai 2023

Einfache Rechenprobe, ob eine Waffe ein Rückstoßlader ist

Hallo alle zusammen,

ich habe mich neulich mit Jemandem über das Thema Antriebskräfte in Feuerwaffen unterhalten und dieser Jemand ist nicht irgendwer sondern Jemand, der sich ziemlich gut mit den Naturwissenschaften auskennt. Leider möchte dieser Jemand nicht genannt werden aber auf der anderen Seite muss ich dann auch nicht nochmal nachfragen, wie viele Doktor und Professor Titel es denn noch mal genau waren.

Aber machen wir für die Probe mal kurz einen Ausflug in die Physik und zwar zu Issac Newton, dieser definierte in einem Buch Philosophiae Naturalis Principia Mathematica ¹ Gegenreaktionen in zweiten Teil des dritten Axioms² wie folgt:

Actioni contrariam semper et aequalem esse reactionem, sive corporum duorum actiones in se mutuo semper esse aequales et in partes dirigi.

Als Formal sieht das ganze dann so aus:

Actio-Masse × Actio-Geschwindigkeit 
Reactio-Masse × Reactio-Geschwindigkeit

Das übertragen wir dann auf eine Waffe und bekommen:

Geschoss-Masse × Geschoss-Geschwindigkeit
=

Verschluss-Masse × Verschluss-Geschwindigkeit

Nun gehen wir in die Mathematik und setzten unsere Werte ein. Außerdem wollen wir ja noch unsere Probe machen, ob es sich bei der Waffe um einen Rückstoßlader handelt. Dazu machen wir einfach ein Experiment³. Dabei verursachen wir einen Geschossstecker im Übergangskegel, welcher das Geschoss an jeglicher Bewegung hindert. Dier ist Mathematisch ganz einfach darzustellen und zwar setzten wir als Geschoss-Geschwindigkeit einfach 0 ein.

8 Gramm × 0
=
6860 Gramm × ?

Ich hab jetzt einfach mal 9 Gramm für 9x19mm eingesetzt aber das ist völlig irrelevant, denn jeder weiß, das Null mal Irgendwas auch immer 0 Ergibt. Wir haben also auf der einen Seite unsere Gleichung Null stehen. 

0
=
6860 Gramm × ?

Auf der anderen Seite habe ich mit 6860 Gramm einfach mal das Verschlussgewicht der Uzi eingetragen. Aber auch dieser Wehrt könnte jede andere natürlich Zahl sein, denn an dieser Stelle ist unsere Gleichung bereits gelöst, denn als unser gesuchter Wert ? kommt keine anderen Zahl als 0 mehr in Frage. Jede andere Zahl würde unsere Lösung ungültig machen, denn Null ist Null.

Jetzt haben wir im Bezug auf unser Beispiel Uzi jedoch ein Problem, denn der Verschluss dieser Waffe bewegt sich trotz des Geschosssteckers im Übergangskonus.

Nun bleiben uns naturwissenschaftlich nur zwei Auswege, entweder nehmen wir an, dass es eine weitere Kraft gibt, welche den Verschluss bewegt, welcher nicht der Rückstoß sein kann...

...oder aber wie beharren auf der Behauptung, dass der Rückstoß den Verschluss der Waffe bewegt aber dann treffen wir die mathematisch Aussage:

0
=
≥1

Und diese ist wissenschaftlich so falsch, wie eine Aussage nun mal falsch sein kann. 

Als gebildete Menschen, die sich nicht einfach über grundlegendste aller Wissenschaften, die Mathematik, hinwegsetzten müssen wir also einsehen, dass der Rückstoß nicht für die Verschlussbewegung verantwortlich sein kann.

Es gibt jedoch Waffen, vor allem jeden mit kurz- und langzurückgleitenden Läufen sowie Modelle mit Rückstoßwirkung auf das gesamte Waffengehäuse, welche nachweißlich vom Rückstoß angetrieben werden. Bei diesen bleibt der Verschluss, auch bei einem Geschossstecker im Übergnagskegel, bewegungslos und wir erhalten:

0
=
0

 Eine mathematisch belastbare Aussage.


¹ Das Buch kann übrigens Jeder hier nachlesen: Philosophiae Naturalis Principia Mathematica

² Eigentlich ist dieses Axiom gar keines mehr, da es vom Standpunkt der Thermodynamik mittlerweile beweisen wurde.

³ Hier noch mal der freundliche Hinweis an Sportschützen, dass diese entsprechende Experimente nicht durchführen dürfen. Dies bleibt höheren Sachverständigen sowie Arbeiten in der Waffenindustrie vorbehalten.

