3. Mai 2022

Die Suche nach dem Buch in dem Masseverschlüsse durch Rückstoß angetrieben werden

Hallo alle zusammen und herzlich Willkommen zu einem neuen Post zum Thema Waffenkunde, welcher wohl in die Kategorie der Waffengeschichte fällt oder auch der Waffensemantik (Waffensprache).

Und zwar ist mir folgendes Kuriosum aufgefallen, in einigen Büchern werden ja Masseverschlüsse zu den Rückstoßladern gezählt, weswegen Einige denken, dass Masseverschlüsse wirklich durch den Rückstoß angetrieben werden. Aber dann ist mir neulich beim Durchlesen eines dieser Bücher aufgefallen, dass dort zwar Rückstoßlader steht aber im Fließtext ganz eindeutig beschrieben wird, dass der Gasdruck den gemeinten Masseverschluss antreibt. Ich fand das natürlich kurios, hab mich aber erinnert, dass mir das vor Jahren schon mal in einem anderen Buch aufgefallen war. 

Ich hab das Ganze dann auch mal in einer kleinen Runde angesprochen, hab aber nur zu hören bekommen, dass das dieses Kuriosum normal sein und dass man es so in fast jedem Buch finden wird. Sprich: Auch wenn ein Fachbuch Masseverschlüsse Rückstoßlader nennt, dass es dann im Fließtext so gut wie immer heißt, dass der Gasdruck den Masseverschluss antreibt. Beziehungsweise die vom Gasdruck nach hinten rausgeschobene Hülse.

Natürlich hab ich mich dann gefragt, ob es nicht wenigstens ein einziges deutsches Fachbuch zum Thema Waffentechnik gibt, in dem als Rückstoßlader bezeichnete Masseverschlüsse denn auch vom Rückstoß angetrieben werden. Das dürfte ja nicht so schwer sein.

Also hab ich mich auf die Suche gemacht aber vorher folgende Kriterien aufgestellt:

  • A: Es muss sich wirklich um ein Fachbuch handeln, also ein wirkliches Buch und kein Heft. Zudem muss es in einem richtigen Verlag erschienen sein.
  • B: Es muss sich sich um ein Buch handeln, welches die Technik von Handfeuerwaffen entweder zum Kernthema hat oder es muss einen großen Technikteil von mindestens 10% der Gesamtseitenanzahl haben.
  • C: Wenn es eine englische Version des Buches gibt, darf in dieser nicht Blow-Back stehen.
  • D: Es muss deutlich aus dem Fließtext hervorgehen, dass Masseverschlüsse vom Rückstoß angetrieben werden.
  • E: Das Buch muss die jeweils aktuellste Ausgabe sein und es darf kein anderen Wert des Autoren geben in welchem er den Fehler nicht gemacht hat.
Mich  beschleicht nämlich langsam das Gefühl, dass es ein solches Buch gar nicht gibt. Ich werde also ab jetzt mal die Augen offen halten und aus diesem Grund auch immer wieder diesen Beitrag hier aktualisieren.

Damit es nicht ganz umsonst ist, wenn ich mal nichts finde, werde ich auch die negativen Ergebnisse dokumentieren. Der Übersicht halber werde ich alle Bücher in folgende Kategorien einteilen:
  • Klasse 1, Masseverschlüsse werden als Gasdrucklader oder Rückdrucklader benannt.
  • Klasse 2, Masseverschlüsse werden nicht in eine Richtung gehend bezeichnet aber als Gasdrucklader beschrieben.
  • Klasse 3, Masseverschlüsse werden als Rückstoßlader benannt aber als Gasdrucklader beschreiben
  • Klasse 3b, Masseverschlüsse werden als Rückstoßlader benannt aber in der englischen Version heißen sie Blow-Back.
  • Klasse 4, Masseverschlüsse werden als Rückstoßlader benannt und auch so beschrieben.
  • Klasse 5, Masseverschlüsse werden als Gasdrucklader benannt aber als Rückstoßlader beschrieben.
Klasse 1:

Hier sind die Hauptwerke der deutschen Waffentechnik vertreten, die ich später ergänze, da sie eh jeder kennt.

Klasse 2:

Moderne Faustfeuerwaffen Gerhard Bock 1911
"Der auf den Boden der Hülse wirkende Gasdruck sucht die Hülse zurückzutreiben;" Seite 174

Handbuch der Faustfeuerwaffen G. Bock, W. Weigel 1964

"Der auf den Boden der Hülse wirkende Gasdruck such die Hülse zurückzutreiben." Seite 163 

Die deutschen Militärgewehre und Maschinenpistolen 1871-1945 Hans-Dieter Götz 1981 B

"Der Schuß bricht und der Gasdruck im Lauf wirkt sich einerseits auf das Geschoß, andererseits auf den Verschluß aus. Beide setzen sich in entgegengesetzte Richtungen in Bewegung." Seite 225
Klasse 3:

Schützenwaffen Heute (1945-1985) Günter Wollert, Reiner Lidschun, Wilfried Kopenhagen 1998
"Bei diesen Schützenwaffen wird die Energie der Pulvergase über die Patronenhülse auf den Verschluss übertragen." Seite 40

"Sobald der Druck der Pulvergase entsprechen angestiegen ist beginnt der Rücklauf des Verschlusses zusammen mit der Hülse." Seite 40

Waffenschmidt, Waffen- und Munitionstechnisches Handbuch, Karl Böhlein, Rolf Brand 1968
"[...], bei denen ohne besondere Gasentnahmeeinrichtung der Druck der Pulvergase nach hinten (Rückdruck) über den Patronenboden direkt zum Antrieb des Schlosses verwendet wird." Seite 12

Waffenlehre für die Bundeswehr, Heiz Dathan 1972 

"Die großen Gasmengen üben nunmehr einen allseitig hohen Druck auf den Patronen- bzw. Kartuschenboden und damit auf den Waffenverschluß [...] aus." Seite 19

"Gleichzeitig drücken die Pulvergase auf die Patronenhülse. Die Hülse überträgt einen Teil des Gasdrucks auf den Verschluss, wodurch der Rücklauf eingeleitet wird." Seite 170

Die offizielle Geschichte der Oberndorfer Firma Heckler&Koch, Kersten & Schmid 1999 B

"Die Pulvergase treiben das Geschoß an, Gleichzeitig drücken die Pulvergase auf  die Patronenhülse. Die dabei auf den Stoßbodenfläche des Verschlußkopfes wirkenden Kräfte werden über die Verschlußrollen [...] auf den Verschlussträger übertragen." Seite 154

Waffenkunde für Sammler vom Luntenschloss zum Sturmgewehr Hans-Dieter Götz 1972 B
"Beim Schuß, wenn die Pulvergase auf den Hülsenboden der Patrone und damit auf den Verschlußkopf wirken," Seite 169

Mit Pulver und Blei,  kleine Waffenkunde für Liebhaber, Hans-Dieter Götz 1972 B

"Die Pulvergase, die sich beim Schuß entwickeln, wirken gleichmäßig nach allen Seiten. Da daß Geschoß leichter zu bewegen ist als [...] Verschußstück, [..] nimmt das Geschoß auch rascher Geschwindigkeit auf, der Verschluß dagegen setzt sich nur langsam in entgegengesetzte Richtung in Bewegung[...]" Seite 135 

Klasse 3b:

Das Maschinengewehr Die Geschichte einer vollautomatischen Waffe F.W.A. Hobart 1973 C
"[...] die durch den Gasdruck zurückgetriebene  Hülse drückt auch den Verschluss zurück," Seite 11
Klasse 4:

Hier konnte ich leider noch keine Bücher finden, welche die Kriterien erfüllen.

Klasse 5:

Wehrtechnischen Studiensammlung Teil 1 Band 2 Die Selbstlade- und automatischen Handfeuerwaffen Dieter Heinrich 1986 B
"[Tabelle] Rohr gehäusefest; Verschlußlader; Direkter Gasantrieb; unstarre Verriegelung" Seite 21

"Direkter Gasantrieb; Der entgegen der Schußrichtung auf den Hülsenboden wirkende Reaktion-Impuls (Rückstoß) bzw. die in Schußrichtung wirkenden Reibungskräfte[...] dienen als Antrieb." Seite 22

Anmerkung:

Ich weiß, dass nicht alle Bücher meine oben genannten Bedingungen erfüllen aber ich hatte sie halt eh schon in der Hand.

Zwischenfazit: 

Ich habe jetzt die üblichen Verdächtigen durch aber irgendwie scheint es Bücher, bei welchen Waffen mit Masseverschlüssen wirklich als durch den Rückstoß angetrieben beschrieben werden nicht zu geben zumindest nicht unter den seriösen Werken. Das einzige Buch, das ich bis her mit einer entsprechenden Beschreibung finden konnte, ist der Katalog der wehrtechnischen Studiensammlung Koblenz. Und da ist das kuriose, dass die Waffen zwar als rückstoßbetrieben beschrieben werden aber als Gasdrucklader benannt werden. Aus diesem Grund musste ich auch die kuriose Klasse 5 nachtragen.

Selbst in Heiz Dathans Waffenlehre für die Bundeswehr ist der Fehler so nicht auffindbar und das, obwohl Peter Dannecker dieses Werk als Ursprung des Fehler benennt. Dathan benennt und beschreibt die Maschinenpistole MP2 "Uzi" zwar als Rückstoßlader jedoch aus dem Grund, da er der Waffe eine Zündung während des noch stattfindenden Verschlussvorlaufes attestiert. 

Die Suche geht weiter, sachdienliche Hinweise bitte in die Kommentare oder an Blogname@live.de

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