21. Juli 2024

Die kurze Geschichte des AR-15

Das AR-15 von Armalite
Und damit herzlich Willkommen zu einem neuen Beitrag mit dem Thema Waffengeschichte. Dieses mal sehen wir uns, aufgrund der aktuellen Ereignisse, schon wieder das AR-15 an und seinen Weg von einer reinen vollautomatischen Kriegswaffe zu einem zivilen Halbautomaten. 

Auch wenn alleine die letzte Aussage schon nicht ganz korrekt ist, denn die vielen zivilen AR-15 sind ein Nebenzweig der militärischen Geschichte der Waffe aber lasst und erklären.

Armalite

Der Flugzeugproduzent Fairchild hatte die Idee, die damals im Flugzeugbau neuen Materialien und Herstellungsmethoden, auch für den Bau von Feuerwaffen einzusetzen und gründete zu diesem Zweck die Firma Armalite. Bei dieser entstand als erstes das AR-1 ein äußerst leichtes Repetiergewehr, welches den Beinamen Para Sniper trug. Armalite nutzte die durch Fairchild bestehenden Kontakte zur US-Luftwaffe, um dieser die Waffe anzubieten. Die US-Luftwaffe hatte jedoch kein Interesse am AR-1, bekundete jedoch den Bedarf an einem leichten Überlebensgewehr für Piloten.

AR-5 & AR-7

Darauf begannen die Arbeiten für eine besonders leichte Waffe, welche man kompakt unter anderem unter dem Schleudersitz eines Flugzeuges verstauen konnte. Die Ergebnisse waren die AR-5 Survival Rifle für die Kleinkaliberpatrone .22 Hornet und das AR-7 Explorer für die Patrone .22lfb. Beide wurden zunächst in begrenzten Stückzahlen von der US-Luftwaffe bestellt.

AR-10

Zudem begannt 1955 bei Armalite die Entwicklung von automatischen Waffen unter der Leitung von Eugene Stoner, welcher ein damalig neuartiges Antriebsystem für Feuerwaffen entwickelt hatte. Sein System war ein Gasdrucklader, bei welchem die Pulvergase aus dem Lauf abgezapft und anschließend zwischen Verschlussträger und Verschlusskopf geleitet wurden, um den Verschlussträger exakt gerade nach hinten zu treiben und zeitgleich den Verschlusskopf durch Drehung zu entriegeln. Dieser lineare Verschlussantrieb verhinderte eine kippen des Verschlusses. Zudem war der Vorteil dieses System, dass man auf einen herkömmlichen Gaskolben gänzlich verzichten konnte. Somit wurde keine Zusätzliche Masse beim Schuss hin und her geworfen, das System bleib beim Schuss ruhiger.

Die erste Schnellfeuerwaffe mit diesem System wurde 1956 das AR-10 welches zunächst für die starke Gewehrpatrone .30-06, welche einen extremen Rückschlag aufweist. Um diesem weiter Herr zu werden, verlegte Stonder die Schulterstütze auf eine Höhe mit dem Lauf. Auf diese weise wurde der Rückschlag gerade auf die Schulter der Schützen übertragen und es kam zu keiner starken Drehung, wie bei gewöhnlichen Gewehrschäften.

Um die neuen leichten Materialien aus dem Flugzeugbau nutzbar zu machen, wurde der Schildzapfen, ea. das Verrigelungstsück, in welches die Verschlusszapfen eingriffen, aus einem Teil mit dem Lauf gefertigt. So konnten Lauf und Verschlusskopf miteinander verriegeln und dem Gasdruck der Pulvergase gemeinsam standhalten. Der Vorteil dieser Bauweise war, dass das Gehäuse nun kein Gastragendes Teil mehr war - es konnte nun aus leichtem Aluminium gefertigt werden.

Als 1957 die NATO-Patrone 7,62x51 mm vorgestellt wurde, entwickelte Stonder das AR-10 für diese Patrone weiter und schuf so eine sehr leichte Waffe, welche in der Lage war, die starke moderne Gewehrpatrone in kurzen Feuerstoßen zu verschießen, ohne das die Mündung aus dem Ziel wanderte. Mit anderen Waffen für diese Patrone, war dies nicht möglich oder aber diese hatten ein deutlich höheres Gewicht.

Als die USA für die nächste Waffe nach dem M1 Garand Test durchführen, trat das AR-10 in den letzten Test gegen T-48 (FN FAL) und M14 an. Da das AR-10, zu diesen Zeitpunkt, jedoch deutlich früher in der eigenen Entwicklung steckte, zeigte es deutlich mehr Probleme als bei seine Konkurrenten. Zudem kam es zu einer Laufsprengung, da die Läufe der früheren AR-10 aus Aluminium mit einer dünnen inneren Stahleilage bestanden. spätere AR-10 erhielten aus diesem Grund Vollstahlläufe.

Auch die Bundeswehr testete das AR-10 als G4 neben G1 FN FAL (FN Gewehr), G2 SIG 510-2 und G3 (CETME Gewehr). Lehnte es jedoch ab. Lediglich der Sudan und Portugal kaufen das AR-10 in größeren Stückzahlen.

Eine für die Patrone 7,62x39mm M43 eingerichtete Version des AR-10, wurde als AR-10F von Finnland erprobt ajedoch nicht eingeführt. Das AR-10F war Armalites erste Waffe für eine echte Mittelpatrone.

AR-11 Stoppete

Parallel zur Entwicklung des konservativen M14 forschten die USA an neuen progressiven Waffenkonzepten, ein Programm Namens SALVO, sollte die Trefferwahrscheinlichkeit im Feuerkampf erhöhen. Eine Auskopplung dieses Programms war das SCHV-Konzept, welches für small caliber high velocity (kleines Kaliber hohe Geschwindigkeit) steht. Dabei sollten eine Waffe und Munition geschaffen werden, welche durch ihr kleines Kaliber leicht zu schießen waren aber durch die hohe Geschwindigkeit der Geschosse dennoch großen Schaden anrichten sollten. Der Vorteil für den Schützen wäre zum einen gewesen, dass er mehr Schüsse in kürzerer Zeit hätte abgeben und zudem auch mehr Munition mitführen können.

Die Idee kam schon durch die Patrone .220 Swift von 1935, welche ein .22 Kalibergeschoss auf über 1000 m/s beschleunigte und dabei gute Stoppwirkung zeigte. Da die Patrone für die Verwendung in den gewünschten vollautomatischen Waffen ungeeignet war, forschte man auf Grundlage der .222 Remington von 1950 für welche jedoch zu diesem Zeitpunkt keine automatischen Waffen existierten.

Die Verantwortlichen des SCHV-Programms wendeten sich deshalb an Armalite, dessen AR-10 gerade erst aus dem Test, für das neue reguläre Gewehr, ausgeschieden war. Man bad die Firma genau diese Waffe für .222 Remington einzurichten. Man erhoffte sich aus der Kombination des kleinen Kalibers, zusammen mit den Rückschlag reduzierenden Eigenschaften des AR-10 eine äußert angenehm zu schießende Waffe ershalten zu können.

Eugene Stoner wurde dem Wunsch jedoch nicht gerecht, da er die Meinung vertrat, dass das kleine Kaliber diese Maßnahmen nicht nötig hätte und konstruierte mit der AR-11 Stopette ein Gewehr mit klassischer Schäftung mit ergonomischer Ähnlichkeit zum M2 Carbine. Die Arbeiten an der Stoppete wurden jedoch gestoppt. Die offiziellen Gründe geben technische Schwierigkeiten an. Es wird jedoch angenommen, das Armalite Stoner stoppte, da der M2 Carbine gerade im Korea Krieg eine sehr schlechte Figur machte.

AR-15 in .222

Armalite beauftragte 1957 James Sullivan mit der Umsetzung der Wünsche des SCHV-Programms. Dieser begann mit Stoners Unterstützung das AR-10 zum AR-15 einzuschrumpfen und für die Patrone .222 Remington einzurichten. Die Waffe war äußerst angenehm zu schießen, es gab jedoch häufig Probleme mit Ladehemmungen, welche auf die 25-Schuss-Magazine zurückzuführt wurden. Man entschied sich für eine Reduktion der Magazinkapazität auf 20 Schuss.

Da auch beim Einsatz von leistungsfähigem IMR-Pulver die .222 Remington Patrone nicht die geforderte Leistung der Waffe erbracht werden konnte und das Druckmaximum der .222 ohnehin schon erreicht war, entschied sich Stoner eine komplett neue eigene Patrone für das AR-15 zu entwickelt. So entstand 1958 zunächst die .222 Special oder .222 Stoner. Um eine höhere Leistung zu erzielen, wurde die Hülsenschulter nach vorne gezogen, um einen größeren Pulverraum zu schaffen. Zudem erhielt die Patrone eine für automatische Waffen angepasste Ausziehernut. Um Verwechslungen zu vermeiden, wurde die .222 Special in .223 Remington umbenannt.

AR-15 in .224

Um das AR-15 nicht konkurrenzlos im SCHV-Programm zu haben, baten die Verantwortlichen Winchester eine Konkurrenzmodell zu entwickeln. Das Ergebnis war eine als Winchester Light Weight Rifle bezeichnete Waffe für die experimentelle Patrone .224 E2. Um die beiden Waffen fair vergleichen zu können, wurden auch AR-15 in .224 E2 gefordert und von Armalite geliefert. Das AR-15, kam jedoch mit der Patrone nicht gut zurecht.

Die Verantwortlichen mit dem AR-15 in .223 zufrieden und so wurde angedacht, dass AR-15 im begrenzten Maß als Zwischenlösung zwischen M14 und dem erwarteten Ergebnis des SPIW-Programms zu nutzen. Dieses Programm sollte für die Zukunft eine Waffe liefern, welche dem einzelnen Infanteristen eine deutlich höhere Trefferwahrscheinlichkeit und Feuerkraft geben sollte.

Da die ursprüngliche Entwicklungsfirma ArmaLite sich lediglich als ein Thinktank für die Entwicklung neuer Waffen verstand und selbst keine ausreichenden industriellen Kapazitäten für die Produktion des AR-15 besaß, wurden 1959 die Rechte und Pläne für die Produktion an die Firma Colt übertragen. Colt fertigte eine verbesserte und an die eigenen Produktionsmittel angepasste Version des als AR-15 01 intern Colt Modell 601 genannt. Dieses Modell unterscheidet sich vom AR-15 von Armalite unter anderem durch seinen abgerundet dreieckigen Handschutz. Entgegen der Erwartungen von Colt fanden sich jedoch zunächst keine Abnehmer für das AR-15.

AR-15 in Vietnam

Ab 1961 spitzte sich die Lange in Vietnam weiter zu worauf die USA begannen die süd-vietnamesische Armee ARVN zu bewaffnen, dabei stellte sich jedoch heraus, dass die vietnamesischen Soldaten, aufgrund ihrer Statur, nur schlecht mit dem ausgegebenen M1 Grand zurecht kamen, weswegen man davon absah M14 für diese zu produzieren. AR-10 und AR-15 schienen besser geeignet und so beschafften die USA testweise einige AR-15 mit der Modellnummer 601 für US-Militärberaten, welche bis dahin mit dem M2 Carbine ausgerüstet waren. Das AR-15 601 oder kurz AR-15 01 zeigte gute Ergebnisse sowohl in den Händen von ARVN-Soldaten als auch in denen der us-amerikanischen Berater.

Die US-Luftwaffe war von Anfang an mit dem M14 unzufrieden, da sie die Waffe als zu schwer empfanden. Die Wachmannschaften der Flugfelder waren bis dahin mit M2 Carbine ausgerüstet, da aber die Munition der Waffen, .30 Carbine, aus der Logistik der US-Streitkräfte ausgesondert werden sollte, suchte die Luftwaffe nach einer neuen Waffe.

Das AR-15 wurde von der Luftwaffe getestet und nach einigen Änderungswünschen 1961 testweise als XM16 eingeführt. Dabei trägt die Waffe noch immer die Bezeichnung AR-15 auf ihrem Gehäuse und wird als AR-15 02 bezeichnet. Colt intern als sie als Model 602 oder kurz M602 geführt. Dabei wurde das Klaiber auf 5,64 mm metrisiert und die Patrone als 5,64x45mm HV bezeichnet.

M16 Der US-Luftwaffe

Die Luftwaffe zeigte sich zufrieden mit dem XM16 und so wurde das AR-15 mit der Nummer 604 1962 offiziell als US Rifle, 5,56mm, M16 kurz M16 eingeführt. Das Nennkaliber wurde von 5,64mm auf 5,56mm geändert und die Patrone als 5,56x45mm M193 bezeichnet.

XM16E1 der US-Armee

Die Armee interessierte sich immer stärker für das AR-15, da man darin eine Zwischenlösung bis zum erscheinen der ersten Waffen des SPIW-Programms sah. Jedoch bestand die Armee auf einer Schließhilfe, welche, nach damaliger Meinung der US-Armee, jede Waffe haben sollte.

Colt rüstete eine solche nach und so wurde 1963 das AR-15 mit der Modellnummer M603 testweise als US Rifle, 5,56mm, XM16E1 kurz XM16E1 eingeführt. Als 1965 neben US-Militärberatern auch reguläre Truppen der US-Armee nach Vietnam verlegt wurden, trugen diese bereits das XM16E1. Lediglich später eintreffende hinter gelagerte Truppen der US-Armee führen noch das M14.

Ziviles AR-15 SP-1

Für den zivilen US-Markt, Colt schuf ein Modell des AR-15 welches keinen Schnellfeuermodus mehr hallte und reichte diese 1963 als GX-4968 bezeichnete Modell beim us-amerikanischen ATF (Amt für Alkohol, Tabak und Feuerwaffen) ein. Diese Behörde gab grünes Licht für die Waffe, es kam jedoch zunächst nur zur Produktion von sehr geringen Stückzahlen der 1964 als AR-15 SP-1 Sporter vermarkteten Waffe. Der Grund war zum einen das geringe Interesse der us-amerikanischen Zivilbevölkerung, zum anderen nahm der Krieg in Vietnam immer weiter Fahrt auf und so hätte Colt, selbst bei großem Interesse am SP-1 Sporter, nicht die nötigen Produktionskapazitäten gehabt.

Der Name AR-15 wurde von Colt für die gesamte Waffenfamilie übernommen und so tragen selbst XM16E1, M16 und noch M16A1 sowie XM177E2 die Aufschrift Colt AR-15 über der jeweiligen militärischen Bezeichnung. Erst mit der M16A2 in den 80er Jahren verschwand die Bezeichnung von den Gehäusen.

Die von Colt gefertigten zivilen Halbautomaten erhielten ebenfalls die Oberbezeichnung AR-15, so trägt die Sporter SP-1 (intern R6000) die Bezeichnung AR-15 Sporter SP1.

Dieser Umstand führt bei einigen Unkundigen zu der Annahme, dass man mit AR-15 nur die halbautomatischen Mitglieder der Waffenfamilie AR-15 meint. Was jedoch faktisch falsch ist.

Falschbehauptungen

Häufig hört man von Unkundigen zudem die Behauptung, dass AR-15 sein kein Sturmgewehr, weil dieses ein reiner Halbautomat sei. Dies ist jedoch nicht richtig, alle bei Armalite als AR-15 gefertigten Waffen besitzen eine mit AUTO beschriftete Stellung für ihre Feuerwahlhebel. Auch das AR-15 01 von Colt, ist Schnellfeuerfähig.

Eine Weitere Behauptung lautet, dass AR-15 und M16 zwei verschiedene Waffen sein. Auch diese Behauptung ist anhand von offiziellen Dokumenten sowie der Beschriftung der Waffe selber zurückzuweisen. So tragen M16, XM16E1 und M16A1 die Beschriftung Colt AR-15 auf ihren Gehäusen. Daneben belegen zeitgenössische Dokumente, dass das AR-15 als M16 eingeführt wurde.

Grundlagen:

  • The Black Rifle, M16 Retrospective von R. Blake Stevens & Edward C. Ezell
  • The Black Rifle II, the M16 into the 21st Century von Cristopher Bartocci
  • Small Arms Profile 22 Armalite Weapons von F.W.A. Hobart
  • The M16 von Gordon L. Rottman
  • The M16/AR15 Rifle A Shooter's Guide von Joe Poyer
  • Sturmgewehre der Welt Band III T -V von Gary Paul Johnston & Thomas B. Nelson
  • Waffen Revue Nr.18 Sept.-Nov. 1975 Waffensystem AR 15 (M-16)
  • Visier Special Ausgabe 37 M16 & AR-15

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