28. November 2022

Waffenfunktion: Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf, Liderungsverschluss

Funktionsbeschreibung eines Feuerwaffenverschlusssystems. Angetrieben durch den Geschossrückstoß mit Wirkung auf Verschluss-Lauf-Koppelgruppe. Verriegelt durch Liderung des weichen Hülsenmaterials. Bei diesem System handelt es sich um ein reines Gedankenexperiment, in kleiner bekannten Feuerwaffen verwendet.

Kinematik: Rückstoßlader mit Überliderung

Bild 1: Die Waffen befindet sich in Ruheposition, wurde aber vorher geladen.

Bild 2: Der Schuss bricht, das in der Patronenhülse befindliche Treibmittel wird durch Abbrand, ohne Sauerstoffzufuhr von außen, vom festen Treibmittel in die gasförmige Pulvergase umgesetzt. Diese Gase besitzen ein vielfaches des Volumens des Treibmittels und es kommt zu einem hohen Druck in der Brennkammer der Patronenhülse. Dieser Druck verformt den vorderen Teil der Patronenhülse derart, dass das relativ weiche Hülsenmaterial in eine Ringnut im Patronenlager gepresst wird. Die äußere Begrenzung dieser Ringnut bildet ein Spreizring (grün). Zeitgleich mit dieser Verformung, treiben die Pulvergase das Geschoss aus dem sich verformenden Hülsenmund hinaus und hinein in den Übergangskegel des Laufes. Sobald das Geschoss den Lauf der Waffe verlassen hat und die Hülse kein geschlossenes System mehr darstellt, wäre der Gasdruck zudem in der Lage, die Patronenhülse wie einen Hohlkolben nach hinten zu treiben, wenn diese nicht vorne in die Ringnut hinein gebogen worden wäre.

Der Gasdruck, bei dem es sich nicht um eine denkende Entität mit einem Ziel handelt, sondern um eine gedanken- und gefühllose physikalische Kraft, arbeitet jetzt gegen sich selbst. Der Gasdruck vorne im Patronenlager presst die Hülse in die Ringnut und erhöht so den Ausziehwiderstand der Hülse. Der Gasdruck, der hinten auf den Patronenboden wirkt, möchte hingegen die Hülse nach hinten treiben. Da die Ringnut aber zu tief ist, übersteigt der Ausziehwiderstand das Arbeitsvermögen der Stoßbodenkräfte. Der Verschluss ist kraftschlüssig statisch verriegelt. Er könnte durch eine Kraft geöffnet werden, die Kraft der Waffe reicht dazu jedoch nicht aus.

Bild 3: Sobald das Geschoss im Lauf der Waffe auf eine ausreichende Geschwindigkeit gebracht wird, kommt es, nach dem dritten Gesetzt nach Issac Newton, zu einer Gegenreaktion. Diese überträgt sich über die Triebgase als fluidmechanischen Körper auf den Stoßboden der Waffe. Um Unterschied zum im kleinen Bezugssystem wirkenden Gasdruck, kann der Rückstoß im großen Bezugssystem wirken und so die Patronenhülse gegen das Waffengehäuse nach hinten treiben. Da die Patronenhülse, über ihren verformten vorderen Teil, mit dem Lauf (dunkel petrol) verbunden ist, wird auch dieser nach hinten beschleunigt. Da sich der Lauf (dunkel petrol) nach hinten gegen den Verschluss (rot) abstützt, wird auch dieser nach hinten getrieben. Im Gegensatz zu anderen Rückstoßladern wird hier der Lauf nicht vom Verschluss mitgezogen, sondern der Lauf schiebt den Verschluss nach hinten.

Beim Rücklauf der Hülse-Verschluss-Lauf-Koppelgruppe stößt der Spreizring (grün) mit Anlauf gegen ein gehäusefestes Steuerelement (blau). Dieses zwingt den Spreizring (grün) dazu sich zusammen zu ziehen. Dies ist gegen die Kraft des Gasdrucks im Rohr möglich, da das Geschoss bereits einen bestimmten Weg im Lauf der Waffe zurückgelegt hat und so dem Gas nun mehr Platz zur Verfügung stellt. Das größere Volumen lässt den Druck rapide sinken.

Bild 4: Durch die kinetische Energie des Rücklaufes, wird durch das Steuerelement (blau) die Spreizhülse (grün) so zusammen gedrückt, dass die Hülse in ihr ursprüngliche zylindrische Form zurück verformt wird. Dadurch und durch das absinken des Gasdrucks, wird der Ausziehwiderstand der Hülse so weit reduziert, dass der Verschluss (rot) diese aus dem Patronenlager herausziehen kann. Dabei nutzt der Verschluss (rot) die Bewegungsenergie, welche er zusammen bei dem Lauf bei dessen kurzen Rücklauf aufnehmen konnte, als dieser durch den Rückstoß nach hinten getrieben wurde.

Quellen:

Die principiellen Eigenschaften der automatischen Feuerwaffen, Karel Krnka, 1902

Die Handfeuerwaffen Ihre Entwicklung und Technik, Robert Weisz, 1912

Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr, C. Cranz, 1926

Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick, Jaroslav Lugs, 1956

Waffen-Schmidt, Karl Böhlein & Rolf Brand, 1968

Waffenlehre für die Bundeswehr, Heinz Dathan, 1972

Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch, Dr. R. Germershausen, 1977

Waffenlehre - Grundlage der Systemlehre, Wolfgang Pietzner, 1998

Verschlusssysteme von Feuerwaffen, Peter Dannecker, 2016

Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Thomas Enke, 2021

Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book, Julian S. Hatcher, 1948

The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism, Georg M. Chinn ,1955

Engineering Design Handbook Automatic Weapons, USA Materiel Command, 1970

Dieser Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung von:

waffentechnik.wordpress.com

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen