Funktionsbeschreibung eines Feuerwaffenverschlusssystems. Angetrieben durch den Geschossrückstoß mit Wirkung auf Verschluss-Lauf-Koppelgruppe sowie direkt wirkenden Gasdruck. Verriegelt durch Vertikalriegel. Verwendet mit anderem Verriegelungselementen bei Colt M1911, Beretta 92, Walther P.38, Johnson M1941 und Federow Avtomat.
Kinematik: Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf |
Bild 1: Die Waffe ist geladen und befindet sich in Ruheposition.
Bild 2: Der Schuss bricht das in der Hülse befindliche Treibmittel setzt sich in Treibgase um, diese Gase stehen unter einem hohen Druck und beaufschlagen alle Innenseiten der Hülse. Davon gibt jedoch nur eine Wand nach. Dabei handelt es sich um den Geschossboden an welchem die Gase angreifen und dadurch das Geschoss aus dem Mund der Hülse in den Übergangskegel des Laufes schieben. Sobald das Geschoss den Mund der Hülse verlassen hat, stellt diese kein geschlossenes System mehr dar. Dies erlaubt den Pulvergasen die Patronenhülse, ähnlich einem Hohlkolben, nach hinten zu drücken. Da die Hülse jedoch vom Verschluss (rot) abgestützt wird, überträgt sich die Kraft auf den Verschluss (rot), da dieser über den Vertikalriegel (grün) mit dem Lauf (dunkel petrol) verbunden ist, handelt es sich um ein geschlossenes Bezugssystem in dem eine Rückwärtsbewegung des Verschlusses durch den Gasdruck ausgeschlossen ist. Eine Öffnungs- oder Vorwärtsbewegung des Verschlusses findet nicht statt, der Verschluss ist formschlüssig statisch verriegelt.
Erst wenn das Geschoss im Lauf der Waffe stark genug beschleunigt wird, kommt es nach dem dritten newtonschen Gesetz zu einer Gegenreaktion. Die Kraft dieser Gegenreaktion nutzt das Pulvergase als fluidmechanischen Körper und überträgt sich so auf dem Stoßboden des Verschlusses (rot). Im Gegensatz zum Gasdruck, welcher ebenfalls auf den Stoßboden (rot) einwirkt, ist die Kraft dieser Gegenreaktion nicht lokal begrenz, sondern kann in einem größeren Bezugssystem wirken. Als Resultat wird der Verschluss (rot) relativ zum Waffengehäuse (grau) nach hinten getrieben, da der Verschluss (rot) über den Vertikalriegel (grün) mit dem Lauf (dunkel petrol) verbunden ist, werden beide nach hinten mitgezogen.
Bild 3: Beim gemeinsamen Rücklauf von Verschluss (rot), Lauf (dunkel patrol) und Vertikalriegel (grün) kommt der Vertikalriegel (grün) in Kontakt mit einem Steuerelement (lila). Dieses Steuerelement zwingt den Vertikalriegel (grün) zu einer Absenkbewegung, bei dieser Bewegung rasten die Verriegelungselemente des Vertikalriegel (grün) aus Verschluss (rot) und Lauf (dunkel Petrol) aus. Die Kopplung der Gruppe wird aufgehoben, die formschlüssig statische Verbindung wird zu einer kraftschlüssig dynamischen.
Bild 4: Diese Änderung der Verbindungsart, nutzt der Gasdruck im Lauf aus, um jetzt doch noch die Patronenhülse, wie einen Hohlkolben, nach hinten zu schieben zu können, dabei wird der Verschluss (rot) weiter beschleunigt. Dies gescheit jedoch bei einer deutlich niedrigeren Druck als dies zu Beginn der Waffenfunktion der Fall war. Das Geschoss hat bereit eine deutliche Strecke im Lauf zurück gelegt und der Gasdruck kann sich auf ein größeres freigewordenes Volumen verteilen. Der geringere Gasdruck kann nun die Patronenhülse sicher nach hinten aus dem Patronenlager herausschieben ohne, dass es zu einer Überanspruchung des Hülsenmaterials kommt.
Dieses System nutzt für die Entriegelung die Kraft des Geschossrückstoßes für den restlichen Antrieb jedoch den direkt wirkenden Gasdruck im Lauf.
Quellen:
Die principiellen Eigenschaften der automatischen Feuerwaffen, Karel Krnka, 1902
Die Handfeuerwaffen Ihre Entwicklung und Technik, Robert Weisz, 1912
Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr, C. Cranz, 1926
Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick, Jaroslav Lugs, 1956
Waffenlehre für die Bundeswehr, Heinz Dathan, 1972
Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch, Dr. R. Germershausen, 1977
Waffenlehre - Grundlage der Systemlehre, Wolfgang Pietzner, 1998
Verschlusssysteme von Feuerwaffen, Peter Dannecker, 2016
Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Thomas Enke, 2021
Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book, Julian S. Hatcher, 1948
The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism, Georg M. Chinn ,1955
Engineering Design Handbook Automatic Weapons, USA Materiel Command, 1970
Dieser Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung von:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen