17. Mai 2021

Der wahrscheinlichste Grund, warum Kentucky Ballistics die RN-50 um die Ohren geflogen ist

Wie sicher jeder mittlerweile mitbekommen hat, hat der Youtuber Kentucky Ballistics eine ziemlich heftige Waffensprengung seiner RN-50 .50 BMG Einzelladerbüchse überlebt.

Und wie nicht anders zu erwarten, spekuliert jetzt die ganze englische Waffenwelt über den genauen Grund. Was auch verständlich ist, möchte man doch zukünftig solche Fälle vermeiden. Leider haben sich auch einige deutsche Youtuber zum Thema geäußert, um auch was vom Klickkucken abzubekommen und dabei ziemlichen Unsinn erzählt.

Um wenigstens ein kleines Gegengewicht im deutschsprachigen Raum zu haben, hier nun meine knappe Darstellung des Unfalls:

Das RN-50 schließt mit einer Gewindekappe, Gewinde werden von technischen Laien zwar oft unterschätzt aber ingenieurstechnisch findet man kaum eine stärkere Formschlüssige Verbindung. Die Gewindekappe hält in etwa dem dreifachen der normalen Ladung einer militärischen .50 BMG stand.

Wie kann also diese Waffe überhaupt gesprengt werden? Wie kann eine .50 BMG Patrone auf einmal das dreifache ihrer normalen Kraft entwickeln? Unter normalen Umständen ist das natürlich nicht möglich aber ich habe da ein alt bekanntes Phänomen im Verdacht.

Es nennt sich erhöhte Gaseinwirkung auf die Verschlussstirn durch Hülsengasleck, im Kern besagt dieser Fachterminus nichts anders als, es ist Gase aus der Patronenhülse ausgetreten und auf die Verschlussstirn drücken. Das Ganze kennt man vor allem aus der Frühzeit der ersten Zylinderverschlussgewehre. Also aus einer Zeit in der man es regelmäßig mit Patronenhülsen zu tun hatte, deren Material schon mal am Hülsenschaft reißen konnte. Damals ist dann schon mal Gas hinten aus der Waffe ausgetreten und hat für den berühmten Gasbrand im Gesicht des Schützen gesorgt. Übrigen haben viele Mehrladegewehre aus diesem Grund sogenannte Feuerschilde, um das Gas abzuleiten.

Aber warum ist ein Gasleck einer Patrone bei der RN-50 jetzt so schlimm? Ganz einfach, wegen der Gewindekappe, dieses sonst super starke Bauteil wurde hier zum Verhängnis. Normalerweise besteht zwischen den Oberflächen von Stoßboden, da wo der Patronenboden drauf drückt, und Verschlussstirn nicht so eine große Differenz. Außerdem kann das Gas meist frei zu den Seiten hin entwichen. Bei der RN-50 sieht das jedoch anders aus:

Wenn Gas nach hinten austritt, kann sich die gesamte Gewindekappe hinten mit Gas füllen, dort kann das Gas dann nicht nur wie sonst über den Hülsenboden auf den Stoßboden drücken - nein - das Gas kann die gesamte Hinterseite der Kappe abgreifen, zudem steht dem Gas auch noch ein Teil des Rohrendes als zusätzliche Angriffsfläche zur Verfügung.

Die Angriffsfläche des Gases verfünffacht sich also bei einem Gasleck der Patronenhülse und auf diese Weise ist das Gas stark genug, die Gewindekappe einfach samt Gewinde abzureißen.

.. wir haben es also einfach mit einem klassischen Hülsenreißer oder Englisch Case Rupture zu tun. Kennt man, ist vorher schon hunderte male vorgekommen. Nichts neues unter der Sonne außer das vergessene ..


Und ja, es gibt natürlich auch eine Möglichkeit das RN-50 wieder sicher zu bekommen. Einfach ein paar Sicherheitsgasentlüftungsbohrungen in die Gewindekappe und schon kann das verirrte Gas entweichen. Mann muss dann nur aufpassen, wo diese Bohrungen hinzeigen und etwaige Feuerschilde anbringen, damit der Schütze das Gas nicht abbekommt.


Übrigens gegen die Theorie einer Waffensprengung durch Überdruck alleine in der Patronenhülse sprechen einmal der Druck, der nicht hoch genug sein hätte können und die Tatsache, dass der Patronenschaft nicht im Patronenlager verblieben ist. Bei einer solchen Sprengung wird in der Regel nur der Hülsenboden abgerissen, der Rest der Patrone wird so stark ins Patronenlager gepresst, dass er dort verbleibt.

Alles Stand: 17.05.2021


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