27. Oktober 2021

Hat die Glock von Backyard Ballistics Schellfeuer ohne einen Unterbrecher?

Hallo alle zusammen und damit herzlich Willkommen zu einem neuen Post zum Thema Unterbrecher,

ich bin ja nach wie vor der Meinung, dass zuverlässiges Schnellfeuer aus einer zuschießenden Waffe mit geschlossener Verschlussstellung nur dann möglich ist, wenn es entweder einen Schnellfeuer-Unterbrecher in der Waffe gibt oder es auf eine andere Weise dazu kommt, dass das Zündelement erst dann freigegeben wird, wenn der Verschluss in der vordersten Position angekommen ist.

Nun sind da einige andere Meinung und haben unter anderem dieses Video hier an mich herangetragen: 

youtube.com/watch?v=8m_JFTbri6Y

Das Video war mir vorher schon bekannt und zeigt auf den ersten Blick auch nichts, was meiner Behauptung widerspricht, denn das Schnellfeuer tritt nicht zuverlässig auf, sondern nur sporadisch. Aber trotzdem habe ich es mir noch mal ganz genau angesehen.

Um zu verstehen, was dort passiert, muss man erstmal die Funktion der Abzugsgruppe der Glock zumindest im Ansatz verstehen. Besonders wichtig ist hier die Aufgabe und Funktion der automatischen Schlagstücksicherung, welche ich mal kurz umreißen werde. 

Krümmt der Schütze den Abzug durch, so bewegt sich der Abzugstollen im Griffstück so, dass dieser mit einer kleinen L-förmig abgewinkelten Bühne den Schlagstücksicherungsbolzen im Schlitten anhebt. Dadurch wird der Schlagstift nicht mehr blockiert und kann sich für die Zündung nach vorne bewegen. Diese automatische Sicherung soll eine Schlagstückbewegung verhindert, wenn der Abzug nicht abgekrümmt ist. 

Würde eine Waffe ohne eine solche automatische Sicherung zu Boden fallen und mit dem vorderen Ende zuerst aufschlagen, so könnte sich, während des Falles, der Schlagbolzen mit Bewegungsenergie auflagen. Beim Aufprall auf den Boden würde sich das Schlagstück, durch sein Beharrungsvermögen, weiter nach vorne bewegen und wäre möglicherweise in der Lage das Zündhütchen abzuschlagen, worauf sich ein Schuss lösen würde.

Die Funktion dieser Sicherung ist wichtig für das weitere Verständnis der Vorkommnisse im Video. Hier hat sich nun eine kleine Feder verlaufen und sich unter den Schlagstücksicherungsbolzen verirrt. Beim normalen Abkrümmen des Abzuges passiert noch nichts, es muss lediglich ein leicht höherer Widerstand überwunden werden.

Der erste Schuss bricht regulär, da der Druck auf den Abzug erst ein nach hinten gleiten des erstens Teiles Abzugstollens verursacht. Dabei wird der wichtige Schlagstücksicherungsbolzen nach oben gedrückt. Er verhält sich dabei passiv, der Abzugsstollen aktiv. Der Abzugstollen zwingt die Schlagstücksicherung zu einer Bewegung.

Beim weiteren Rückweg des ersten Teils des Abzugsstollen wird dieser vom Connector, dem zweiten Teil des Abzugsstollens, zu einer nach unten Bewegung gezwungen, bei welcher die Schlagstückhaltenase abgesenkt und so das Schlagstück freigegeben wird. Das Schlagstück schlägt auf das Zündhüchten der Patrone, der Schuss bricht.

Beim Rücklauf des Schlittens wird durch eine Steuerkuve im Schlittenheckboden der Abzugsstollen in einer Weise seitlich verschoben, dass dieser die Kontrolle über die Schlagstückhaltenase verlieht. Diese kehrt in die Verschlussbahn zurück.

Kommt der Schlitten nach seinem Rücklauf wieder, so ist die Schlagstückhaltenase in der Lage, das Schlagstück der Waffe zu fangen und zumindest teilgespannt zu halten. Soweit läuft die Funktion der Glock regulär ab.

Die Funktionsanomalie tritt dann auf, wenn der Schlagstücksicherungsbolzen in die Nähe des ersten Teils des Abzugsstollen kommt. Da der Schlagstücksicherungsbolzen durch die verirrte Feder weiter aus dem Schlittenboden herausragt als angedacht, ist er manchmal in der Lage, den ersten Teil des Abzugsstollen herunterzudrücken.

Im Gegensatz zum angedachten Fall ist jetzt der Schlagstücksicherungsbolzen aktiv und der erste Teil des Abzugsstollen passiv. Der Schlagstücksicherungsbolzen zwingt den ersten Teil des Abzugsstsollen zu einer Bewegung.

Die Absenkung des Abzugsstollens hat den Effekt, dass dieser den Connector, den zweiten Teil des Abzugsstollens bedient, und dieser wiederum die Schlagstückhaltenase zum absenken zwingt. Ein Schuss bricht, obwohl der Schütze den Abzug immer noch gekrümmt hält und nicht nach dem ersten Schuss wieder freigegeben und erneut abgekrümmt hat. Die Glock schießt Schnellfeuer.

Die Glock schießt also Schnellfeuer ohne einen Unterbrecher?

Nein, denn der Schlagstücksicherungsbolzen ist in diesem Fall der Unterbrecher. Ein Unterbrecher gibt der Abzungsgruppe ein mechanisches Signal, wenn der Verschluss wieder in der vordersten Position angekommen ist und genau das tut der Schlagstücksicherungsbolzen in der Glock von Backyard Ballistics. Kehrt der Schlitten in die vorderste verreigelte Position zurück, drückt der Schlagstücksicherungsbolzen den ersten Teil des Abzungsstollen nach unten. Genau das ist die Definition eines Unterbrechers.

Ist das eine gute Methode um eine Glock auf Schnellfeuer umzubauen?

Nein, es ist extrem unzuverlässig und zudem unkontrollierbar. Das bedeutet es funktioniert nicht jedes mal und kann sogar dann passieren, wenn man es gar nicht will. Denn den Schlagstücksicherungsbolzen interessiert es nicht, ob der Abzug durchgezogen ist oder nicht, er versucht jedes mal den Abzugsstollen nach unten zudrücken, egal ob der Schütze den Abzug durchdrück oder nicht. Ein einmal begonnenes Schnellfeuer ließe sich also nicht mehr stoppen. Theoretisch kann das Schnellfeuer schon dann losgehen, wenn man die Waffe durchlädt, denn auch dann betätigt unser wild gewordener Schlagstücksicherungsbolzen den Abzugsstollen.

Diesen Fehler willentlich herbeizuführen ist extrem fahrlässig und gefährlich.


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