22. September 2025

Ladehemmungen von Schusswaffen ein Überblick

Hallo alle zusammen und herzlich Willkommen zu einem neuen Beitrag zum Thema Feuerwaffen.

Dieses mal gibt es von uns einen Überblick über die häufigsten und wichtigsten Formen von Ladehemmungen, also praktisch allem, was bei einer modernen automatischen Schusswaffe so alles schiefgehen kann.

Dabei jedoch noch zwei kleine Anmerkungen, denn nicht alles, was man umgangssprachlich so als Ladehemmung bezeichnet, ist auch wirklich eine Hemmung des Ladevorgangs, denn auch in einer Anzugsgruppe kann so einiges schief gehen und das wäre dann sprachlich korrekt eher eine Abzungshemmung. Der korrekte Oberbegriff ist Funktionsstörung. Dazu ist der Text sehr auf die Waffenfamilie der Lader fokussiert, andere Arten von mehrschüssigen Feuerwaffen, wie Revolver die zu den Transporter gehören, haben dann nochmal einige ganz eigene Funktionsstörungen.

Schematisch werde ich zunächst den englischen Begriff nennen, dann kurz erklären, wie sich die jeweilige Hemmung beim Schützen bemerkbar macht, um dann die technischen Hintergründe zu erläutern. Im nächsten Absatz erkläre ich dann, wie man die Ladehemmung dann genau behebt.

Blockierter Abzug

Bei einem blockierten Abzug (eng. Blocked Trigger, Dead Trigger) lässt sich der Abzug nicht abziehen, demnach handelt es sich um eine Ladehemmung des Typs A0. Dabei handelt es sich jedoch meist eher um ein Symptom, als um eine eigenständige Fehlfunktion.

Zur Behebung muss meist die Abzugsgruppe entblockiert werden, was bei den meisten Waffenmodellen ein Zerlegen der Waffe voraussetzt.

Diese Hemmung trag öfter bei XM16E1 auf, Ursache waren aus den Patronen heraus, in das Gehäuse der Waffe, gefallene Zündhüten, welche unter den Abzugsstollen gerollt waren und dort die Abzugsbewegung blockierten.

Untätiger Abzug

Bei einem untätigen Abzug (eng. Dead Trigger), kann zwar der Abzug betätigt werden, in der Waffe geschieht jedoch nichts, es haltend sich um eine Hemmung des Typs A0. Wie auch beim blockierten Abzug, handelt es sich hier meist um ein Symptom und weniger um eine eigenständige Hemmung. So kann ein untätiger Abzug unter anderem die Folge eines Zündversagens oder eines Verschlussrückpralls sein.

Der erste Versuch zur Behebung eines Untätigen Abzuges ist immer der Versuch eine Waffe erneut zu spannen, scheitert dies so sollte die Waffe zerlegt und die Funktion der Abzugsgruppe überprüft werden.

Untätige Abzüge kommen unter anderem beim PTR-91, dem iranischen G3, vor, welches eine deutlich schlechtere Nachschlagmasse besitzt. Durch Verschlussrückprall öffnet sich der Verschluss kurz, nachdem die Zündung der Patrone bereits eingesetzt hat und der Hammer im Dauerfeuermodus bereits fällt. Letzterer trifft auf die Schützensicherung und folgt dem Verschluss nur, anstelle mit voller Kraft auf das Zündhütchen zu schlagen. Es steht steht ein schlapper Hammer (eng. Follow Hammer). Es bricht kein Schuss, der Hammer ist nicht gespannt, der Abzugs Funktionslos.

Unbeabsichgtige Schließzündung

Bei der unbeabsichtigen Schließzündung (eng. Slam Fire) kommt es zum Bruch eines Schusses, sobald sich der Verschluss einer Waffe schließt. Ist dabei der Abzug nicht abgekrümmt, handelt er sich um eine Funktionsstörung (keine Ladehemmung) des Typs B. Die Ursache ist meinst eine Kombination aus zu empfindlichen Zündhütchen in Kombination mit einer zu starken Kinetischen Energie des Zündstifts.

Ein Beispiel sind frühe AR-15 M601, bei denen immer wieder, nach dem Durchladen, unbeabsichtigt Schüsse brachen.

Zündversagen

Bei einem Zündversagen (eng. failure to fire) wird der Abzug abgekrümmt und fällt, meist für den Schützen gut hörbar, es kommt jedoch nicht zu einer Zündung. Auch hierbei handelt es sich eher um ein Symptom, als um eine eigenen Hemmung. So kann es vorkommen, dass sich erst gar keine Patrone im Patronenlager befundet hat, eventuell ausgelöst durch ein überfahren der Patrone (eng. Bolt Override). Öfter kommt es jedoch vor, dass es Probleme mit der Munition oder dem Zündstift gibt.

Bei einem Zündversagen muss, durch das Abwarten einer gewissen Sicherheitszeit, sichergestellt sein, dass es sich nicht um einen Spätzünder (eng. Hangfire) handelt. Ist diese Zeit verstrichen, so versucht man zunächst die Zündeinrichtung der Waffe erneut zu spannen, was jedoch nicht bei allen Waffen möglich ist. Aus diesem Grund wird meist einfach händisch repetiert, um eine neue Patrone zu laden.

Spätzünder

Der Spätzünder (eng. Hangfire) ist nah verwand mit dem Zündversagen, nur das hier die Patrone nicht gar nicht zündet sondern stark verspätet. Ursache kann ein zu schwacher Zündschlag von Zündelement wie dem Zündstift aber auch fehlerhafte oder überlagerte Munition sein.

Wichtig bei einem Spätzünder ist, die Waffe weiterhin im Ziel zu halten, damit der Schuss nicht in eine unsichere Richtung abgegeben wird, was zu schweren Unfällen führen kann. Auch darf der Verschluss einer Waffe nicht frühzeitig geöffnet werden, da dies zu einer Zündung in unverriegeltem Zustand (eng. Out of Batterie Ignition) führen kann, wodurch die Waffe zerstört und der Schütze schwer verletzt werden kann.

Spätzünder sind vor allem Bei Lee-Enfield Gewehren bekannt, welche mit historischer Munition geschossen werden.

Schlappschuss

Der Schlappschuss oder schlappe Schuss (eng. Squib Load) kann, entgegen seines niedlichen Namen, eine der verheerendsten Fehlfunktionen überhaupt sein. Bei einem Squib entwickelt die Treibladung nicht ausreichend Druck, um das Geschoss vollständig aus dem Lauf heraus zu treiben, es bleibt im Lauf, als sogenannter Geschossstecker, stecken. Ursache ist beinahe ausschließlich die Munition, welche mit zu wenig Pulver bestückt oder in welche lediglich ein Zündhütchen eingesetzt wurde. Die eigentliche Gefahr stellt dabei nicht der schlappe Schuss selbst dar, sondern der eventuelle Versuch, einen Folgeschuss abzugeben. Dabei trifft dessen Geschoss auf das stecken gebliebene des Schlappschusses, was zu einem Überdruck im Lauf und damit zu einer Laufsprengung, auch Rohrkrepierer genannt, führt. Die Folge ist eine totale Zerstörung der Waffe und meist schwerste Verletzungen beim Schützen. Glücklicherweise sind Schlappschüsse deutlich an ihrem geringeren Rückstoß sowie dem Ausbleiben des sonst üblichen Mündungsknalls zu erkennen. Im Bezug auf automatische Waffe erzeugen Schlappschüsse meist nicht ausreichend Gasdruck oder Rückstoß, um die Selbstladefunktion anzutreiben.

Einen Schlappschuss zu beheben ist äußerst schwierig, meist muss das Geschoss mittels eines stabilen Ladestocks – unter Aufwand enormer Muskelkraft – durch den Lauf zurück getrieben werden. Die Idee, einen Geschossstecker mittels einer Platzpatrone vollständig durch den Lauf zu schießen, scheitert meist daran, dass sich zwischen Geschoss und Platzpatrone ein Sauerstoffkissen bildet, welches im Laufe des Befreiungsschusses immer weiter komprimiert wird und damit heiß und dicht genug wird, um den Lauf nachhaltig zu beschädigen.

Die Niederländische Armee (eigentlich Armee der Vereinigten Provinzen) gab für ihre frühen Hinterlader Notfallpatronen aus, welche einen Geschossstecker ausschießen konnte. Die Gewehre waren danach in der Regel wieder einsatzbereit, verloren jedoch stark an Präzision.

Geschossstecker

Geschossstecker (eng. Squib Round) werden häufig von Schlappschüssen (eng. Squib Load) verursacht, können jedoch auch anderen Ursachen haben wie Gasdrucklecks oder Fremdköper im Lauf, welche noch nicht stark genug sind einen Laufsprengung (Rohrkrepierer) zu verursachen. Im Hinblick auf Gefahren und Behebung gelten die gleichen Regeln, wie bei Schlappschüssen nur das vorher die Fremdköper aus dem Lauf entfernt oder der Ursache für ein Gasleck ausfindig gemacht werden sollte.

Rohrkrepierer

Der Rohrkrepierer oder auch die Laufsprengung oder Rohrsprengung (eng. Barrel Burst) ist eine schwerwiegende Funktionsstörung, welche auch als vordere Waffensprengung (eng. Barrel Kaboom) bezeichnet wird. Hier kann die Materialfestigkeit des Laufes dem Druck im inneren nicht standhalten und wird von diesem aufgerissen. Beigezogenen Waffen, wo die in den Lauf geschnittenen Züge die schwächsten Stellen darstellen, bildet sich meist ein Riss entlang eins dieser. Bei stärkeren Laufsprengungen bildet sich dagegen eine zweibelförmige Ausdehnung. Die Extreme form ist eine Sprengung bei welchen die Feldteile derart ins Freie verbogen werden, dass das Laufende aussieht wie die Tentakeln eines Oktopus.

Rohrkrepierer können lediglich durch den Austausch des Rohres behoben werden.

Durchstochenes Zündhütchen

Ein durchstochenes Zündhütchen (eng. Pirced Primer) entsteht, wenn der Zündstift zustark oder zuweit in das Zündhütchen in der Zündglocke der Patrone einschlägt und dabei die äußere Membran verletzt. Dadurch können heiße Pulvergase am Zündstift vorbei, durch dessen Lager, zuerst in das Innere der des Verschlusses und zuletzt auch in das Innere des Waffengehäuses gelangen. Gelangt nur eine geringe Menge Pulvergase so in die Waffe wird diese lediglich stärker verschmaucht und muss gereinigt werden. Gelangt jedoch deutlich mehr Gas in die Waffe so kann mit Magazinabsprengungen (ang. mag blowout) oder sogar eine Waffensprengung (eng. Kaboom) gerechnet werden. Durch den Gasverlust reduziert sich zudem der Gasdruck, mit welchem das Geschoss durch den Lauf getrieben werden kann, der Verlust ist meist nicht ausreichend um Geschossstecker zu verursachen, jedoch wird die Ballistik unberechenbar weswegen die Präzision der Waffe sinkt.

Selbst bei einmaligen Auftreten, sollte der Zündstift gründlich auf seinen Zustand und den Weg überprüft werden, den dieser im Verschluss zurücklegen kann. Ist der Zündstift ohne Markel, so kann davon ausgegangen werden, dass die Munition nicht sachgemäß gefertigt worden ist.

Während des Vietnam Krieges verbreitete sich unter US-Soldaten das Gerücht, man könne den SKS, durch das spitz zufielen des Zündstiftes, zur Abgabe von Schnellfeuer bewegen. Dies führte jedoch meist nur zu durchstochenen Zündhütchen und dem bandigen ausfall der Waffe durch verschmauchte Zündstiftschächte.

Ausgeblasenes Zündhütchen

Bei einem ausgeblasenen Zündhütchen (eng. Blow out Primer, Primer Blowout) wurde das Zündhütchen aus seiner Zündglocke herausgeblasen. Meist besteht die Ursache entweder in einem zu hohen Druck innerhalb der Patrone oder einer unzureichenden Befestigung des Zündhütchens in der Zündglocke, bei unzureichender Abstützung durch den Verschluss. Die unangenehmen Folgen sind meist eine Störung der Abzugsgruppe, sollte das Zündhütchen ins Waffengehäuse geschossen werden oder ein eintreten von Pulvergasen ins Waffengehäuse.

Ausgeblasene Zündhütchen sind ein deutliches Indiz für Überdruck in einer Feuerwaffe, welcher möglichst schnell behoben werden sollte. Um Zündhütchenausbläser zu vermeiden, sind diese bei militärischer Munition oft zusätzlich befestigt.

Während des Vietnamkrieges kam es bei XM16E1 immer wieder zu Zündhütchenausbläsern. Ursache war die nicht gut auf die Waffen abgestimmte Munition, welche viel zu hohe Drücke aufbaute und so den Verschluss der Waffen viel zu früh nach hinten trieb, welcher die unter hohem Druck stehenden Zündhütchen nicht ausreichend abstützen konnte. Die folge war, das Zündhütchen aus ihren Zündglocken ins Waffengehäuse gelangten und dort die Abzugsgruppe der XM16E1 störten.

Abgeschossener Mündungsaufsatz

Bei einem abgeschossenen Mündungsaufsatz (eng. Flying Muzzle Device) handelt es sich um ein Ereignis, bei welchem ein Mündungsaufsatz, nicht wie geplant, an der Mündung der Waffe verbleibt, sondern mit dem Geschoss mitgerissen wurde. Häufiger ist der Abflug des Mündungsaufsatzes jedoch darin begründet, dass Gasdruck zwischen Laufkrone und Mündungsaufsatz zum wirken kam, während keine Gegenkräfte durch mechanische Verbindungen, wie Gewinde, eine Beschleunigung des Mündungsaufsatzes nach vorne verhindern konnten.

Zur Behebung muss der Mündungsaufsatz gesucht, auf Beschädigungen durch das Geschoss oder den Gasdruck untersucht und anschließend sachgemäß an der Waffe befestigt werden.

Die Häufigste Ursache von fliegenden Mündungsaufsätzen ist das abfeuern scharfer Munition aus Waffen mit aufgesetztem Manöverpatronengerät.

Unzureichende Verschlussrücklaufdistanz

Bei einer unzureichenden Verschlussrücklaufdistanz (eng. short Bolt Travel) bewegt sich ein Verschluss nicht weit genug nach hinten, um die leere Patronenhülse auszuwerfen, eine frische Patrone aus dem Magazin zu entnehmen und in die Patronenkammer einzuführen. Dabei ist es zunächst unerheblich ob der Verschluss von der Automatik einer Selbstladewaffe oder der Muskelkraft eines Schützen nicht weit genug nach hinten bewegt wurde.

Bei beiden Waffentypen besteht die akute Behebung darin, den Verschluss der Waffe händisch in die hinterste Position zu bringen. Bei einer automatischen Waffe würde man danach den Verschluss nach vorne schnellen lassen. Für den nächsten Schuss sollte jedoch sichergestellt werde, dass die Antriebskräfte die Hemmkräfte überwiegen. Bei einer Selbstladewaffe muss sichergestellt sein, dass genug Gasdruck oder Rückstoß den Verschluss erreicht. Bei einer verstellbaren Gasabnahme sollte die Gasmenge erhöht werden. Zudem sollten ungewollte Hemmkräfte durch eventuelle Verschmutzung beseitigt werden.

Ein Beispiel ist das Romat, die israelische Version des FN FAL, welches von den Soldaten meist auf die niedrigste Gasentnahmeeinstellung gestellt wurde, bei welcher die Waffe noch repetierfähig war. Der Grund war ein deutlich auf diese Weise angenehmerer Rückschlag. Als die Waffen im Verlauf des Sechs-Tage-Krieges in Kontakt mit Wüstensand kam, welcher in der Waffe eine Hemmkraft ausübte, öffneten sich die Verschlusse der Waffen nicht immer weit genug. Ein anderen Beispiel bilden Waffen welche als Rückstoßlader mit kurz zurückgeleitendem Lauf arbeiten und mit Schalldämpfern ausgestattet werden. Die zusätzlich zu bewegende Masse des Schalldämpfer führt zu einer Unterfunktion des der Laufrücklaufs und erschwert die Repetierfunktion, die Folge ist meinst eine unzureichende Verschlussrücklaufgeschwindigkeit, Erst ein Schalldämpfer Masseentkoppler verschafft hier Abhilfe.

Auszugshemmung

Bei einer Auszugshemmung oder Auszugsfehler (eng. failure to extrect) wird die Patronenhülse nicht oder nicht vollständig aus der Patronenkammer der Waffe entfernt. Direkte folge ist, dass keine neue Patronen in die Patronenkammer eingeführt werden kann, bis die alte leere Hülse entfernt wurde. Meist stößt, beim nächsten Ladevorgang, die neu zuzuführende frische Patrone auf die alte im Lager verbliebene und es kommt zu Patronensalat (eng. Double Feed). Ursache ist meist ein überwiegen von Hemmkräften, welche die Patrone, meist durch Reibung, im Patronenlager halten bei gleichzeitig zu schwachen Auszugskräften, welche vom Verschluss über die Auszieherkralle auf die Patrone übertragen werden. Es werden die Drei Formen Krallenspung, Randabriss und Bodenabriss unterschieden.

Auszieherkrallensprung

Der Krallensprung (eng. Extractor Jump) ist die leichteste Form der Auszugshemmung. Hier überspringt die Auszieherkralle den Rand oder die Ausziehernut der Patrone lediglich , meist aufgrund einer zu schwachen Auszieherkrallenfeder oder einer abgenutzen Kralle. Meist reicht es das Magazin zu entfernen, damit keine weitere Patrone zugeführt werden kann, den Verschluss zu schließen und erneut zu öffnen. Meist wird die zurück gebliebene Patrone dann ausgezogen. Sollte dies nicht funktionieren, kann man versuchen die Patrone an ihrem Rand oder ihrer Ausziehernut mit dem Rand einer anderen Patrone oder einem Schlitzschraubenzieher zu entfernen.

Krallensprünge traten vermehrt bei den M4 Karabinern der US-Armee auf, diese mit dem feinen Wüstensand des Iraks in Kontakt kamen. Dieser feine Sand gelange in die Patronenkammern und erzeuge dort durch Reibung übermäßige Hemmkräfte, denen die ursprüngliche Form der Auszieherkralle und dessen Feder nicht gewachsen waren. Im Zuge des PIP/Individual Carbine Programms wurde deswegen ein Gummiring entwickelt, welcher zusätzlich um die Auszieherkrallenfeder gelegt wurde, dieser erhöhte die Auszugskräfte und beseitigte entsprechende Hemmungen.

Hülsenrandabriss

Bei der nächst schwerwiegenderen Form, wurde das Stück des Randes oder der Ausziehernut, welche von der Auszieherkralle ergriffen wurde, regelrecht abgerissen (eng. Rim Shear). Diese Form darf nicht mit dem Abriss des gesamten Hülsenbodens (eng. Case head Speparation) verwechselt werden. Hier wären die Auszugskräfte des Verschlusses zwar ausreichend gewesen, die Hemmkräfte wären jedoch so stark, dass das Delta zwischen Antriebs- und Hemmkraft stärker war, als die Materialfestigkeit der Patronenhülse. Zur Behebung greift man am besten sofort zu einer anderen Patrone oder einem Schlitzschraubenzieher und versucht die Patronenenhülse, an einem unbeschädigten Stück des Randes oder der Ausziehernut aus der Patronenkammer zu entfernen.

Hülsenbodenabriss

Ist eine eigentlich falsche Bezeichnung, da der Hülsenboden hier nicht von der Auszieherkralle abgerissen, sondern vom Gasdruck innerhalb der Patronenhülse abgesprengt beziehungsweise weggesprengt wird. Entsprechend ist die englische Bezeichnung Case Head Seperation (Hülsen Kopf Abtrennung) präziser, im Englischen bezeichnet man den Boden der Patrone mit dem Zündmittel als Head, englisch für Kopf. Die Ursache ist der direkt wirkende Gasdruck (Rückdruck) welcher versucht, die Hülse nach hinten aus dem Patronenlager heraus zu treiben, davon aber meist von einem verriegelten Verschluss abgehalten wird. Gleichzeitig drückt der radiale Liderungsdruck die Wände der Patrone gegen die Innenwände der Patronenkammer. Bei langen Patronen, welche besonders viel Reibung zwischen Patronenwand und dem Patronenlager erzeugen können, ist die Hemmkraft der Liederungsreibung stärker als die Aushubkraft des Rückdrucks der Patrone nach hinten. Wird nun die Patrone nach hinten nicht ausreichend von einem Verschluss abgestützt, wird die S-Strecke (Sichere Auszugsdistanz) überschritten und der Patronenboden nach hinten gedrückt, während die Wände der Patrone vom Liderungsdruck im Patronenlager festgehalten werden. Folge ist zunächst ein dehnen des Hülsenmaterials, anschließt ein aufreißen des Material und final der komplette Abriss des Hülsenbodens. Folge ist zum einen das austreten von heißen Pulvergase ins innere der Waffe, welche diese verschmutzen und Teile beschädigen können. Hin und wieder kann es dabei auch zum aussprengen des Magazins kommen.

Meist kann der abgerissene, eigentlich abgesprengte, Hülsenboden sogar noch leichter und weiter ausgeworfen werden als eine reguläre vollständige Patronenhülse. Der Rest der Patrone verbleibt jedoch in der Waffe und so ist ein vollständiges Zuführen einer frischen Patrone nicht möglich, diese kann nicht vollständig in das Patronenlager eingeführt werden. Um die Ladehemmung zu beheben, muss zunächst das Magazin entfernt werden, um weitere, zum Scheitern verurteilte, zuführversuche der Waffe zu unterbinden. Anschließend muss die unvollständig zugeführte zweite Patrone entfernt werden, dies kann meist ohne Probleme bewerkstelligt werden, da diese meist noch aus dem Patronenlager herausragt. Meist fällt die zweite Patrone sogar von alleine aus dem frei gewordenen Magazinschacht heraus. Schwieriger ist das entfernen der Resthülse aus dem Patronenlager, da diese keinen Rand und keine Ausziehernut mehr besitzt. Hand der Soldat kein Spezialwerkzeug zur Hand bleibt nur noch der Versuch, die Resthülse von vorne mit einem Ladestab zu entfernen. Dies geschaltet sich jedoch schwierig, da die Hülsenmundkrone die einzige vertikale Fläche ist, auf welche der Stab treffen kann, dieser wird jedoch teilweise hinter dem Übergangskonus verdeckt.

Während des Vietnam Krieges waren die Soldaten der US-Armee mit XM16E1 ausgerüstet, dessen Edgewater Puffer verschlissen und deren Patronen mit einem nicht gut auf die Waffe abgestimmten Pulver geladen waren. Folge war ein zu hoher Zapfdruck welcher den sehr leichten Verschluss zu einer viel zu frühen Öffnung veranlasste. Folge waren Hülsenbodenabsprengungen, die oft genug vorkamen, dass viele US-Soldaten fertig zusammen geschraubte Ladestücke mit Klebeband an ihren Waffen befestigten, um diese im Fall dieser Hemmung schnell griffbereit zu haben, um eine Resthülse zu entfernen.

Auswurfshemmung

Nach dem ausziehen der leeren Patronenhülse geschient in der Regel deren Auswurf entweder durch einen Gehäusefesten Auswerfer oder einen, welcher auf dem Verschluss sitzt. Gelingt der Auswurf aus dem Waffengehäuse nicht, stört die leere Patronenhülse in der Regel die weitere Waffenfunktion. meist lässt sich eine leere Patronenhülse jedoch schnell wieder aus dem System entfernen. Es gibt grob drei unterschiedliche Formen: Patronensalat mit leerer Hülse (eng. case double feed), Auswurfhemmung durch Unterfunktion (eng. stove) und Auswurfhemmung durch Überfunktion (eng. tower).

Patronensalat mit leerer Hülse

Die schwerwiegende aller Auswurfshemmungen ist die, in welcher noch nicht mal der der Versuch unternommen wird die Hülse auszuwerfen. Die Folge ist eine mitten auf der Verschlussbahn liegenbleibende Hülse, welche meist beim zurückkehren des Verschluss zusammen mit einer frischen Patrone aus dem Magazin in richtig Patronenkammer geschoben wird. Dabei verklemmen sich leere Hülse und Frische Patrone und es entsteht Patronensalat. In Schlimmen fällen kann dabei die frische Patrone derart beschädigt werden, dass diese nicht mehr verwendet werken kann.

Als Ursache kommt fast nur das völlige fehlen eines Auswerfers oder ein brechen einer Auswerferfeder in Frage. Aus diesem Grund sollte die Waffe erst repariert werden, bevor diese weiter verwendet wird. Ist eine Reparatur unmöglich, so sollte die Waffe als Einzellader verwendet werden, um die Beschädigung von Munition zu verhindern.

Auswurfshemmung durch Unterfunktion

Bei einer Auswurfshemmung durch Unterfunktion (eng. stove oder stovepipe, wörtlich Schornstein) verfügt der Verschluss nicht über ausreichend Rücklaufenergie, um die Patronenhülse mit einer ausreichenden Geschwindigkeit anzustoßen. Meist folgt daraus, dass die Hülse noch nicht vollständig aus dem Waffengehäuse geworfen wurde, wenn der Verschluss zurückgeht. Dies resultiert wiederum darin, dass sich die unvollständige Patronenhülse zwischen Verschlussstirn und der vorderen Kante des Auswurfsfenster verklemmt. Dabei zeigt der leere Patronenmund der verschossenen Hülse nach außen, wie der Schornstein eines Ofens, daher der englische Namen stovepipe. Als Folge kann sich der Verschluss, welcher meist bereits eine frische Patrone aus dem Magazin entnommen hat, nicht vollständig schließen, die SAchützensicherung (eng. out of battery safety) bleibt aktiv, es kann kein weiterer Schuss angegeben werden.

Zur Behebung reicht es oft aus, die verklemmte Patronenhülse zu ergreifen und aus der Waffe herauszuziehen. Auch wenn dabei die Gefahr besteht, die Waffe zu zerkratzen. Alternativ kann man den Verschluss nach hinten führen und gleichzeitig die Waffe in eine Position drehen, in welcher die leere Hülse durch die Schwerkraft aus der Waffe fällt. Dabei kann sich jedoch auch die frisch aus dem Magazin zugeführte Patrone lösen und mit aus der Waffe fallen. Man verlöre einen Schuss.

Ofenrohre sind eine der häufigsten Ladehemmungen und kommen unter anderem bei nicht regelmäßig gereinigten Waffen vor, als auch bei solchen mit zu niedrig eingestellter Gasregelung.

Auswurfshemmung durch Überfunktion

Auswurfshemmugen durch Überfunktion sind weitaus selber jedoch auch komplexer. Hier läuft der Verschluss deutlich zu schnell zurück, was zwar zu einem kräftigeren Auswerfer der Patronenhülse führt, jedoch auch zu einer ungewollt schneller horizontalen Rotation um den Hülsenboden herum. Dabei verlässt die Hülse meist das Waffengehäuse zunächst vollständig, dreht sich dann jedoch mit dem Hülsenmund voraus wieder in das Auswurfsfenster hinein. Dort stößt der Hülsenmund meist an die vordere Kante des Auswurfsfenster und kommt dort für einige Millisekunden zum stehen. Da durch eine zu hohe Verschlussgeschwindigkeit, meist auch eine zu hohe Verschlussrückkehrgeschwindigkeit einhergeht, versucht sich der Verschluss der Waffe zu schließen, während sich der Hülsenmund der leeren Hülse noch im Auswurfsfenster befindet. Bei bei einer Auswurfshemmung durch Unterfunktion auch, verklemmt sich die Hülse zwischen Verschlussstirn und Auswurfsfenster, nur das dieses mal der flache Hülsenboden nach außen zeigt, daher die englische Bezeichnung als Tower zu deutsch Turm.

Behoben wird diese Art der Funktionsstörung meist durch das herausziehen der verklemmten leeren Hülse. Da der vordere Teil der Hülse keinen Rand oder Ausziehernut besitzt, ist dies deutlich ungefährlicher als bei einem stove.

Häufigste Ursache für Auswurfshemmungen durch Überfunktion sind falsch eingestellte Gasabnehmen oder das Verwenden von Munition mit stärkerer Ladung als für die Waffe vorgesehen wie das verwenden von 5,56mm NATO in Waffen eigenrichtet für .223 Remington.

Verstiftetes Magazin

Ein verstiftetes oder verstecktes Magazin ist ein Magazin, welches durch das Verstecken, im Sinne einer Steckverbindung, einer nicht vollständig zugeführten Patrone nicht aus der Waffe entfernt werden kann. Auf diese Weise wird das übliche Vorgehen bei einer Ladehemmung blockiert, weswegen verstecke Magazine zu einer der schwerwiegenderen Ladehemmungen gezählt werden. Kehrt der Verschluss nach seiner Öffnungsbewegung zurück, stört er dabei meist eine Patrone aus dem Magazin an, um diese aus dem Magazin zu entnehmen und auf die Zuführrampen zu bringen. Kommt es dabei zu einem Anhalten des Verschlusses, so besteht die Möglichkeit, dass die Patrone noch nicht die Magazinlippen verlassen hat, jedoch bereits etwas in das Waffengehäuse hineinragt. Versucht nun der Schütze das Magazin aus der Waffe zu nehmen, so verhält sich die teilweise zugeführte Patrone, wie ein Sperrstift, welcher Magazin und Waffengehäuse mit einander Verstiftet.

Um diese Form der Ladehemmung zu beheben, sollte zunächst der Verschluss in seine hinterste Position gebracht werden. Im besten Fall hat die Auszieherkralle bereits Kontrolle über die Patrone erhalten, wodurch diese nach hinten gezogen und optimal auch bereits ausgeworfen wird. Da Jedoch die meisten automatischen Waffen nicht über eine Kontollierte Züführung sondern über Schubführung verfügen, wird dies in dem meisten Fällen nicht der Fall sein. Der Schütze muss also versuchen die Patrone so zu bewegen, dass diese nicht mehr als Sperrstift fungiert. Dazu kann er sie entweder Händisch soweit in Richtung Patronenlader schieben, dass diese die Magazinlippen vollständig verlässt, um dann das Magazin zu entnehmen. Alternativ kann der Schütze versuchen, die Patrone zurück ins Magazin zu schieben, um dann das Magazin zu entfernen. Letzteres Vorgehen ist jedoch meist schwieriger zu bewerkstelligen.

Überfahrenes Magazin

Bei einem überfahrenen Magazin (eng. Magazin Override oder Magazine Overdrive) fährt der Verschluss einfach über ein Magazin hinweg, welcher noch Patronen enthält, ohne eine Patrone aufzunehmen und die die Patronenkammer zuzuführen. Die Folge ist eine Waffe dessen Zündeinrichtung zwar gespannt, dessen Patronenlager jedoch nicht geladen ist. Krümmte der Schütze den Abzug ab, so fiele der Hammer, es bräche jedoch kein Schuss. Bei Dauerfeuer unterbräche die Schussfolge.

Zur Behebung muss der Schütze lediglich den Verschluss repetieren und könnte dann, bis zu einem erneuten auftreten der Hemmung, wieder feuern.

Das XM16E1 der US-Amerikaner zeigte vermehrt diese Hemmung. Ursache war eine Kombination aus zu hoher Verschlussgeschwindigkeit und verschmutzten Magazinen.

Randhänger

Als Randhänger (eng. Rim Lock) bezeichnet man eine Hemmung, bei welcher zwei Randpatronen mit ihren jeweilen Ränder aneinander hängen bleiben. Dabei liegt der Rand der oberen Patrone hinter dem Rand der, im Magazin, unter ihr liegenden Patrone. Versucht nun der Verschluss die obere Patrone aus dem Magazin zuzuführen, so überträgt sich diese Kraft ober den Rand der ersten Patrone auf die zweite unter ihr im Magazin. Dabei wird die zweite Patrone jedoch nicht mit zugeführt, sondern gegen den vorderen Außenrand des Magazin gedrückt, wo es kein Weiterkommen gibt. Der Verschluss lässt sich nicht schließen, entsprechend kann die Waffe nicht abgefeuert werden.

Die Lösung besteht darin, die erste Patrone händisch aus dem Magazin zu entnehmen und, je nachdem wie eilig es der Schütze hat, zu entfernen oder so ins Magazin zurück zu drücken, dass dessen Rand nun vor dem Rand der Patrone darunter liegt.

Zuverlässige Magazine für Waffen für Randpatronen zu entwickeln war und ist eine schwierige Aufgabe. Waffen wie das russische Mosin Nagant oder das britische Lee-Enfield besitzen spezielle Einrichtungen in ihren Magazinen, alleine nur um Randhänger zu vermeiden.

Überzählige Zuführung (Patronensalat)

Als überzählige Zuführung (eng. Double Feed) bezeichnet man Hemmungen, welche dadurch hervorgerufen werden, dass die Waffe versucht zwei Patronen gleichzeitig in das Patronenlager einzuführen.

Horizontaler Patronensalat

Hier wurde entweder bereits eine Patrone in das Patronenlager eingeführt oder eine ist auf dem Weg dorthin, als die Waffe versucht eine weitere Patrone zuzuführen. Dies kann jedoch nicht gelingen, da die erste Patrone diesem weg blockiert. Im besten Fall bleiben die beiden Patronen hinter einander hängen und blockieren so den weiteren Weg des Verschlusses nach vorne. Im günstigsten Fall trifft dabei das Geschoss der hinteren Patrone lediglich auf den Hülsenboden der vorderen. Dabei passiert im besten Fall nichts, in unglücklichen Fällen, kann es jedoch zu einem eindrücken des Geschosses der hinteren Patrone in dessen Hülse kommen (eng. bullet setback). Dadurch wird der Pulverraum dieser Patrone reduziert, was bei dessen abfeuern zu einem Überdruck führen kann. Im schlimmsten Fall, trifft die zweite Patrone, welche versucht ins Patronenlager zu gelangen, mit der Spitze ihres Geschosses, auf das Zündhütchen der ersten Patrone im Patronenlager und entzündet diese. Da die zweite Patrone die erste Patrone nicht, wie ein Verschluss, gegen den Gasdruck rückwärtig abstützen kann, kommt es meist zu einem Aushub der erste Patrone nach hinten, aus dem Patronenlager heraus, gefolgt von einem Hülsenriss und durch das unkontrollierte austreten von Pulvergasen zu einer Waffensprengung.

Um horizontalen Patronensalat zu beheben, sollte man zunächst den Verschluss in die hinterste Position bringen und anschließend das Magazin entfernen, damit keine dritte Patrone sich dem Salat anschließt. Anschließend versucht man beide Patronen zu entfernen. Möchte man die am Salat beteiligen Patronen danach noch verschießen, so sollte man diese gründlich auf Beschädigungen untersuchen. Besonders die zweite Patrone neigt dazu einen Geschosseindrücker (eng. bullet set back) zu erleiden.

Besonders das deutsche Repetiergewehr Gewehr 88 litt unter horizontalem Patronensalat, wenn man den Verschluss eines geladenen G88 nach vorne schob, auf halber Strecke stoppte, den Verschluss wieder nach hinten führte, um anschließen dieser wieder nach vorne zu schieben verursachte man ein horizontales aufeinandertreffen von zwei Geschossen auf der Verschlussbahn. Der Grund war, dass die Auszieherkralle erst in die Ausziehernut der Patrone einsprang, wenn diese, gegen Ende der Zuführbewegung, schon fast vollständig in das Patronenlager eingeführt war. Zog man den Verschluss auf halber Strecke zurück, so bliebt die erste Patrone einfach auf der Verschlussbahn liegen. Dies wurde beim Nachfolger, dem Mauser G98, verunmöglicht, da die Auszieherkralle deutlich früher Kontrolle über die Patrone erlangte (eng. controlled feed). Bei einem Zurückziehen des Verschlusses ab halber Strecke wurde die erste Patrone mitgenommen, zudem konnte eine neue Patrone erst nach dem Auswurf der vorherigen vom Verschluss angestoßen werden.

Vertikaler Patronensalat

Wo beim vertikalen Patronensalat zwei Patronen nach einander versuchen, in das Patronenlager zu gelangen, da versuchen es bei horizontalem Patronensalat zwei Patronen gleichzeitig. Die Verschlussstirn trifft hier nicht auf einen, sondern auf zwei Patronenböden und schiebt demnach zwei Patronen über, seltener nebeneinander, in das Patronenlager. Dabei trifft das untere Geschoss meist, wie geplant, auf die Zuführrampen. Da obere hingegen meist an die Oberinnenseite des Patronenlagers. Aus diesem Grund werden beide Patronen von ihren Geschossen aus zueinander gepresst und dabei stark deformiert. Spätestens zu diesem Zeitpunkt kann sich der Verschluss, meist noch nicht mal unter massiver Gewalteinwirkung von Außen, weiter nach vorne bewegen. Die Waffe ist schussunfähig. Nur selten handelt es sich bei horizontalem Patronensalat um eine eigenständige Hemmung, auch wenn diese zum Beispiel durch hochgebogene Magazinlippen verursacht werden kann. Öfter kommt diese Art der Hemmung zustande, wenn ein Schütze versucht eine andere Hemmung zu beheben, ohne vorher das Magazin zu entfernen. Ursache ist, dass für die Behebung der meisten Hemmungen der Verschluss bewegt werden muss, dieser weiß jedoch nicht, dass er dabei keine neuen Patrone aus dem Magazin zuführen soll. Die Weiter auf eine bestehende Hemmung zugeführten Patronen verursachen horizontalen Patronensalat.

Um vertiakelen Patronensalat zu beheben, sollte zunächst das Magazin entfernt werfen, damit sich keine weiteren Patronen dem Salat anschließen. Anschließend wird der Verschluss in die hinterste Stellung gebracht und optimal dort fixiert. Dann versucht man die Patronen zu entfernen. Optional fängt man dabei mit der Unteren an, auch wenn diese meist schwerer zu erreichen ist, da diese leichter von den Zuführrampen abgleiten kann, als die Obere von der meist steilen oberen Kante des Patronenlagers. Da Patronen bei vertikalen Patronensalat meist schwer deformiert werden, wird stark davon abgeraten diese zu verschießen.

Blockierter Verschluss

In ganz besonders harten Fällen kann er vorkommen, dass sich der Verschluss nicht mehr öffnen oder schließen lässt. Ursache sind meist dazugekommene Hemmkräfte, meist Reibung verursacht durch Schmutz oder Eis. Die Folge ist, dass sich eine Waffe gar nicht erst durchladen oder spannen lässt.

Zur Behebung eines (eng. Stuck Bolt) versucht man zunächst die Waffe, bei festgehaltenem Verschlussgriff, mit dem Kolben auf den Boden zu schlagen. Gelingt dies nicht, kann man versuchen die Waffe mit Wasser auszuspülen. Bleibt auch diese Maßnahme ohne Erfolg, so ist man gezwungen die Waffe zu zerlegen.

Das T-48, die Version des FN FAL welche von den US ab 1951 erprobt wurde, hatte unter arktischen Bedingungen die Angewohnheit, dass zwischen Verschluss und Gehäuse gelangter Schnee dort während des Schießens schmolz und anschließend wieder gefror. Die Folge war ein blockierter Verschluss, welcher nur durch komplettes abtauen der Waffe oder das zerlegen behoben werden konnte. Fror ein T-48 bei offen stehenden Verschluss, so war ein Zerlegen jedoch nicht möglich, da die Schließeinrichtungsverbindungsstange die beiden Gehäusehälften des T-48 verzampfte.

Schlapper Hammer

Als schlappen Hammer (eng. Follow Hammer) bezeichnet man eine Hammer oder einen Schlagstift, welcher nicht mit voller Kraft auf das Zündhütchen schlägt, sondern langsam auf es herausgleitet und dabei nicht die nötige Kraft entwickelt dieses abzuschlagen und die Zündung der Patrone einzuleiten. Ursache ist mein ein defekter oder von Laien absichtlich deaktivierter Selbstladeunterbrecher. Die Folge ist eine Waffe welche zwar über eine Patrone in der Patronenkammer verfügt, dessen Zündeinrichtung jedoch nicht gespannt ist. Der schlappe Hammer hat ein Zündversagen verursacht.

Um einen schlappen Hammer zu beheben, kann der Schütze versuchen die Zündeinrichtung erneut zu spannen, wobei die meisten Waffen jedoch repetiert werden müssen.

Da unter Laien und Endbenutzern leider das Gerückt umgeht, dass man Selbstladewaffen, durch das Entfernen des Unterbrechers in Schnellfeuerwaffen umbauen könnte, wird von diesem immer wieder versucht diese auszubauen, abzufeilen oder sonstwie zu deaktivieren. Folge ist meist lediglich ein schlapper Hammer. Andersfalls werden schlappe Hämmer oft durch Verschlussrückprall verursacht, so bei der iranischen PTR-71 einem Klon den deutschen G3.

Verschlussrückprall

Bei Verschlussrückprall (eng. Bolt Bounce) handelt es sich um ein Phänomen, bei welchem der zurückkehrende Verschluss am Schildzapfen oder direkt an der hinteren Wand der Patronenkammer abprallt und dabei ein Stück zurück springt. Je nach Beschaffenheit der Zündeinrichtung kann es bereits vor dem Sprung nach hinten zu einer Zündung gekommen sein. Aus diesem Grund wird zwischen Verschlussrückprall mit und ohne Zündung unterschieden.

Verschlussrückprall ohne Zündung

Hier schnellt der Verschluss, innerhalb einer laufenden Schussfolge, nach vorne, entnimmt dem Magazin eine Patrone, führt diese zu, verriegelt, betätigt den Schnellfeuerunterbrecher, springt dann aber ein Stück zurück. Bei diesem Rücksprung entriegelt der Verschluss teilweise, jedoch tritt, bei einer sorgfältig konstruierten Waffen, dabei auch die Schützensicherung (eng. out of battery safety) in Kraft. Der durch die Betätigung des Schnellfeuerunterbrechers freigegebene Hammer trifft nun nicht auf den Zündstift, sondern auf die Sicherung. Es bricht kein Schuss mehr, obwohl sich eine Patrone im Patronenlager befunden hätte. Es kommt zu einer Hemmung ähnlich einem Zündversagen.

Um die Folgen eines Verschlussrückpralls ohne Zündung zu beheben, kann der Schütze versuchen die Zündeinrichtung erneut händisch zu spannen. Bei den meisten Schnellfeuerwaffen ist dies jedoch nur durch repetieren möglich. Dabei wird die nicht gezündete Patrone ausgeworfen, welche bedenkenlos wiederverwendet werden kann. Um konstruktiv gegen Verschlussrückprall vorzugehen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten kann. Die formschlüssige Verschlusssperre der UMP45 ergreift den Verschluss kurz für einige Millisekunden, wenn dieser in der vordersten Position ankommt. Die Nachschlagmasse des MG3 gibt dem Verschluss von hinten einen Schlag, wenn dieser vorne zum stehen kommt. Einen anderen Weg geht die AKM, welche ihren Hammer für einige Millisekunden festhält, so das der Verschluss vorne etwas mehr Zeit hat sich zu beruhigen.

Besonders das iranische PTR-71, ein Klon des deutschen G3, leidet unter Verschlussrückprall, da es über eine deutlich schlechtere Nachschlagmasse verfügt.

Verschlussrückprall mit Zündung

Bei dieser, weitaus gefährlicheren, Version des Verschlussrückpralls, kommt es vor dem Rückprall noch zu einer Zündung. Der Verschluss beginnt, innerhalb eines Schusszyklus, nach vorne zu laufen. Dabei entnimmt er dem Magazin, oder einem anderen Patronenvorrat wie einem Gurt, eine Patrone, führt diese in der Patronenlager ein und zündet diese sofort, wie es meist bei zuschießenden Waffen mit Vorlaufzündung (Zündung durch Vorlauf) der Fall ist. Gleichzeitig mit der Zuführung verriegelt der Verschluss. Kommt es zu zu Verschlussrückprall, so wird der Verschluss eine kleine Strecke nach hinten geworfen, während sich in der gezündeten Patrone bereist der Gasdruck aufzubauen beginnt. Bei seinem Rücklauf entriegelt der Verschluss teilweise oder sogar ganz. Dies kann fatalerweise dazu führen, dass die Patrone durchzündet, während der Verschluss teilweise entriegelt ist und in diesem Zustand dem Gasdruck der Patrone nicht genug Wiederstand leisten kann. Die Folge sind ein überschreiten der S-Strecke, was Hülsenreißer und Waffensprengungen zur Folge haben kann.

Nach einer Waffensprengung sollte der Schütze sich zunächst selber auf Verletzungen untersuchen, welcher versorgt werden müssen. Danach muss jegliche verbleibende Munition aus der Waffe entfernt werden. Erst danach sollte durch eine gründliche Inspektion aller Waffenteile sichergestellt werden, dass die Waffe weiterhin einsatzbereit ist.

Vor allem das deutsche Maschinengewehr MG42 litt unter Verschlussrückprall welcher regelmäßig zu Hülsenreißern und sogar Hülsenbodenabsprengungen führte. Die Ursache für diese schwerwiegenden Hemmungen blieb lange unbekannt, bis Hochgeschwindigkeitsaufnahmen Verschlussrückprall als Ursache ausmachten. Eine als Zwangsjacke bezeichnete Nachschlagmasse wurde zwar entwickelt kam aber nicht mehr zur Truppe, da die Umstellung auf stabilere Stahlhülsen das Problem zufällig behob. Das MG1 des späteren Bundesgrenzschutzes erhielt jedoch eine als Verschlusssperre bezeichnete Nachschlagmasse.

Waffensprengung

Be einer einer Waffensprengung, auch Fatale oder Totale Fehlfunktion, im Englischen schlicht Kaboom handelt es sich um eine Reihe von Fehlfunktionen, bei welchen Wichtige Waffenteile durch den Druck der Pulvergase nachhaltig zerstört oder derart deformiert werden, dass die Waffe nicht ohne den Austausch dieser Teile wieder schussbereit wird.

Mündungssprengung

Bei einer Mündungssprengung (eng. Muzzle Kaboom) wir der Laufmündung der Waffe aufgerissen wird. Da bei Waffen mit gezogenen Laufprofiel die Züge natürliche Schwachstellen darstellen, wird der Lauf meist in der Form gedrehter Tentakel aufgerissen. Die Ursache für diese Form des Rohrkrepierers ist meist ein Laufhindernis, meist in Form eines in den Lauf eingedrungenen Fremdkörpers. Dieser verursacht ein abruptes abbremsen des Geschosses, während dieses von hinter weiterhin von den Pulvergase nach vorne geschoben wird. Da das Geschoss den Pulvergase nicht, wie berechnet, Platz machen kann und damit das Volumen im Lauf erhöht, kann der Druck auf ein Niveau ansteigen, welches die Festigkeit des Laufmaterials übersteigt. Da aus Gründen der Gewichtsersparnis der Lauf zur Mündung hin oft dünner wird, kommt es an der Mündung oder kurz vor der Mündung zu einem aufreißen des Laufes, da sich hier der schwächste Punkt befindet.

Hält man eine Waffe nur mit der Mündung in das Wasser eines Flusses oder Sees, so ist das Geschoss, im nicht mit Wasser gefüllten Teil des Laufes, in der Lage, auf die gewünschte enorme Geschwindigkeit zu beschleunigen. Trifft das Geschoss jedoch auf den mit Wasser gefüllten Teil, nahe der Mündung, so wird das stark beschleunigte Geschoss durch das Wasser stark abgebremst und es kommt zu den beschriebenen Erscheinungen.

Laufsprengung

Hier ist meist eine Sprengung des Laufes (eng. Barrel Burst) im mittleren Teil gemeint. Die Folge ist meist ein längsseitiges Aufreißen des Laufes. Bei Waffen mit gezogenen Läufen bilden die, in den Lauf geschnittenen, Züge eine Schwachstelle, das aufreißen beschießt demnach meist spiralförmig. In besonders schwere Fällen reißen auch oft gleich mehrere Züge auf, wodurch die typische Zwiebelform entsteht. Wie bei Mündungssprengungen auch, so ist die Ursache oft in Laufhindernissen zu finden, welche das Geschoss entschleunigen und so zu einem Überdruck im Lauf führen, da der einberechnete Volumengewinn durch Geschossbewegung ausbleibt. Aber auch Materialermüdung kann zu Laufsprengungen führen.

Der eigentlich nur für hintergelagerte Truppen ausgegebene M4 Karabiner wurde während des Krieges gegen den Terror auch von Spezialeinheiten verwendet. Bei einer Mission verwendete ein Mitglied des US SOCCOM einen M4A1 Karabiner, um Deckung zugeben in beinahe ununterbrochenem Dauerfeuer. Dies führte zu einer Lauftemperatur, welcher der Lauf, in Verbindung mit dem Gasdruck in seinem Inneren nicht bewachsen war. Die Folge war die Entwicklung des M4A1 SOCOM (Colt Model 920HB).

Patronenkammersprengung

Im seltenen Fall einer Patronekammersprengung (eng. chamber failure) wird die Patronekammer verrissen. Dies ist äußerst selten, da die Patronenkammer meist das stärkste Glied in der Kette der tragenden Komponenten einer Feuerwaffe ist. In der Regel kommt es eher zu einer Laufsprengung oder dem Abriss von Verriegelungselementen, als zum versagen der Patronenkammer. Dabei kann es jedoch vorkommen, dass das Geschoss schon so früh im Lauf durch Fremdkörper blockiert ist, dass der Gasdruck den Lauf erst gar nicht erreichen kann.

Schildzapfensprengung

Bei dieser Fehlfunktion wird der Schildzapfen auseinandergerissen (eng. trunnion failure). Da der Schildzapfen meist, im Gegensatz zur nach ihm folgenden Patronenkammer, Ausfräsungen für die Aufnahme der Verriegelungs- oder Übertragungelemente des Verschlusses besitzt, ist dieser meist Materialschwächer als die Patronenkammer. Kommt es zu einem Überdruck in der Patronenkammer, kann es vorkommen, dass der auf den Verschluss wirkende Gasdruck so stark ist, dass dessen Verriegelungselemente eine derart starke Kraft auf die Gegenlager des Schildzapfens ausüben, dass entweder diese Gegenlager abgerissen werden. Sind die Gegenlager jedoch materialstark genug, so kann es zu einem aufreißen oder aufbiegen des Schildzapfens kommen.

Verschlusssprengung

Mit Verschlusssprengung wird ein recht weites Feld an Erscheinungen zusammengefasst. Die leichteste Form ist der Abriss der Verriegelung oder Übertragungselemente. Hier wird der Druck so hoch, dass Elemente wie Zapfen (Verschlusswarzen) schlicht abgerissen werden (eng. lug failure, lug sheere). Voraussetzung ist, dass die Gegenlager im Schildzapfen sowie der Schildzapfen selber eine höhere Materialfestigkeit als die Verriegelungselemente ausweisen. Die Folge ist meist eine überhöhte Verschlussgeschwindigkeit welche, je nach Modell, sogar dazu führen kann, dass der Verschluss nach hinten aus der Waffe herausgeschossen wird. Eine weiter Form der Verschlusssperungen ist die Sprengung von innen heraus. Diese wird meist dadurch verursacht, dass sich der Verschluss innen mit Pulvergasen füllt. Ursache wiederum hierfür sind meist durchstochene Zündhütchen (eng. pierced primer). Dabei kann sich der Verschluss aufblähen und sogar bersten.

Besonders bei den Mauser-98-Gewehren wurde auf besonderen Schutz vor Verschlusssprengungen gelegt. So besitz der Verschluss an seiner Unterseite einen weiteren Verriegelungszapen, welche während des normaler Betriebes der Waffe nicht in Aktion ist. Käme es zu einem Abreißen der beiden Hauptzapfen oder zu einem aufreißen der Schildzapfenhülse, so bestände die Aufgabe dieses dritten Sicherheitszahn nicht darin, den Verschluss komplett aufzuhalten. Seine Aufgabe besteht darin, dadurch, dass er nur unten wirkt, der Verschluss zu einer Drehbewegung nach oben zu veranlassen, wodurch der Verschluss nicht gerade in das Gesicht des Schützen fliegen würde, sondern im Idealfall noch oben über dessen Kopf hinweg. Auch besitzt der Verschluss des Gewehr 98, damals Kammer genannt, große Löcher an der Unterseite. Im Fall eines durchstochenen Zündhütchens, könnte sich zwar der Verschluss mit Gas füllen, dieses könnte jedoch durch die Löcher nach unten entwichen. Es würde zwar eine Anstauen des Gases im Verschluss verhindern würde, jedoch würde das, ins Magazin der Waffe gelangende Gas, dieses nach unten aus der Waffe schießen, beziehungsweise bei einem klassischen Mauser-98-System die Bodenplatte des internen Magazins auf sprengen.

Magazinabsprengung

Das aussprengen eines Magazins (eng. Magazin Blowout, Mag Blowout) ist nur bei Waffen mit integriertem Magazin eine fatale Waffensprengung, bei welcher das Magazin, vom Gasdruck rückwärtig entweichender Pulvergase, aus der Waffe geschleudert wird. Alternativ kann auch nur der Magazinboden abgesprengt werden. Der ins Waffengehäuse gelangte Gasdruck kann dabei viele Ursachen haben. Besonders häufig sind durchstochene Zündhütchen, sowie Zündungen bei unzureichender Verriegelung (eng. Out of Battery Detonation).

Nicht geschlosserter Verschluss

Ein nicht geschlossener oder auch nicht vollständig geschlossener Verschluss (eng. not in Battery) ist ein Hemmung, bei welcher ein Verschluss, am Ende eines Ladezyklus, nicht vollständig in der vordersten Position angekommen ist. Würde ein Schütze nun den Abzug einer umsichtig konstruierten Waffe betätigen, so wurde zwar der Hammer fallen sich jedoch, aufgrund der Schützensicherung kein Schuss lösen. Einige Modelle setzen auch Verschlussfühler ein, um ein lösen des Hammers, bei nicht vollständig geschlossenem Verschluss, komplett auszuschließen. Die häufigste Ursache für einen nicht vollständig geschlossenen Verschluss ist, dass der Schütze den Verschluss oder Schlitten einer automatischen Waffe nicht hat nach vorne schnellen lassen, sondern diese per Hand nach vorne geführt hat, um unter Umständen keinen Lärm zu verursachen. Es kann jedoch auch an einer zu schwachen Schließfeder oder zu starken Gegenkräften durch Reibung, verursacht durch Verschmauchung oder Verschmutzung, liegen. In Besonders schweren Fällen, versperrt Dreck die Gegenlager des Schildzapfen oder es befindet sich sogar ein Fremdkörper in der Patronenkammer, welcher die Patrone darin hindert voll ins Patronenlager eingeführt zu werden.

Um einen nicht vollständig geschlossenen Verschluss zu beheben, kann ein Schütze bei den meisten Waffenmodellen versuchen den Verschlussgriff nach vorne zu drücken. Bei Waffen bei denen der Verschlussgriff keine vorwärtige Kontrolle erlaubt, hilft es meist nur, den Verschluss komplett nach hinten zu führen und erneut nach vorne schnellen zu lassen. Dabei wird jedoch eine Patrone unbeabsichtigt ausgeworfen. Einige Waffen ohne vorwärtig wirkenden Verschlussgriff, wie das M16A1, haben Schließhilfen, mit welchen sich der Verschluss in die vorderste Position zwingen lässt. Ein einfaches steckenbleiben des Verschlusses, kann mit einer solchen Einrichtung behoben werden. Wurde die Hemmung jedoch durch einen Fremdkörper verursacht, würde ein zu starkes Betätigen des Verschlussdrückers die Hemmung jedoch verschlimmern, da die zuladede Patrone deformiert und der Fremdköper tiefer in die Waffe hinein getrieben werden würde.

Besonders das Selbstladegewehr M1 Garand der US-Amerikaner im zweiten Weltkrieg, litt meist nach dem Laden mit seinen 8-Schuss-Laderahmen direkt an einem nicht geschlossenen Verschluss. Dieser schloss sich, je nach Zustand der Waffe und des jeweils verwandten Rahmes, meist nicht vollständig und so musste der Schütze oft den Verschluss per Hand am Verschlussgriff nach Vorne treiben.

Hitzezündung

Bei einer Hitzezündung (eng. cook-off) wird eine Patrone nicht durch das auftreffen eines Zündelements auf sein Zündhütchen, sondern durch von außen aufgenommene Hitze entzündet. Ursache ist hierfür die chemische Beschaffenheit des Treibmittels wie auch den Zündhütchen, welche bei einer bestimmten Temperatur zünden, unabhängig von der Zündquelle. Meist kommt es bei Schnellfeuerwaffen zu Hitzezündungen, wenn sich eine Patrone über einen längen Zeitraum hinweg in einem Patronenlager eines heißgeschossenen Rohres befindet.

Um Hitzezündungen zu vermeiden, sind die meisten für Dauerfeuer ausgelegten Waffen, als zuschießende Waffen mit geschlossener Verschlussstellung ausgeführt. So wird eine neue Patronenhülse erst Millisekunden vor dem Schuss in die Patronenkammer eingeführt, um die Zeit zu reduzieren, in welcher diese Hitze von dieser aufnehmen kann. Aber auch bei diesen Waffen ist es ratsam, vor dem öffnen eines eventuell steckengebliebenen Verschlusses, eine Sicherheitszeit abzuwarten, um eine eventuelle Hitzezündung nicht bei offenem Verschluss geschehen zu lassen, auch ist dabei die Mündung der Waffe in eine sichere Richtung zu halten.

Besonders beim MG3 kam es in Kombination mit überlagerter Munition immer wieder zu Unfällen. Dabei wurde das Rohr des Maschinengewehr, während einer Schussfolge, immer heißer. Es versagten jedoch immer wieder Zündhütchen, worauf sich der Verschluss mit einer solchen Patrone im Patronenlager schloss, es jedoch nicht direkt zu einer Zündung kam. Diese erfolgte erst später durch eine Hitzezündung. Wartete ein Soldat diese Zeit nicht ab, sondern öffnete den Verschluss, um zu sehen was los war, konnte es zu einer Zündung ohne ausreichende Verriegelung kommen (eng. out of Battery Ignition).

Unverriegelte Zündung

Von einer unverriegelten Zündung oder Zündung bei nicht geschlossenem Verschluss (eng. out of Battery Ignition) spricht man, wenn es zur Zündung einer Patrone kommt, während entweder die Verriegelung- oder Übertragungsaelemente noch nicht in ihre Ruheposition eingefahren sind, wenn der Verschluss nicht vollständig geschlossen ist geschlossen ist und die Verrieglungs- und Übertragungglieder noch nicht ihren vollen Ruhewert erreicht haben oder wenn eine Patrone bei komplett offenem Verschluss zündet.

Zündung bei nicht aktiven Verriegelungselelemten

Kommt es bei einer Waffe, welche eigentlich auf eine formschlüssig statische Verriegelung berechnet ist zu einer Zündung, während die entsprechenden Ruheelemente nicht in ihre Gegenlager eingefahren sind, so ist mit einer deutlichen Überschreitung der S-Strecke sowie mit einer unseren Verschlussrücklaufgeschwindigkeit und allen damit verbunden Folgen, wie einem Hülsenreißer, zu rechnen. Ursachen können unter anderem ein unsachgemäßer Zusammenbau der Waffe oder eine vorangegangene Beschädigung der Waffe sein.

Nach einer Zündung in nicht verriegeltem Zustand, sollte die Waffe gründlich auf ihre Funktion überprüft werden.

Beim kanadischen Geradezuggewehr Ross als auch beim deutschen Kommissionsgewehr G88 war es konstruktionsbedingt möglich, die Waffe so zusammen zubauen, dass die Verriegelungskämme des Ross bzw. die Verschlusskopfzapfen des G88 nicht in ihre Gegenlager einrasteten. Das abfeuern einer derart fehlerhaft zusammengebauten Waffe führte zu, für die damaligen Soldaten, traumatischen Erlebnissen welche das Vertrauen in die Waffen nachhaltig beschädigte.

Zündung bei nicht vollständig geschlossenem Verschluss

Bei dieser Form der unversiegelten Zündung hat sich der Verschluss noch nicht ganz schließen können, wenn die Patrone zündet. Bei formschlüssig statischen Waffen kann dies fatale Folgen haben, da diese auf eine bestimmte gesamte Oberfläche zwischen Verriegelungselement und Gegenlager angewiesen sind. Ist dieser Oberfläche zu klein, können Teile von Lager und Gegenlager abbrechen. Die Folgen sind sowohl eine nachhaltige Beschädigung als auch eine Überschreitung der S-Strecke und eine unsichere Verschlussgeschwindigkeit, wenn auch in geringerem Maße als bei gar nicht aktiven Ruheelementen. Bei kraftschlüssig dynamischen Waffen mit Übersetzung, deren Übertragungselemente nicht vollständig in ihre Taschen oder Ruhelager eingeführt wurden, ergibt sich ein ähnliches Bild, wenn auch mit einer geringeren Chance auf eine Beschädigung der Elemente.

Das französische Sturmgewehr FAMAS erzeugt durch seine Übersetzung, nach der französischen Formel, aus seinem insgesamt nur 380 Gramm schweren Verschluss eine virtuelle Masse von 2⅓ Kilo. Dies gelingt jedoch nur, wenn der Übersetzungshebel voll in ein Ruhelager eingreift. Bei der Verwendung von ausländischer Munition mit sehr empfindlichen Zündhütchen kam es jedoch immer wieder zu verfrühten Zündungen, bei nicht nicht ganz eingreifendem Schleuderhebel. Das Resultat war eine deutlich niedrigere virtuelle Masse von ~1 Kilo statt der für die Waffe berechneten 2⅓ Kilo Verschlussmasse. Folge waren Hülsenreißer und das Gerücht, dass ein FAMAS F1 nicht mit Messinghülsen betrieben werden dürfe.

Waffen mit einfachem Masseverschluss hingegen leiden deutlich weniger unter einem nicht vollständig geschlossenem Verschluss. Bei Waffen mit Vorlaufzündung wird dies sogar zum festen Funktionsprinzip erhoben, da eine, während des Vorlaufes, gezündete Patrone zunächst den vorwärtigen Bewegungsimpuls des Verschlusses überwinden muss, um diesen anschließend zu einer rückwärtigen Bewegung zu veranlassen.

Zündung bei offenem Verschluss

Diese äußerst seltene Form geht von der Zündung einer Patrone aus, während der Verschluss einer Waffe beinahe offen steht. Dabei befindet sich die Patrone meist sogar noch unter der Kontrolle des Magazins oder wird gerade erst vom Verschluss angestoßen. Da sich dem Druck einer so früh unnachsichtig gezündeten Patrone nichts entgegenstellt, zerplatz diese meist einfach im Waffengehäuse. Darauf werden Hülsensplitter und heiße Gase aus dem Verschlussfenster der Waffe heraus aber auch ins innere des Waffengehäuses geschleudert. Da sich dabei jedoch kein hoher Druck aufbauen kann, ist diese Art der unbeabsichtigten Zündung (ing. geglect ignition) weitaus ungefährlicher als eine Waffensprengung.

Bei zuschießenden Waffen wie der Ingram Model 10 kann es bei Beschädigung des Verschlusses dazu kommen, dann die Patronenanstoßnase, das Zündhütchen sehr empfindlicher Munition berühr und dabei stark genug quetsche, dass die Patronen zündet.

