19. November 2023

Sind automatische Feuerwaffen von Natur aus Voll- oder Halbautomatisch?

Hallo alle zusammen und herzlich Willkommen zu einem hoffentlich nur kurzen Beitrag zum Thema Waffentechnik.

Häufig hört man aus den unterschiedlichen Gründen, dann automatischen Waffen entweder von sich aus alle durch die Bank weg vollautomatisch sein und durch zusätzliche Eingriffe erst zu Halbautomaten würden und umgekehrt aber um das genau zu erklären, müssen wir erstmal die unpräzise Waffensprache verlassen und uns der seriösen und eindeutigen technischen Waffenindustriesprache bedienen.

Waffen welche den Nachladevorgang selbstständig bewerkstelligen sind für uns Selbstlader, diese können sich Selbst laden. Waffen welche bei einem abkrümmen des Abzuges aus einem Lauf  mehrere Geschosse abfeuern können sind für und Schnellfeuerwaffen.

Nun zur Antwort auf die Frage, welche richtig gestellt lauten müsste: 

"Werden Schnellfeuerwaffen durch zusätzliche Eingriffe zu reinen Selbstlader reduziert oder werden Selbstlader erst durch zusätzliche Eingriffe zu Schnellfeuer Waffen erweitert?"

Die Antwort ist recht einfach denn diese Lautet:

Aufschießende Waffen mit geschlossener Verschlussstellung sind erstmal nur Selbstlader und müssen durch einen zusätzlichen Schnellfeuer-Unterbrecher zu Schnellfeuerwaffen aufgewertet werden. 

Zuschießende Waffen mit offener Verschlussstellung sind erstmal reine Schnellfeuerwaffen und müssen durch einen zusätzlichen Einzelfeuer-Unterbrecher zu reinen Selbstladern reduziert werden.

Es kommt also stark auf die Verschlussstellung der Waffen an. Ohne zu sehr in die technischen Details zu gehen, kann man das Ganze am ehesten anhand eines einfachen Gedankenexperiments nachvollziehen.

Dazu stellen wir uns vor, das eine kleine magische Fee einfach mit einem wink ihres Zauberstabs die komplett Abzugsgruppe einer Waffe verschwinden lässt.

Aufschießende Waffen

Eine feuerbereite aufschießende Waffe mit geschlossener Verschlussstellung, wie eine AK-47 oder das deutsche G36, würden beim plötzlichen verschwinden der gesamten Abzugsgruppe einfach gar nicht machen. Die Patrone bliebe ungezündet in der Kammer liegen und kein Schuss würde brechen.

Selbst wenn man den Hammer beim diesem Gedankenspiel heraus lässt, würde nur ein Schuss brechen. Der Abzugsstollen würde verschwinden, der Hammer freigegeben. Der Hammer würde auf den Zündstift aufschlagen und es würde der erste Schuss brechen. Der Gasdruck des Schusses würde auch den Verschluss von AK-47 oder G36 indirekt nach hinten treiben, welcher dabei den Hammer spannen würde aber ohne den Unterbrecher in der Abzugsgruppe, könnte dieser nicht gespannt gehalten werden, sondern würde dem Verschluss als sogenannter "Schlapper Hammer" langsam folgen. Sobald der Verschluss in der vordersten Position ankommt und der Züntstiftschutz (auch Schützensicherung genannt) außer Funktion tritt, würde der Hammer zwar auf den Zündstift drücken aber nicht die nötige Schlagkraft für eine sichere Zündung entwickelt. Ein zweiter Schuss würde nicht brechen, ein erneutes Abkrümmen des Abzuges hätte keinen Effekt, da der Hammer seinerseits hinten auf dem Verschluss aufliegt. Nur ein erneutes Durchladen der Waffe würde wieder Feuerbereitschaft herstellen.

Um mit einer aufschießenden Waffe überhaupt Einzelfeuer abgeben zu können muss demnach erstmal ein "Einzelfeuer-Unterbrecher" her. Dieser hält den Hammer in gespannter Position, auch dann, wenn der Schütze den Abzug noch abgekrümmt hält. Erst wenn der Schütze den Abzug freigibt, wird die Kontrolle über den Hammer vom Unterbrecher zurück an den Abzugsstollen übergeben. Dies ist meist durch ein leises Klicken zu hören und zu spüren.

Um einer aufschießende Waffe Schnellfeuer zu ermöglichen, muss ein sogenannter Schnellfeuer-Unterbrecher eingebaut werden, welcher auch als "Schnellfeuerhebel" oder "Sperrhebel" bezeichnet wird. Seine Aufgabe besteht darin, dem den Hammer immer dann freizugeben, wenn der Verschluss vorne angekommen ist. Dies kann er durch eine eigenen Kralle tun oder sich als "Universalunterbrecher" eine Kralle mit dem Einzelfeuer-Unterbrecher teilen.

Zuschießende Waffen

Stellen wir uns dagegen eine feuerbereite zuschießende Waffe mit geschlossener Verschlussstellung wie eine Uzi (Bundeswehr MP2) oder eine MG42 (oder Bundeswehr MG3) vor so hat ein spontanes verschwinden der Abzugsgruppe fatale Folgen.

Der Verschluss, welcher vom Abzungsstollen bzw. einer Verschlusshaltenase der Abzugsgruppe hinten gehalten wird, würde nach vorne schnellen einer Patrone aus dem Patronenvorrat (Magazin der Uzi, Gurt des MG42) zuführen und diese Zünden. Durch die jeweiligen Stoßbodenkräfte würde der Verschluss nach hinten getrieben und könnte, von der schließlich verschwundenen Abzugsgruppe, nicht mehr gehalten werden und würde wieder nach vorne laufen und wieder eine Patrone zuführen und zünden.

Eine Abzugsgruppenlose zuschießende Waffe würde solange feuern, bis der Patronenvorrat aufgebraucht oder unterbrochen wäre oder aber es zu einer Ladehemmung käme.

Um mit einer zuschießenden Waffe auch Einzelfeuer schießen zu können benötigen diese einen "Einzelfeuer-Unterbrecher" dieser Teilt sich zwar einen Namen mit dem Einzelfeuer-Unterbrecher in aufschießenden Waffen, funktioniert jedoch anders.

Seine dynamische Form besitzt meist eine kleine Fühlernase, welche in die Verschlussbahn hineinragt und der Abzugsgruppe mittteilt, wenn der Verschluss sich bewegt. Dabei kann sowohl die Vorwärtsbewegung als auch die Rückwärtsbewegung des Verschlusses erfühlt werden bzw. mechanisch abgetastet. Krümmt der Schütze den Abzug ab, bewegt sich der Verschluss erst nach vorne und nach dem Brechen des Schusses nach hinten. Passiert der Verschluss die Fühlernase, gibt diese ein mechanisches Signal an die Abzugsgruppe und entkoppelt dabei den Abzug von der Verschlusshaltenase oder dem Abzugsstollen. Dadurch springt die Anzugshaltenase zurück in die Verschlussbahn und hält den Verschluss hinten, auf diese Weise konnte nur ein Schuss brechen. Der Schütze muss nun den Abzug einmal freigeben, damit dieser wieder die Kontrolle über die Abzugsnase zurückgewinnen kann, um diese beim erneuten Abkrümmen wieder wieder absenken zu können, um den nächsten einzelnen Schuss abzugeben.

Da diese Form aber sehr kompliziert und damit teuer in der Fertigung ist, gibt es auch nicht-dynamische Einzelfeuer-Unterbrecher umgangssprachlich "Schnappnasen" oder "Springunterbrecher". Diese sind mechanisch so konstruiert, dass sie die Verschlusshaltenase oder den Abzugsstollen bei einem Abkrümmen des Abzuges nur einmal schnell nach unten schnellen lassen, um danach wieder zurück in die Verschlussbahn zu springen. Dabei ist die Zeit des Sprunges der Haltenase so berechnet, dass sie lange genug aus der Verschlussbahn heraustritt, dass der Verschluss ungestört nach vorne gleiten kann, um einen einzelnen Schuss auszulösen aber schnell genug wieder in die Verschlussbahn zurückspringt, um den selben Verschluss nach dem ersten Schuss wieder in seiner hintersten Position zu fangen.

Das Problem dieser günstigeren Alternative ist, dass die Springgeschwindigkeit sehr vom Zustand der Springfeder sowie der Schmierung oder Verschmutzung der Waffe abhängt. Ist ein Springunterbrecher stark verschmutzt oder seine Feder aufgebraucht, so kann es sein, dass dieser zu lange aus der Verschlussbahn genommen wird und zwei anstelle von einem Schuss pro Abkrümmung brechen. Dagegen kann ein zu schnell in die Verschlussbahn zurückspringender Springunterbrecher von unten gegen den noch vorschnellenden Verschlusskörper drücken und durch Reibung dessen Vorlaufgeschwindigkeit reduzieren. Letzteres kann zu Zündunzuverlässigkeit und einer der Genauigkeit abträglichen Zündverzögerung führen.

Fazit

Außschießende Waffen sind von Natur aus Halbautomatisch.

Zuschießnede Waffen sind von Natur aus Vollautomatisch.

Es gibt aber ein paar Ausnahme im Bereich der sogenannten Verschlusszünder und Trägerzünder aber diese sind sehr selten und bedürften einer noch ausführlicheren Erklärung.


So das war schon wieder fast dreimal so viel Text wie ich geplant hatte. Ich hoffe ich konnte die Frage zufriedenstellen beantworten.