16. August 2023

Patronenbezeichnungen bei Feuerwaffen ausführlich Erklärt

Hallo alle zusammen, nachdem ich in diesem Beitrag hier ausführlich erklärt habe, wie sich die verschiedenen Kaliberbezeichnungen bei modernen Feuerwaffen zusammen setzten, geht es heute um das Thema Patronenbezeichnungen. Denn auch hier ist mein letzter Beitrag zum Thema schon fast zehn Jahre her.

Dabei muss man als erstes Berücksichtigen, dass Kaliber und Patronen nicht das Gleiche sind aber das werden die meisten beim lesen beider meiner Beiträge recht schnell versehen.

Metrische Patronennamen

Erster Teil von rein metrischen Bezeichnungen ist zunächst das sogenannte Nenkaliber oder Nominalkaliber. Dabei handelt es sich um eine abgerundete Form des Realkalibers in Millimetern. Bei Dezimalwerten meist mit zwei Kommastellen.

Dann folgt ein Malzeichen, wobei meist ein kleine x zum Einsatz kommt. Seltener wird das Sonderzeichen × (Unicode U+00D7) verwendet. In den frühen 2000er Jahren war zudem das * (Astrix) sehr verbreitet, ist jedoch außer Mode gekommen.

Die darauf folgende Zahl, gibt die abgerundete Hülsenlänge an, gefolgt von der Maßeinheit Millimeter abgekürzt als mm.

Ein paar aktuelle Ausnahmen von dieser Regel sind einige us-amerikanische Patronen. Bei 10mm Auto, 6,8mm SPC und 6,5mm Grendel ist es nicht üblich die Hülsenlängen zu nennen.

Bei Hülsen, welche nicht über eine Ausziehernut und einen geraden Schaft verfügen, wird die Form des Hülsenbodens kurz mit einem Buchstabenkürzel angegeben. Dabei steht ein großes R für Rand, ein HR für Rand und Ausziehernut (im englischen Half Rimmed), ein B für einen Gürtel (anglisch Belt) und A für einen Mauser-A-Boden.

Zum Abschluss folgt ein Name, welcher in der Kombination mit Kaliber und Hülsenlänge einzigartig sein muss. Bei dem Namen kann es sich um eine Firma, den Verwendungszweck, ein Militärbündnis oder eine Ergänzung handeln. Auch die erneute Nennung der militärischen Bezeichnung ist üblich.

Traditionell wird in Europa das Kaliber von Feld zu Feld, in den USA hingegen von Zug zu Zug genannt. Zudem orientiert man sich in Europa an der Länge der Patronenkammer, wohingegen man sich in den USA an der Patronenhülse orientiert. Dies ist der Grund, warum man bei dem HK G11 für die Bundeswehr die Angabe 4,73x33mm findet, bei beim HK ACR für die US-Streitkräfte jedoch 4,92x34mm.

Inch Patronenbezeichnungen

Im englischen Sprachraum war es bis 1945 üblich das Laufkaliber in Inch (25,4 mm) anzugeben. Dabei wurde bei Dezimalzahlen, wie in der englischen Mathematik brauch, die Kommastelle mit einem Punkt markiert und zudem die führende Null weggelassen.

Besitzt das Geschoss einen Treibspiegel, so wird zum Laufkaliber nach einem Schrägstich zudem das kleinere Kaliber des Projektils angegeben. Beispiel .50/.30 bezieht sich auf eine Patrone mit einem Geschoss für eine Kaliber 50 (12,7 mm) Waffe mit einem Kaliber 30 (7,62 mm) Projektil.

Die gleichen Angaben werden bei einem Projektil mit Vorkörper gemacht. Hier wird zunächst das Laufkaliber angegeben, dann ein Plus gesetzt und dann das größere Kaliber des Vorkörpers angegeben. Beispiel .45+.90 Bezieht sich auf eine Waffe mit Kaliber 45 Lauf und einem Kaliber 90 Vorkörper.

Beim aufkommen der ersten Waffen mit Flaschenhälsen, war es in den USA üblich das Ursprüngliche Kaliber der Hülse zu nennen. Dabei wird zunächst das neue Kaliber des Geschosses im eingezogenen Flaschenhals genannt, danach folgt ein Bindestrich, gefolgt vom ursprünglichen Kaliber der Hülse. Man spricht auch vom Hülsenschaftkaliber. Dabei ist zu beachten, dass beide Angaben einen Punkt vor der Zahl aufweisen. Beispiel eine .25-.30 ist eine Hülse welche in ihrer ursprünglichen Zylindrischen Form ein Kaliber 30 Geschoss aufnehmen konnte, nun aber eingezogen wurde und in ihrer neuen Form als Flaschenhalshülse in ihrem Hülsenmund ein Kaliber 25 Geschoss aufnehmen kann.

Zur Zeit der Schwarzpulverwaffen war es üblich, nach den Kaliberangaben zusätzlich das Gewicht des Schwarzpulvers zu nennen, welches sich in der Brennkammer der Hülse befand. Diese Angabe wurde in der Maßeinheit Grain gemacht. Und folgten den Kalibern nach einem Bindestrich. Dabei kann man diese Angaben von Kaliber daran unterscheiden, dass sie nicht mit einem Punkt beginnen. Eine .45-70 war demnach eine Patrone mit .45 Kaliber Geschoss und einer Schwarzpulverlaborierung von 70 Grain (4,54 Gramm). Mit dem Aufkommen von wesentlich leistungsstärkerem rauchschwachem Pulver wurden diese Angaben jedoch bald nicht mehr verwendet.

Neben dem Gewicht der Pulverladung wurde auch das Gewicht des Geschosses mit angegeben und ebenfalls in Grain gemessen. Die Angabe folgt getrennt durch einen weiteren Bindestrich meist nach der Angabe zur Pulvermenge. Eine .45-70-405 ist demnach eine Patrone mit einem Kaliber 45 Geschoss einer 70 Grain schweren Menge Schwarzpulver und einem 405 Grain (26,24 Gramm) schweren Geschoss.

Anschließend wird noch ein, für das entsprechende Kaliber einzigartiger, Name genannt. Dabei handelt es sich in den USA meist um Firmennamen aber auch um Namen von Einzelpersonen, Verwendungszwecke, Waffengruppen, Einführungsjahre oder Marketingsuperlative. Im Gegensatz zu Europa, hat man es besonders häufig mit Abkürzungen zu tun.

Gauge Patronenbezeichnungen

Die, vor allem bei Schrotflinten, gebräuchlichen Gauge (sprich ɡeɪdʒ) Bezeichnungen beziehen sich bei ihren Kaliberangaben auf Brüche aus Zeiten alter Kanonen. Passt eine Kugel, welche aus genau einem halben Pfund (kurz lb für das lateinische Libra, dt. Wage) Blei gegossen wurde genau in den Lauf einer Waffe, so handelt es sich um einen Halb-Pfünder, welcher als 2 Gauge bezeichnet wird und ein Kaliber von 33,67 mm aufweißt. Heute sind jedoch eher kleinere Waffen wie die bekannten 12 Gauge Schrotflinten üblich, bei welche es sich um Zwölfter-Pfünder handelt, welche ein Kaliber von 18,53 mm aufweisen.

Wichtig ist neben dem Kaliber einer modernen Schrotflinte die Hülsenlänge. Dabei wird sich jedoch ausdrücklich auf die Länge einer Hülse im verschossenen Zustand bezogen. Der Grund lieht im heute verbreiteten Sternenverschluss, welcher sich beim Schuss auffaltet und so entsprechend mehr Platz in der Patronenkammer einnimmt. Eine frische Hülse kann also etwas kürzer sein, als es ihre Bezeichnung vermurten lässt.

Im europäischen Raum wird diese Länge in Millimetern angegeben und nach einem Schrägstich hinter der Gauge Angabe vermerkt. Eine 12/70 ist demnach eine Patrone für eine Zwölftelpfünder-Waffe mit 18,53 mm Kaliber und einer Patronenkammer mit 70mm Länge, in welches sich ein eventualer Sternenverschluss hinein entfalten kann.

Im us-amerikanischen Raum hingegen werden die Länge von Gauge Patronen in Inch angegeben. Bei nicht vollen Inch werden jedoch Brüche verwendet anstelle von Dezimalzahlen. Das Europäische 12/70 entspricht demnach 12/2¾ US.

Bei weiteren Bezeichnungen von Schrothülse wie Magnum, Express oder Stahl ist darauf zu achten, dass es sich hier nicht um bloßen Namen handelt, wie bei metrischen Patronenbezeichnungen. Vielmehr handelt es sich um hinweise auf eine stärkere Druckentwicklung beim Schuss, dem die Waffe standhalten muss. Eine Flinte ohne Magnumverschluss oder Stahlbeschuss, darf nicht mit solcher Munition geladen werden.

Linien Bezeichnungen

Im russischen Zarenreich wurde eine Maßeinheit Namens ли́ния (dt. Linie) verwendet, welche fast genau 0,1 Inch entsprach und damit 2,54 mm. Das Mehrladegewehr Mosin-Nagant wurde demnach im russischen Zarenreich als Русская 3-линейная винтовка Мосина eingeführt, zu Deutsch Russisches 3-Linien Gewehr Mosin. 3 Linien entsprechen dem Kaliber 30 (0,30 Inch) was 7,62 mm entspricht.

Der Text erschien erstmals am 7. August 2023 als Artikel Patronenbezeichnung im Waffen-Wiki und erscheint mit freundlicher Genehmigung vom Mitautoren Helmut Knittelfeld.

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