Unkorrekte Schusszahl bei Feuerstoß

Bei einer unkorrekten Schusszahl bei einem Feuerstoß (eng. burst failure) wird entweder ein Schuss zu viel oder ein Schuss zu wenig aus einer Waffe mit mechanisiertem Feuerstoß angegeben. Die häufigste Ursache besteht darin, dass eine Abzugsgruppe mit einfachem Aufbau ihren Schusszähler nicht zurückstellt, wenn zwischenzeitlich auf Einzelfeuer gewechselt wird oder der Munitionsvorrat zuneige geht. Bei Waffen mit extrem hoher Feuergeschwindigkeit kann es jedoch auch passieren, dass durch verschleiß oder den Einsatz falscher Schmiermittel die Mechanik nicht richtig greift.

Das russische Hyperburst Sturmgewehr AN-94 besitzt eine Kombination aus extrem hoher Schussfolge und extrem kleinen Teilen, welche über sehr geringe Abstützflächen verfügen. Diese Kombination kann dazu führen, dass sich neben den zwei Schuss im Hyperburst auch noch ein dritter regulärer Schuss löst, als wäre die Waffe auf Dauerfeuer eingestellt. Deutlich simpler dagegen ist die Abzugsgruppe des M16A2 und das M4 Karabiner (nicht A1 Version) gestaltet, welche über einen 3-Schuss-Feuerstoß verfügt. Um diesen möglichst einfach und störunanfällig halten zu können, wurde auf ein Rückstellfunktion verzichtet, zudem zählt er bei Einzelfeuer weiter mit. Gibt also ein Schütze einen vollen 3-Schuss-Feuerstoß ab, stellt die Waffe auf Einzelfeuer um, gibt dabei einen Schuss ab, stellt dann zurück auf 3-Schuss-Feuerstoß und krümmt den Abzug ab, werden sich keine 3, sondern nur 2 Schüsse lösen. Der Feuerstoß fällt kürzer aus als erwartet. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Ladehemmung im eigentlichen Sinne und die meisten US-Soldaten wird diese Eigenschaft der Waffe nahe gebracht. Dies hielt jedoch eine Prüfkommission für den M4 Karabiner, welcher im Zuge dies Irak-Krieges einige Probleme zeigte, nicht davon ab, diesem jeden unvollständigen Burst als Ladehemmung einzutragen. Wodurch der M4 statistisch deutlich schlechter abschnitt als seine damaligen Konkurrenten XM8, SCAR-L und HK416.

Unbeabsichtigtes Dauerfeuer

Bei unbeabsichtigtem Dauerfeuer (eng. accidental fullauto) handelt es sich um eine Funktionsstörungen, bei welches eine Waffe zwar ordnungsgemäß repetiert, sich jedoch unbeabsichtigt zu viele Schüssen lösen. Die häufigste Form ist das Versagen eines Schussbegrenzers, wie dieser meist in Abzugsgruppen mit mechanisiertem 3-Schuss-Feuerstoß verbaut ist. Durch verschließ oder nicht sachgemäßen Zusammenbau, kann es hier dazu kommen, dass mehr als die vorgesehenen zwei oder drei Schüsse abgegeben werden. Es kann jedoch auch bei Waffen zur unbeabsichtigten Abgabe von Dauerfeuer kommen, welche als reine Selbstlader ausgeführt sind. Häufig wird in solchen Fällen behauptet, dass ein Versagen oder Verschleiß des Selbstladeunterbrechers dafür verantwortlich sei, dies hat jedoch in der Regel lediglich einen schlappen Hammer (eng. Hammer Follow) zur Folge. Viel eher betätigt sich ein ein Element unabsichtlich als Schnellfeuerunterbrecher.

Der italienische englischsprachige YouTuber Backyard Ballistics stelle fest, dass seine Glock 17 immer wieder unbeabsichtigt Dauerfeuer schoss. Ursache war eine kleiner Feder, welche in den Schacht der Zündstiftsicherung gelangt war, wo diese sich als Verschlussfühler betätigte. Die kleine Feder drückte auf den Abzugsstollen, was ein Absenken dieses Elements zur Folge hatte. Durch dieses Absenken, wurde der gespannte Zündstift freigegeben, und zwar genau jedes Mal, wenn der Schlitten erneut seine vorderste Position erreichte. Die kleine verlaufene Feder arbeitete fast wie in vollwertiger Schnellfeuerunterbrecher.

Magazinentleerung

Bei einer Magazinentleerung, welche sich jedoch auch auf Gurtwaffen erstreckt, (eng. Runaway Gun) handelt es sich um eine Fehlfunktion, bei welcher die Waffe den Feuerzyklus nicht unterbricht, selbst wenn der Schütze den Abzug frei gibt. Primä sind hier zu schießende Waffen mit offener Verschlussstellung betroffen, da diese darauf angewiesen sind, den Verschluss in der hintersten Position fang und festhalten zu können, um das Feuer einzustellen. Ist die Verschlusshaltenase oder ein entsprechender Abzugsstollen mit Fangnase verschlissen, beschädigt oder nicht vorhanden, ist ein fangen des Verschlusses nicht mehr möglich. Auch aufschießende Waffen mit geschlossener Verschlussstellung können eine unbeabsichtigte Magazinentleerung erleiden, hier sind die Ursachen jedoch komplexer und oft in einer unsachgemäß zusammengesetzt Abzugsgruppe zu suchen.

Als die US-Navy SEALs ihre ersten HK MP5 in der Navy-Version erhielten, hatten diese noch Abzugsgruppen mit den Einstellungen Sicher, Einzelfeuer, 3-Schuss-Feuerstoß und Dauerfeuer. Als diese Abzugsgruppen von nicht ausreichend eingewiesene Personal zerlegt und wieder zusammengesetz wurde, schossen einige Waffen nicht wieder anhaltbares Dauerfeuer. Je nach Version der Geschichte entweder nach der ersten Schussabgabe oder bereits nach dem ersten Durchladen. Dabei kam es zu schweren Unfällen, worauf die Führung zunächst das Zerlegen der S-1-3-A Abzugsgruppe nur noch Speziell geschultem Personal erlaubten. Langfristig sonderten die Navy SEALs alle Abzugsgruppe mit mechanisiertem Feuerstoß aus und bestellten S-1-A Gruppen bei Hecker & Koch.


So ich hoffe alle wichtigen waren dabei.

26. Juni 2025

Warum Wiederlader nicht ihre eigene Munition "herstellen"

Hallo alle zusammen, wer sich schon etwas länger im Internet bewegt und dort Diskussionen über Waffen verfolgt wird sicher früher oder später auf einen User treffen, welcher seine These wie folgt untermauern wird, Zitat:

Ich bin Wiederlader ich stelle sogar meine eigene Munition her!

Jeder gebildete Mensch wird hier sofort den Versuch erkennen, ein Autoritätsargument aufzubauen und aufhören den User erst zu nehmen. Ich hingegen werde nun mal prüfen ob die Behauptung überhaupt stimmt.

Dazu werfen wir einen Blick auf die einzelnen Komponenten einer modernen Einheitspatrone. Das Element, welches alle anderen zusammenhält, die maschinell getriebene Patronenhülse kann ein Wiederlader nicht herstellen. Diese sind viel zu komplex und haben mit den alten Papierpatronen nur noch wenig gemein. Es existiert jedoch die Möglichkeit eine eigenen Patronenhülse zu drehen, wie dies bei Samier-Reduzierhülsen für Unterschallmunition mit aufrecht erhaltener Ladedichte gemacht wird. Dies erfordert Jedoch eine Sondergenehmigung.

Heutige Zündhütchen sind ebenfalls viel zu komplex, als das man diese in einer Heimwerkstatt fertigen könnte. Es gäbe Ersatzmittel, welche jedoch dafür bekannt sind keine rückwärtige Dichtigkeit zu gewährleisten. 

Das Pulver ist eine in Deutschland stark kontrollierte Komponenten, welche nicht nur komplex in der Herstellung ist, sondern auch vom Widerlader nur verladen und nicht weiter angetastet werden darf. So ist bereits einfachen zermahlen, zur Reduktion der Korngröße, bei Strafe verboten.

Auch heutige einfache Vollmantelgeschosse mit ihrem Aufbau aus Bleikern und Tombak-Mantel sind viel zu aufwendig für die heimische Herstellung. Beinahe unmöglich wäre die Konstruktion eines eigenen Deformationsgeschosses mit gezielt gesteuerte Fahnenausbildung bei gleichzeitiger Beibehaltung eines Restkörpers. Es existiert lediglich die Möglichkeit einfache Bleigeschosse zu gießen, welche dann jedoch nicht in modernen Gewehren verwendet werden könnte, ohne den Lauf zu verbleien. Die Möglichkeit eigene Geschosse zu drehen, existiert zwar auf dem Papier - jedoch besitzen selbst herkömmliche industrielle Drehbänke nicht die nötige Präzision um moderne Büchsengeschosse herzustellen, die auch noch treffen.


Wir sehen also, dass Widerladen die einzelnen Komponenten nicht selber herstellen, sondern lediglich aus fertigen Teilen etwas zusammensetzen. Dass kann auch auf recht kreative Weise geschehen aber im Alltag würde niemand behaupten "sein eigenes Fahrrad" hergestellt zu haben, wenn man sich einen fertigen Rahmen gekauft hat, welchen man anschließend mit fertigen Reifen, einem fertigen Lenker und einem fertigen Sattel bestückt hat. Das Gleiche gilt für Computer, hier spricht kein normaler Mensch davon seinen eigenen PC hergestellt zu habe, welchem man aus den üblichen Fertigteilen zusammen bebaut hat, man spricht eher von zusammengestellt oder zusammenbehaut.

Aber warum sprechen dann Widerlader davon, ihre eigene Munition herzustellen. In aller Linie natürlich, um sich wichtig zu machen und ihren Themen mehr Gewicht zu verleihen, das ist natürlich richtig aber dies ist nicht der alleinige Grund. Dieser liegt, wie so oft bei Unsinn um Umfeld der Waffentechnik, in Waffengesetzt und seinen Formulierungen.

Das WaffG spricht so tatsächlich von herstellen, dabei weicht die juristische Bedeutung von herstellen, jedoch stark von dem ab, was man im Alltag so unter herstellen versteht. Ein ganz besonders gutes Beispiel ist ein Bekannter, welcher eine staatliche Erlaubnis zur Herstellung von Kriegswaffen besitzt. Dieser übt diese jedoch nicht dadurch aus, dass er, wie auf dem Khayba-Pass, in seinem Hinterhof ganze AK-47 aus vollen Stahlblöcken fräst - viel mehr biegt er Bleche und Kleiderbügelstücke zurecht, um diese in gesetzliche Halbautomaten einzusetzen, um dem BKA später berichten zu können, ob ein Umbau mit haushaltsüblichen Mitteln möglich ist. Gelingt ihm eines dieser vorhaben, hat er rein rechtlich eine Kriegswaffe hergestellt.  

Fazit:

Wiederlader stellen nicht ihre eigene Munition her, sie setzen lediglich fertige Komponenten zusammen. Meist wurde dabei die Hülse bereits einmal abgefeuert, daher auch der Name Wieder-Lader. Alleine das Gesetz bezeichnet diesen Vorgang im guten Beamtendeutsch als Herstellung. Widerlader benutzen diese Diskrepanz zur deutschen Umgangssprache, um ihre Tätigkeit künstlich aufzublähen und wichtiger klingen zu lassen.

Anmerkung:

Es gibt tatsächlich Menschen in Deutschland, welche ihre eigenen Munition herstellen. So stellen einige Vorderladerschützen wie Peter Kunz ihre eigenen Papierpatronen her. Dabei wird das Papier selbst geschnitten, das Geschoss selbst gegossen und manchmal selbst das Schwarzpulver selbst angemischt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Wiederladen, sondern um eine vollständige Neuherstellung, welche einen Pulverschein voraussetzt.


25. Juni 2025

Wenn Sportschützen Isaac Newton in allen Punkten ablehnen

Hallo alle zusammen, nach meinen Beiträgen zur Gasdruck- und Rückstoßleugnung ist ein bisschen Zeit vergangen in welcher ich mir noch ein wenig mehr Unsinn durchgelesen habe, welcher von Konstümwaffenexperten so verfasst wurde. Dabei handelte es sich mal wieder zum Großteil um Sportschützen.

Dieses mal geht es, wie der Titel bereits verrät, im Isaac Newton und seine Axiome der modernen Physik. Dabei handelt es sich um drei Sätze, welche die Gesetzte bewegter sowie unbewegter Körper und deren Verhalten in verschiedenen  Situationen beschreiben.

Ich werde in diesem Beitrag dabei immer jeweils das lateinische Original zitieren, die übliche deutsche Übersetzung widergeben, in einem alltäglichen Beispiel und das jeweilige Gesetz erklären. Anschließend paraphrasiere ich dann die Ansicht von Sportschützen, welche diesem Gesetz widersprechen.

