17. November 2022

Waffenfunktion: Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf & Gasstaudüse, Übermasseverschluss

Funktionsbeschreibung eines Feuerwaffenverschlusssystems. Angetrieben durch den Geschossrückstoß mit Wirkung auf Verschluss-Lauf-Koppelgruppe, sowie indirekt wirkenden Gasdruck in Gasstaudüse. Quasi verriegelt per Übermasseträgheit. Reines Gedankenexperiment, deswegen in keiner real existierenden Waffen verwendet.

Kinematik: Rückstoßlader mit Übermasse

Bild 1: Die Waffe ist geladen und befindet sich im Ruhezustand.

Bild 2: Die Waffe feuert, der Schuss bricht. Das in der Brennkammer befindliche Treibmittel wird durch Abbrand in Treibgase umgewandelt. Da diese Treibgase um ein vielfaches mehr Raum einnehmen, als das feste Treibmittel entstehen extrem gespannte Gase, welche alle Innenseiten der Patrone sowie des Heck des Geschosses beaufschlagen. Da das in die Patronenhülse eingebrachte Geschoss den geringsten Widerstand bietet, wird das Geschoss aus der Mund der Patronenhülse heraus in den Lauf der Waffe getrieben. Sobald das Geschoss aus dem Mund der Patronenhülse aus und in den Übergangkegel des Laufen eintritt, stellt die Patronenhülse kein geschlossenes System mehr dar. Dies hat zur Folge, dass der Gasdruck nun die Patronenhülse als Hohlkolben nach hinten drücken kann. Da die Patronenhülse jedoch nach hinten vom Verschluss (rot) abgestützt wird, überträgt sich die Kraft auf diesen. Da der Verschluss (rot) seinerseits von der Übermasse (lila) abgestützt wird, überträgt sich die Kraft auch auf diesen. Da der Gasdruck zu niedrig ist, um die Masseträgheit von Verschluss (rot) und Übermasse (lila) zu überwinden, findet keine Öffnungsbewegung statt. Der Verschluss ist Kraftschlüssig statisch verrigelt.

Eine ausreichend starke Kraft, könnte den Verschluss öffnen, der Gasdruck ist jedoch nicht dazu in der Lage. Auch der Rückstoß, welcher entsteht wenn das Geschoss im Lauf weiter beschleunigt wird und über die Pulvergase als fluidmechanischen Körper auf den Verschluss (rot) wirkt, kann weder die Patronenhülse nach hinten schieben, noch den beweglich gelagerten Lauf nach hinten bewegen.

Grund dafür ist, dass der Rückstoß immer deutlich schwächer ausfällt, als der direkt nach hinten wirkende Gasdruck. Die Ursache liegt zum einen am extrem ineffektiven Antrieb des Geschosses und zum anderen am ersten Hauptsatz der Thermodynamik. Wenn der Gasdruck Verschluss (rot) und Übermasse (lila) nicht zu bewegen vermag, so kann der Rückstoß nicht Verschluss, Übermasse und Lauf (dunkel petrol) bewegen.

Bild 3: Sobald das Geschoss den Lauf der Waffe verlässt, tritt es in die Gasstaudüse ein. In diese Expansionskammer treten die Pulvergase ein und beaufschlagen dort alle Seiten, inklusive der hinteren Wand, bei welcher es sich um die Krone des Laufes handelt. Durch die Beaufschlagung des Laufes steht dem Gas nun zusätzliche Fläche zur Verfügung, an welcher dieser Arbeit verrichten kann. Da sich nach dem Druckgesetzt der Physik die Arbeitskraft des Gases mit der beaufschlagen Fläche vergrößert, ist der Gasdruck nun in der Lage Verschluss (rot), Übermasse (lila) und Lauf (dunkel petrol) zurückzutreiben.

Bild 4: Das Geschoss tritt aus der Gasstaudüse aus und zusätzlich wurden durch den Rücklauf des Laufes Gasentlastungsbohrugen frei. Letzteres ist wichtig, damit es bei einem schnellen Folgeschuss aus der Waffe nicht zu einer Überfunktion des Systems kommt, sollte sich noch Restgas vom letzte Schuss in der Staudüse befinden. Nach dieser doppelten Entlüftung, kann das Gas in der Staudüse nicht mehr zum Antrieb genutzt werden. Dies ist jedoch auch nicht nötig, da nach kurzem Rücklauf die Übermasse (lila) in eine Mulde fällt und damit vom Verschluss (rot) entkoppelt wird. So kann der Verschluss (rot) alleine, ohne die zusätzliche Masseträgheit der Übermasse (lila) überwinden zu müssen, zurücklaufen.

Quellen:

Die principiellen Eigenschaften der automatischen Feuerwaffen, Karel Krnka, 1902

Die Handfeuerwaffen Ihre Entwicklung und Technik, Robert Weisz, 1912

Innere Ballistik. Die Bewegung des Geschosses durch das Rohr, C. Cranz, 1926

Handfeuerwaffen, Systematischer Überblick, Jaroslav Lugs, 1956

Waffen-Schmidt, Karl Böhlein & Rolf Brand, 1968

Waffenlehre für die Bundeswehr, Heinz Dathan, 1972

Rheinmetall Waffentechnisches Taschenbuch, Dr. R. Germershausen, 1977

Waffenlehre - Grundlage der Systemlehre, Wolfgang Pietzner, 1998

Verschlusssysteme von Feuerwaffen, Peter Dannecker, 2016

Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Thomas Enke, 2021

Hatcher's Notebook, A Standard Reference Book, Julian S. Hatcher, 1948

The Machine Gun Analysis of Automatic Firing Mechanism, Georg M. Chinn ,1955

Engineering Design Handbook Automatic Weapons, USA Materiel Command, 1970

Dieser Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung von:

waffentechnik.wordpress.com

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