Kritik am Begriff "Feder Masse Verschluss"

Hallo alle zusammen,

es rumort mal wieder ein wenig in der deutschen Waffentechnik, also in dem Bereich der deutschsprachigen Waffengemeine, wo man zum einen wirklich Ahnung vom Thema hat und und zum zweiten noch einen menschlichen Umgang pflegt. Wenn ich also sage, dass ein Streit herrscht, dann sollte man sich dies nicht so vorstellen, dass sich dort Leute wüst beleidigen, sondern das ein angeregter intellektueller Austausch herrsch und es nicht darum geht mit allen Mittel Recht zu behalten, sondern gemeinsam an der Wahrheitsfindung zu arbeiten. Ich schreibe dies, weil einige schnell einen falschen Eindruck bekommen, wenn sie von Streit oder Kritik hören.

Aber worum geht es eigentlich? Es dreht sich um den Begriff "Feder-Masse-Verschluss", was an sich leider schon die falsche Schreibweise ist, denn es ist ja nicht die Masse der Feder gemeint. So heißt es eigentlich Feder/Masse-Verschluss ein Verschluss durch Feder und Masse.

Und genau das steht in der Kritik, denn kann eine Feder, meist mit einer Konstante von wenigen hundert Newton, einem Gasdruck von mehreren tausend Bar überhaupt etwas entgegen setzten? Ein entsprechendes Experiment¹ lautet wie folgt:

Man ersetzte die Feder gegen ein Stahlrohr mit identischen Abmessungen und schaut, ob die Waffe in der Lage ist zu repetieren.

Soweit zu schlüssig aber das Experiment hat einen Hacken. Man wir bei keiner Waffe, mit einer zu komprimierenden Schließfeder, bei diesem Umbau eine Repetierfunktion feststellen. Auch eine AK-47 würde jegliche Funktion einstellen, ersetzte man die Schließfeder gegen ein unbewegliches Rohr.

Dieses Experiment hat starke akademische Schwächen, denn es ist nicht falsifizierbar, bedeutet es gibt nur den Aufgang Nein.

Eine meiner Meinung nach bessere Idee wäre es, die Schließfeder gegen ein Rohr auszutauschen, welches in seinem Abmessungen nicht der Feder im teilkomprimierten Ruhezustand entspricht, sondern dem Zustand der Feder zum Zeitpunkt der maximalen Kompression, ergo dem Zustand des Zeitpunktes der vollständigen Verschlussöffnung.

Eine AK-47 würde auf diese Weise weiterhin funktionieren und diese Waffe steht bei weitem nicht im verdacht einen Federverschluss zu haben. Die Öffnungsgeschwindigkeit würde nur minimal verlangsamt werden.

Eine derart manipulierte Waffe mit angeblichem Feder/Masse-Verschluss müsste aber nun eine deutlich höhere Öffnungsgeschwindigkeit ausweisen. Dazu würde man noch nicht mal eine teure Zeitlupenkamera oder eine Laserschranke² benötigen. Es würde bei den meisten Waffe genügen die verschossenen Hülsen auf Deformation zu untersuchen, welche durch die überschrittene S-Strecke zu verursacht werden.   

Wie bei allem sind die entsprechenden Test jedoch schon längst durchgeführt worden und kamen zu dem Schluss, dass die Feder ab einer Patronenstärke ab .380 ACP (9mm Kurz) keinen großen Einfluss mehr auf die Verriegelung hat. Alleine die Masse sorgt durch ihre Masseträgheit für eine Verschlussgeschwindigkeit, welche die S-Strecke nicht überschreitet³.

Darunter gibt es jedoch wirklich Feder-Verschlüsse aber nur bei Kleinkalibern wie .22lfb und abwärts. Hier ist die Feder wirklich mit ihrer Gegenkraft in der Lage etwas zur Verriegelung beizutragen.

Im Bezug auf Großkaliber, in der Bedeutung des Begriffes im Schießsport, ist der Begriff Feder/Masse-Verschluss jedoch falsch.

¹ Hier noch mal der freundliche Hinweis an Sportschützen, dass diese entsprechende Experimente nicht durchführen dürfen. Dies bleibt höheren Sachverständigen sowie Arbeiten in der Waffenindustrie vorbehalten.

² Oft hört man leider, dass man dieses oder jenes Experiment ja gar nicht ohne eine teure Hochgeschwindigkeitskamera durchführen könnte. Dabei sind diese nicht immer von Nöten, oft reicht eine Laserschranke vollkommen aus. Man muss diese nur so ausreichen, dass zb. der Verschlussgriff diese durchbricht.

³ Nein, Masseverschlüsse halten den Verschluss nicht geschlossen, die Masse verursacht nur eine langsamere Öffnungsbewegung.

21. Mai 2023

Gibt es eine NATO-Bremse im Maschinengewehr MG3?

 Hallo alle zusammen,

Jeder von uns dachte sicher, dass das Gerücht um die angebliche "NATO Bremse"² mittlerweile tot sei aber dann kam wohl TikTok und hat diese alte Geschichte gefleddert. 

Aber kurz worum es eigentlich geht. Das Maschinengewehr MG3 der deutschen Bundeswehr hat ja eindeutige Ähnlichkeiten mit dem MG42 der Wehrmacht. Kein Wunder, ist das MG3 doch auch eine Rückentwicklung des MG42, dessen Pläne nach dem Zweiten Weltkrieg verloren gegangen waren. Aus diesem Grund musste der neuer Hersteller, die Rheinmetall AG, ein MG42 analysieren und auf dieser Grundlade neue Konstruktionspläne entwickeln.

Das MG3 hat aber nun eine niedrigere Kadenz (Feuergeschwindigkeit) als das MG42, was ja Jedem sofort klar sein sollte, den die neue Patrone 7,62x51mm NATO hat ja auch weniger Rückstoß und weniger Gasdruck als die 7,92x57mm IS. 

Einige Leute mit deutlich weniger Fachkunde konnten sich diese Reduktion jedoch nicht so einfach erklären und so wurde das Gerücht einer NATO Bremse (nur echt mit Leerzeichen) in die Welt gesetzt. Aber diese Bremse muss ja auch irgendwo sein also wurde immer wieder andere Teile vermeidlich als diese identifiziert. 

Diese Teile mussten natürlich neu sein, durften also im MG42 nicht vorhanden sein, sonst würde ja die Theorie noch weniger stichhaltig sein, als diese ohnehin schon war.

Die Rückstellfeder für den Transporthebel im Deckel: Damit man bei schließen des Deckels, bei vorderer Verschlussstellung diesen nicht mehr beschädigen kann, hat das MG3 einen Feder im Deckel, welche den Transporthebel immer in der gleichen Position hält. Einige sind tatsächlich der Meinung, dass diese Feder genug Widerstand aufbringt, um die Kadenz der MG3 zu reduzieren. Wer jedoch auch nur eine grobe Vorstellung von den Kräften in einer Waffe hat weiß, das eine Feder, welche man per Hand komprimieren kann, nicht in der Lage ist, die Kandez zu senken.

Die Auswerferstange: Noch seltsamer ist die Behauptung ein kleines Blech im Verschluss würde die Kadenz senken können. In manchen Formen der Legende kann man dieses Blech auch einfach abbrechen oder weglassen, um die Feuergeschwindigkeit wieder zu erhöhen. Fragt man nach dem Namen, der Nummer oder der Form und dem Ort dieses Bleches kommt oft heraus, dass hier die Auswerferstange gemeint ist. Diese Stange hat jedoch eine ganz andere Aufgabe und zwar den Auswerfer anzustoßen, sobald der Verschluss soweit nach hinten gelaufen ist, dass er das Auswurfsfenster im Boden der Waffe freigegeben hat. Ein Weglassen dieses Bauteils würde eher zu Auswurfshemmungen führen als zu einer höheren Kadenz.

Die Verschlusssperre des MG3
ist nicht die NATO-Bremse
Die Verschlusssperre: Da die beiden oberen Versionen des Gerüchts recht einfach zu widerlegen sind, hat sich die "Nate Bremsen Theorie" ein wenig angepasst und behauptet nun eine neue Feder im inneren des Verschlusses würde die Kadenz reduzieren.

Dabei ist jedoch bereits die Prämisse falsch, denn diese Feder ist gar nicht neu. Es gab sie bereits für das MG42. Die Sonderkommission Infanteriewaffen listet die Entwicklung in Gruppe II Vorhaben 1. auf, nennt die Verschlusssperre jedoch noch "Zwangsjacke"¹. Dabei handelte es sich schlicht um eine Verschlusssperre in Form einer Nachschlagmasse, zur Verhinderung von Verschlussrückprall. Einige MG42 wurden ab 1944 mit der "Zwangsjacke" ausgeliefert sowie nachgerüstet. Als jedoch die Munition der Wahrmacht auf Stahlhülsen umgestellt wurde, welche eine höhere S-Stecke ausweisen, wurde die Zwangsjacke überflüssig und aus Kostengründen nicht mehr verbaut.