Erstes Axiom (Lex Prima): 

Corpus omne perseverare in statu suo quiescendi vel movendi uniformiter in directum, nisi quatenus illud a viribus impressis cogitur statum suum mutare

Ein Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmig geradlinigen Bewegung, sofern jener nicht durch einwirkende Kräfte zur Änderung seines Zustands gezwungen wird.

Werfe ich einen Ball, dann würde sich dieser immer weiter bewegen und zwar mit der gleichen Geschwindigkeit aber hier bekommen die Waffenendbenutzer schon das erste Problem, denn auf der Erde herrscht zum einen die Gravitation (Auch Erdanziehung) und zum anderen auch noch Luftwiderstand. Geworfene, gerollte oder geschobene Körper werden sich nicht in alle Ewigkeit weiter bewegen, besonders geschobene Körper erleiden noch eine ganze Menge an Reibungskraft.

-Diese Beobachtung um Alltag lässt Sportschützen glauben, dass alle bewegten Körper eine "Innere Energie" hätten, welche durch dessen Bewegung nach und nach verbraucht würde. Dies ist jedoch nach Newton Lex Prima falsch. Siehe Appendix A "Innere Kraft".

Liegt ein Fußball still auf dem Rasen, wird sich dieser nicht bewegen, wenn nicht eine Kraft von außen auf diesen Wirkt, sei es nun ein Fußtritt oder ein Windstoß.

-Auch dies wird von einigen Sportschützen abgelehnt welche der Meinung sind, dass sich Körper, meist in Form von bestimmten Waffenteilen, einfach bewegen, weil sie sich aus ihrer Meinung bewegen müssen, damit die Waffe Funktioniert. Auf diese weise funktioniert jedoch die Physik nicht, ohne ein wirkende Kraft, gibt hier keine Bewegung. Jede erzeuge Bewegung genau wie gestoppte Bewegungen, ja selbst eine Richtungsänderung muss immer auf eine Kraft zurückzuführen sein.

Zweites Axiom (Lex Secunda):

Mutationem motus proportionalem esse vi motrici impressae, et fieri secundum lineam rectam qua vis illa imprimitur.

Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie, nach welcher jene Kraft wirkt. 

Wenn ich mit einer bestimmten Kraft auf einen Körper einwirke, dann bewegst sich der Körper entsprechend der Kraft. Ein leichter Tritt auf einen Ball bewirkt eine leichte Bewegung ein schwere Tritt eine schnellere. Oder wenn es um das Stoppen einer Bewegung geht, benötigt ein Torwart weniger Kraft einen langsamen Ball zu halten als einen schnellen. Zudem bewegt sich ein mitting von hinten getretener Fußball nicht einfach nach links oder rechts, wenn Hindernisse keine Gegenkräfte ausüben.

-Endbenutzer von Schusswaffen sehen dies aber schonmal anders da kann der "Rückstoß*" schon mal einfach um 180 Grad seine Richtung wechseln, wenn er gerade mal nicht nach hinten wirken kann. So erklären sie unter anderem, dass Vordrucklader wie die Schwarzlose M1909 deswegen ihren Lauf nach vorne schöben, da der Rückstoß ja nicht nach hinten wirken könne. Zudem sind Bewegungen bei Sportschützen selten proportional, so erhalten Masseverschlüsse schon mal ihren Antrieb vom 400 Joule starken Rückstoß und erreichen dabei selber eine Rücklaufenergie von 2000 Joule, wofür ihrer Meinung nach auf keinen Fall der Gasdruck von 2000 Bar verantwortlich sein kann.

Drittes Axiom erster Teil (Lex Tertia):

Actioni contrariam semper et aequalem esse reactionem

Kräfte treten immer paarweise auf

Wenn ich mich auf einen stabilen Tisch stelle, dann bricht dieser nicht automatisch unter mir zusammen. Der Grund dafür ist, dass mein Gewichtskraft nicht nur auf den Tisch wirkt, sondern auch die Kraft des Tisches auf mich. Ich drücke den Tisch nach unten, der Tisch drückt mich nach oben, da ein stabiler Tisch aber genauso stark ich wie meine Gewichtskraft herrscht ein Gleichgewicht der Kräfte und es passiert nicht. Ich stehe einfach nur auf dem Tisch. Zugegeben, diese Vorstellung ist recht abstrakt und so gelinkt die Erklärung bei Bewegten Körpern besser. Wenn man mit voller Wucht gegen eine stabile Wand schlägt, wird man sich wahrscheinlich an der Hand verletzten. Ursache ist die Gegenkraft welche die Wand auf die Hand ausübt. Das Gesetz kommen ebenfalls bei den meisten Abprallerscheinungen zum tragen, der Hammer eines Schmiedes prallt deswegen mit lauten Klirren vom Amboss ab, da der Amboss da die Gegenkraft des schweren Ambosses stark genug ist, um dem leichten Hammer einen gewaltigen Kraftstoß zu verpassen. 

-Im Gegensatz zu den anderen Axiomen, wird der erste Teil von Lex Tertia nicht geleugnet, sondern für alles möglichen Unsinn herangezogen, meist unter völliger Ausblendung von zweiten Teil des Axioms. So wird unter anderem beim (übrigens nicht von Newton Erfundene) Newton Pendel das ausschwingen der hinteren nicht angehobenen Kugel durch das Prinzip von Aktion-Reaktion erklärt. Dabei schwingt das Pendel jedoch in die gleiche Richtung wie die angehobene Kugel und nicht in die Entgegengesetzte, wie es das Lex verlangt. Auch müssen mal wieder die armen Masseverschlüsse unter dem falsch verstandenen Lex Tertia leiden. So sorge das dritte Axiom angeblich dafür, dass der, auf den Geschossboden wirkende, Gasdruck angeblich eine entgegengesetzte identische Kraft auf den Verschluss ausübe. Dies ist jedoch nicht richtig, da ein Actio-Reactio-Verhältnis nicht zwischen Geschoss und Verschluss, sondern zwischen Geschoss und Pulvergase besteht. Das Actio-Reaction-Verhältnis zwischen Verschluss (Eigentlich erstmal nur dem Hülseninnenboden) und Pulvergasen ist ein separates Verhältnis. Nur weil der Beifahrer eines Auto seine Autotüre öffnet, heißt das nicht, dass sich automatisch auch die Fahrertüre öffnen muss. Neben der Überbetonung und dem Einsatz an völlig falschen Stellen gibt es natürlich auch das wegleugnen des Actio-Reaktio-Prinzis, so wird Verschlussrückprall, wie der Name vermuten lässt eine Abprallerscheinung, nicht auf das Lex Tertia zurückgeführt sondern auf zurückgebliebene Pulvergase. Warum Verschlussrückprall auf bei entladenen Waffen auftreten kann, konnte mir bis dato nicht erklärt werden. Das Actio-Reaktio-Prizip wird ebenfalls häufig angewendet, um die Richtung von Kräften willkürlich zu ändern, wann und wenn es gerade passt.

Drittes Axiom zweiter Teil (Lex Tertia):

sive corporum duorum actiones in se mutuo semper esse aequales et in partes contrarias dirigi.

Übt ein Körper auf einen anderen Körper eine Kraft aus, so wirkt eine gleich große, jedoch entgegen gerichtete Kraft.

Dieser zweite enorm wichtige Teil besagt, dass man zwei Körper benötigt, welche Kräfte auf einander ausüben müssen. Diese Kräfte setzten meist eine Berührung voraus, wenn es sich nicht um Feldkräfte wie Gravitation oder Magnetismus handelt. Man bekommt also nicht plötzlich blaue Flecken auf der Hand, wenn man nicht gegen die Wand geschlagen hat und ein Fußball wird sich kaum bewegen, wenn man komplett daneben tritt.

-Sportschützen ist dies jedoch egal, hier wird für viele Bewegungen gar keine Berührung benötigt. Da kann ein abgefeuerter Geschoss auch noch den Lauf einer Waffe zurückbewegen, wenn es den Lauf schon längst verlassen hat. So war in einem bekannten Fall, ein Geschoss, welches schon längst in Ruhe im Kugelfang am Ende der Schießbahn lag, in der Lage gewesen sein, durch seinen Rückstoß, den Schlitten einer Beretta M9 nach hinten zu bewegen.

Viertes Axiom "Superposition" (lex quarta)

Wirken auf einen Punkt (oder einen starren Körper) mehrere Kräfte, so addieren sich diese vektoriell zu einer resultierenden Kraft auf

Das vierte Axiom ist im Kern aus Newtons Schriften abgeleitet und kein eigentliches Gesetz, weswegen ich auch kein lateinischen Original zitieren kann. Als alltägliches Beispiel stelle man sich das klassische Seilziehen vor. Ziehen beide Seiten gleich stark so bleibt das Seil unbewegt, daraus ist einfach zu lernen, dass hier zwar Kräfte wirken, jedoch keine Bewegung stattfindet. Ist eine Seite etwas stärker, so findet eine langsame Bewegung des Seils in eine Richtung statt, als würde eine kleine Kraft auf das Seil wirken, es wirken jedoch zwei starke Kräfte mit einem kleinen Unterschied.

-Sportschützen ist das Prinzip der Superposition meist absolut fremd. Da Kräfte ihre Richtung in dieser Gedankenwelt eh nach gut Dünken ändern können, muss meist nicht auf diese komplexere Erklärung ausgewichen werden. Die Unfähigkeit mit dem Prinzip der Superposition umzugehen zeigt sich meist an der HK P7, dessen Schlitten Opfer eines "Seilziehens" zwischen zwei Kolben wird und sich deswegen in der Realität langsam öffnet. Sportschützen behaupten jedoch, der Schlitten der P7 würde vom Gasdruck geschlossen gehalten werden und könne sich erst nach dem austritt des Geschosses aus dem Lauf durch den Rückstoß öffnen, wo mit nicht nur das vierte, sondern auch noch das dritte Axiom gebrochen werden würde. 

Auf der anderen Seite können Körper auch von zwei Kräften angetrieben werden, welche in die gleich Richtung wirken. So wird es um so leichter einen Baum mit einem Seal auszureißen, um desto mehr Personen wortwörtlich an einem Stang ziehen. Auch bewegt sich ein Flugzeug oder Boot mit Rückenwind deutlich schneller, da hier Wind und Motor, beim eventuell Boot zuzüglich noch die Strömung, alle bei der Bewegung helfen.

-Aber auch hier haben Sportschützen und Kostümexperten deutliche Probleme mit der Vorstellung, dass mehrere Kräfte auf ein und denselben Körper wirken. Meist wird eine Kraft ausgemacht, mit Glück wird sogar die stärkste Kraft benannt, und dieser alleine eine verursachte Bewegung zugeschoben. So sind Sportschützen meist kaum in der Lage, das Konzept der vereinigen Stoßbodenkräfte zu erfassen.

Appendix A "Innere Kraft"

Innere Kraft, gespeicherte Kraft oder auch potentia notata (gemerkte Kraft) ist ein Konzept welches ausdrücklich nicht der Realität entspricht aber von einigen Sportschützen fest geglaubt wird. 

Nehmen wir an, vor einer geschlossenen Türe läge ein Körper wie ein mittlere Stein. Würde man nun mit dem Fuß diesen Stein gegen die Türe pressen würde sich der Stein, aufgrund der geschlossenen Türe nicht bewegen. Würde man nun aufhören den Stein mit dem Fuß gegen die Türe zu drücken würde ebenfalls nichts passieren. Öffnete man nun die Türe würde in der Realität immer noch nichts passieren.

-Anders sieht es allerdings bei einigen Sportschützen aus, diese glauben daran, dass starre Körper sich auf sie einwirkende Kräfte (potentia) merken (notata) können. Sobald man mit dem Fuß auf den Stein einwirkt beginnt dieser demnach, sich die Kraft zu merken, er bliebt aber trotzdem in Ruhe, da die Türe seinen weg versperrt. Hört man nun auf gegen den Stein zu drücken, so hört der Stein zwar auf die Kräfte des Fußes zu absorbieren, hat sich diese jedoch gemerkt. Öffnet man nun die Türe so würde, nach dem Glauben der Sportschützen, der Stein, durch seine gemerkte Kraft, in der Lage sein, die Türschwelle zu überschreiten. Diesen Glauben brauchen Sportschützen unteranderem, um die automatische Funktion einer Waffen zu erklären, dessen Verschlüsse komplett geschlossen gehalten wurden, bis das Geschoss den Lauf einer Waffe verlassen hat. Da nach ihrem Glauben die beim Schuss unbeweglichen Verschlüsse sich einwirkende Kräfte merken und später umsetzen können. 

Appendix B "Kräfte-Absorption bis zum Punkt X"

Dieses Hirngespinst, welches noch keinen lateinischen Namen von einem echten Physiker bekommen hat, ist eng verwandet mit der Inneren Kraft aus Appendix A und besagt, dass ein Körper zunächst eine bestimmte Kraft aufgenommen haben muss, bis es sich in Bewegt setzt.