Erst als der westdeutsche Bundesgrenzschutz das MG42, wieder einführte und wieder Messingmunition verschoss, wurden neu gefertigte Verschlusssperren durchgehend nachgerüstet. Bei neugefertigten MG1 für die Bundeswehr, war die Verschlusssperre dann Serienmäßig vorhanden.

Soldat und Technik Ausgabe 11, 1961
Das Gerücht wurde bereits 1961 durch die Zeitschrift Soldat und Technik in der Aufgabe 11 vom November 1961 auf Seite 604 widerlegt.

Aber last mich mal kurz erklären, was den eine Nachschlagmasse so macht, wenn sie schon nicht die Aufgabe hat, die Kadenz zu verringern.

Das MG3 ist eine zuschießende Waffe, bedeutet der Verschluss findet sich hinten in der Waffe und wird von der Abzugsgruppe gegen die Schließfeder gehalten. Krümmt der Soldat den Abzug ab, so senkt sich die Verschlusshaltenase, worauf der Verschluss freigegeben wird. Dieser wird nun von der Schließfeder nach vorne getrieben. Dabei wird der gesamte Verschluss mit allen Teilen beschleunigt und erhält so einen Bewegungsimpuls. Zu diesen Teilen gehört auch das Gewicht der Verschlusssperre, die sogenannte Nachschlagmasse, diese ist gefedert gelagert, die Feder wird zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht komprimiert. Beim Vorlauf entnimmt die Zuführnase eine Patrone aus dem Patronengurt und beginnt damit, diese in die Patronenlager einzuführen. Erreicht der Verschluss das Verriegelungsstück, prallt er mit seiner Stirnfläche darauf. Bei diesem aufeinandertreffen von Stahl auf Stahl, kommt es zu einem ähnlichen Effekt, wie bei einem Schmied, welcher mit seinem Hammer auf einen Ambos schlägt. Der Verschluss kann vom Verriegelungsstück abprallen. Da das MG42 ein Vorlaufzünder ist, kann es sein, dass kurz vor dem Rückprall das Zündhütchen der Patrone bereits abgeschlagen wurde und die Zündung einsetzt. Durch den Rückprall und den dadurch verursachen minimalen Rücklauf des Verschlusses, befinden sich die Verriegelungsrollen jedoch nicht vollständig in den Rollentaschen und sind dadurch nicht vollständig verriegelt. Die Folge ist, dass sich Patronenhülse von den Pulvergasen, wie ein Hohlkolben, nach hinten gedrückt wird und viel zu schnell, bei noch zu hohem Druck im Rohr, sich nach hinten aus dem Patronenlager herausgeschoben wird, da sie nicht vom Verschluss abgestützt wird. Da auch die Abstützung durch das Patronenlager im hinteren Teil der ausfahrenden Hülse nicht mehr gegeben ist, reißt das Messing im hinteren Teil der Hülse und Pulvergase gelangen ins Waffengehäuse, wo sie Teile der Waffen beschädigen können. Stahlhülse dagegen reißen deutlich weniger schnell.

Die Nachschlagmasse des MG3
Eine Nachschlagmasse setzt genau zu dem Zeitpunkt an, in dem der Verschluss auf das Verriegelungsstück trifft. Der Verschluss kommt bei Aufprall zunächst zum halten und gibt seinen Bewegungsimpuls an das Verriegelungsstück ab. Die gefedert gelagerte Nachschlagmasse im Verschluss bewegt sich durch ihr Beharrungsvermögen jedoch weiter nach vorne, dabei wird zunächst die Feder komprimiert, wo bei schon ein Teil dieser Beharrungsbewegung auf den Verschluss übertragen wird. Stößt die Nachschlagmasse dann gegen ihr Gegenstück wird, mit zeitlicher Verzögerung, dem Verschluss genau zu dem Zeitpunkt ein weiterer mechanischer Stoß versetzt, in welcher er sonst zurückprallen würde. Der Schlag der Nachschlagmasse auf der einen Seite, sowie die Abprallkraft auf der anderen Seite haben sich so gegenseitig auf, der Verschluss bleibt in Ruhe in der vordersten Position, worauf die Rollen in ihren Rollentaschen verbleiben und die Waffe sicher verriegeln.  

Eine ausführliche Analyse gibt Peter Dannecker in Verschlusssystem von Feuerwaffen Auflage. 4 auf Seite 365.

So ich hoffe, ich konnte diesen Nato-Bremsen Blödsinn auch fürs Internet widerlegen, denn in der seriösen Fachliteratur ist dies bereits schon 1961 passiert.

¹Sturmgewehr 44 Vorgänger, Entwicklung und Fertigung der revolutionärsten Infanteriewaffev von Dieter Handrich Seite 279 

²Nur echt mit Leerzeichen