Wenn ich in der realen Welt auf einen freien starren Körper eine Kraft ausübe wird sich dieser in Bewegung setzen. Wie schnell sich dieser bewegen wird, hängt von der stärke der Kraft und vom seiner Masse ab. Leider kommen in unserem Alltag kaum wirklich freie Körper vor, das nächste wären noch am ehesten Asteroiden im Weltall. Aber Helium-Ballons kommen schon recht nah ran. Diese bewegen sich auch schon beim kleinsten Luftstoß. 

-Sportschützen sehen dies jedoch anders, nach ihrem Glauben muss ein Körper erstmal eine gewisse Kraft aufnehmen, bevor er sich in Bewegung setzen kann. Befindet sich demnach ein großer Meteoroid in Schwerelosigkeit und wird von einem kleineren Meteoriten getroffen und erhält dabei einen Kraftstoß welcher zu gering ist, bleibt der große Meteoroid in Ruhe. Erst wenn er von einigen weiteren kleinen Meteoroiden getroffen wurde, wird er sich bei der Erreichung der nötigen Kraft-Summe in Bewegung setzen.

Es stimmt zwar, dass man, um einen auf einer Straße liegenden Stein in Bewegung zu setzen erstmal eine gewisse Kraft aufbringen muss und diesen initial in Bewegung zu setzen, dies liegt jedoch nicht primär an dessen Gewicht sondern an der Reibung zwischen Stein und Straße, welche eine Gegenkraft darstellt. Reduziert man die Reibung, durch einen Schuss Schmierseife setzt sich der Stein früher in Bewegung.

-Sportschützen brauchen jedoch dieses Hirngespitzt, um ihren Lieblingsopfern den Masseverschlüssen andichten zu können, dass diese verschlossen*² blieben bis das Geschoss den Lauf der Waffe verlassen hätte. Dabei würde sich der Verschlusskörper zunächst gar nicht bewegen, da dieser ja angeblich erst eine gewisse Kraft aufnehmen müsse, bevor dieser sich überhaupt in Bewegung setzen könne. Erst wenn der Verschluss "genug Kraft gesammelt" hat, würde sich dieser öffnen. Sportschützen, welche das Prinzip des Impulses*³ nicht verstehen, verwenden hier dann die Innere Kraft aus Appendix A.

Fazit:

Nehme ich alles zusammen, was Sportschützen über die Jahre so behauptet haben, dann bekommt man für jede einzelne Aussage in Issac Newtons Axiomen ein Beispiel für eine Leugnung. Natürlich leugnet nicht jeder Sportschütze alle Axiome und es gibt auch Sportschützen welche im Physikunterricht aufgepasst haben aber dass scheint leider eine leise Mehrheit zu sein.


*Das Wort Rückstoß, wie es von Sportschützen verwendet wird hat nichts mit dem Prinzip Actio-Reaktio nach dem dritten Axiom zu tun. Viel mehr hat das Wort die Bedeutung von "Irgendeine Rückwärts wirkende Kraft", wobei diese auch schon mal spontan die Richtung ändern kann. Zudem kommt es bei Kostümwaffenexperten, aufgrund von Probleme mit dem Konzept der Superposition, häufiger zur Verwechslung von Gasdruck und Rückstoß. Aus diesem Grund kann ein Sportschütze mit dem Wort Rückstoß auch schon mal "nach vorne gerichteter Gasdruck" meinen.

*²Masseverschlüsse sind per Definition nicht verschlossen. Dies hält Sportschützen jedoch nicht davon ab dies über unwissenschaftliche Umwege zu behaupten.

*³Das Wort Impuls wird von Sportschützen auch oft vollkommen falsch verwendet. Dabei benennen sie damit nicht den Bewegungszustand eines Körpers als Bewegungs-Impuls oder Ruhe-Impuls, sondern verwenden das deutsche Wort Impuls, wie das englisch "impulse" in seiner Bedeutung als Stoß, welchen sich Körper gegenseitig geben. Die Ursache dafür ist meist der Konsum englischsprachiger Medien bei gleichzeitig ungenügenden englischen Sprachkenntnissen.


24. Juni 2025

Warum hatten Gewehrpatronen bis 1945 zu viel Leistung und warum hat man das nicht schon früher geändert?

Hallo alle zusammen und herzlich Willkommen zu einem neune Beitrag nach sehr langer Zeit.

Heute widmen wir uns der Frage, warum die meisten Gewehrpatronen wie 7,9x57mm oder 7,62x54mmR deutlich zu viel Leistung für ihren eigentlichen Zweck als Gewehrpatronen hatten und warum man dies nicht schon sehr viel früher, zum Beispiel direkt nach dem zweiten Weltkrieg, geändert hat.

Es ist natürlich immer leicht zu sagen, dass die Menschen es damals einfach nicht besser gewusst hätten aber das ist, wie so oft in der Geschichtsschreibung, viel zu einfach und zu kurz gegriffen, schließlich waren die Menschen damals nicht dümmer als wir heute.

Um dem ganzen auf den Grund zu gehen, springen wir zu nächst zur Linieninfanterie des 18. Jahrhunderts, diese hatte zwei große Angstgegner. Diese waren zum einen die Reiterei. Es galt als absoluter infanteristischer Albtraum von berittenen Gegner niedergeritten, mit Säbel zerschlagen oder von Lanzen aufgespießt zu werden. Diese Angst konnte jedoch durch das aufkommen des Bajonettes und deutlich gemindert werden.

So blieb der zweite Angstgegner - die Artillerie. Des Öfteren geriet Linieninfanterie unter den Beschuss eines Gegners, welche der einzelne Soldat selber meist noch nicht mal sehen konnte. In besonders unglücklichen Fällen, verlangte es die strategische Schlachtordnung, dass die Infanterie an eben jener Stelle verblieb, um eine wichtige Position zu halten oder dem Gegner den Zugang zur eigenen Flanke zu verwehren.

Die Folge bestand darin, dass die Soldaten mit ansehen mussten, wie vom Boden abprallende Kanonenkugeln durch die einen Reihen schlugen oder Sprenggeschosse die Kameraden neben ihnen in Stücke rissen. Dieses infanteristische Trauma grub sich tief in die Erinnerungen der Waffengattung ein und wurde über Generationen weiter getragen. 

Als nun ab 1880 die damals als "Rauchloses Pulver" bezeichnete Nitrozellulose aufkam, wendete sich das Blatt in den Augen der Infanteristen, da es dieses deutlich leistungsstärkere Treibmittel dem normalen Infanteriegewehr eine Reichweite von bis zu zwei Kilometern erlaubte. 

Das Ganze darf man sich jedoch nicht so verstellen, dass ein einzelner Soldat ein Artilleriegeschütz in eineinhalb Kilometern Entfernung erblickt, sein Visier auf die entsprechende Distanz eingestellt und dann gezielte Schüsse auf den vormaligen Angstgegner abgegeben hätte. Viel mehr hätte der Offizier der Gruppe ein feindliches Artilleriestück durch seinen Feldstecher erblickt, daraufhin wäre die Gruppe angewiesen worden, ihre Visiere auf die vom Offizier ermittelte Entfernung einzustellen, worauf auf einen Zielpunkt gezielt und anschließend gefeuert worden wäre. 

Auf diese Weise hätte sich eine Gruppe normaler Gewehrschützen wie eine riesige artilleristische Schrotflinte verhalten. Die im hohen Bogen von oben auf die Artillerie einprasselnden Gewehrprojektile hätten zwar die einzelnen Artielleriestücke nicht nachhaltig beschädigen können, jedoch wäre eine Bedienung selbiger durch die meist ungeschützte Besatzung unmöglich gewesen, ohne Verluste zu erleiden. Die meist aufwendig ausgebildeten Kanoniere wären in Deckung gezwungen und ihre Kanonen zum schweigen gebracht worden.

Besonders frühe englische Gewehre besaßen für dieses "Volley Fire" neben der Visierung für den persönlichen Schuss extra "Volley Sights" für das zusammengefasste Gruppenschießen.

Diese Taktik besaß in den Augen früher Strategen eine derartig bedeutende Rolle, dass man ebenfalls annahm, dass sich zukünftig Infanteriegruppen auch gegenseitig auf diese Art bekämpfen würde. Der Nahkampf unter 200 Metern wurde von nun an nur noch der Kavallerie zugestanden. Dies ist unter anderem der Grund warum die deutsche Gewehrprüfkommission und auch keine anderen Stelle 1905 kein Problem damit haben wird, dass die Visiereinstellung des Deutschen G98, mit Änderung auf Spitzpatrone, erst bei 200 Metern anfangen wird. 

Aber das griffe zu weit vor, wir gehen nun zurück nach 1895, denn ab diesem Jahr beginnt die Artillerie rapide aufzuholen. Zunächst gelang es nicht die neue Nitrozellulose für größere Geschütze zu bändigen, da man vor allem materiallogische Probleme hatte, große Geschützrohe in ausreichender Festigkeit zu fertigen. Zudem hatte man große Probleme mit der Treffgenauigkeit, erst neue Formeln sowie Optiken und andere Zielhilfe ermöglichten es der Feldartillerie, die Reichweite der Infanteriegewehr wieder weitgenug zu übertreffen, um ihre alte Rolle auf dem Schlachtfeld wieder einnehmen zu können.

Ab dies Zeitpunkt, auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert, so würde man nun erwarten, dass die Leistung der Gewehrpatronen wieder zurückgefahren worden wäre, um den einzelnen Schützen eine deutlich angenehmer zuschießende Waffe zur Verfügung zu stellen.

Dies wurde auch überlegt, so ersann der Waffenkonstrukteur Karl Krnka ein "Miniaturgewehr". Dabei handelte es sich um eine Waffe welche in allen wichtigen Parametern reduziert war, sprich kürzerer Lauf, kleines Kaliber, kürzere Hülse. Eine solche Waffe wäre leichter und schneller zu schießen gewesen, hätte auf dem Marsch weniger gestört und der Schütze hätte mehr Munition am Mann tragen können.

Das Hauptbedenken gegen diese kleine Waffe war zunächst, dass die meisten Nationen zu diesem Zeitpunkt über lange überstarke Gewehre verfügten. Man hatte schlicht Angst, dass es zu Situationen kommen könnte, bei denen die eigene Infanterie von der Gegnerischen zusammen geschossen werden könnte, wie die Infanterie des 18. Jahrhunderts ihrer Zeit von der Artillerie.

Diese Bedenken spielten jedoch zu dem Zeitpunkt überhaupt keine Rolle mehr, als sich kurz später die ersten Maschinengewehre flächendeckend durchsetzen. Diese Form der Maschinenwaffe verwendete meist die jeweils landesübliche Gewehrpatrone.

Entgegen der landläufigen Meinung sind Maschinengewehre weitaus mehr als einfach ein Sturmgewehr mit mehr Munition. Man kann, wenn auch in einem kleineren Rahmen, artilleristische Aufgaben mit ihnen erfüllen. So ist es unteranderem Möglich über bis zu vier Kilometer hinweg die einen vorrückenden Truppen in hohem Bogen zu überschießen und einen Kugelhagel von oben auf die Gegner niederprasseln zu lassen (eng. Beating Zone).

Diese kleinen Artilleriewerkzeuge im Arsenal der Infanterie wurden schnell unverzichtbar. Das Problem war nur, dass die frühen Maschinengewehre diese Aufgaben nur dann weiterhin erfüllen konnte, wenn diese weiterhin mit den zu starken Gewehrpatronen arbeiteten. Ein Umstellung der Munition wurde zwar diskutiert kam aber nicht in Frage.

Die Situation wird sich später noch zu Ungunsten einer kleineren Patrone verschärften als die ersten Flugzeugmaschinengewehre fest in Flugzeuge verbaut werden* welche zum einen auf eine große Reichweite angewiesen waren und zum anderen auch darauf, in den Geschossen noch zusätzliche Funktionen wie Brandsätze zu integrieren. Auch das aufkommen früher Panzer, um 1918 noch schlicht Tank genannt, verlangt nach leistungsfähigen Patronen, um frühen panzerbrechenden Geschossen mehr Durchschlagleistung zu geben.

So bekamen die Japaner mit ihrer recht leistungsschwachen 6,5x50mm Meiji 38 (三十年式) Probleme in der Manschurei mit ihren weiten Feldern, worauf die leistungsstärkere 7,7x58mm Typ 99 (九九式) entwickelt wurde.

Heute lebende Menschen werden nun wahrscheinlich fragen, warum man damals nicht einfach zwei Patronen verwendet hat. Eine kleine für Gewehre und eine größere für Maschinengewehre. Dies sei ja auch heute üblich, wenn man sich die NATO mit 5,56x45mm und 7,62x51mm ansieht oder Russland mit 5,45x39mm und der immer noch verwendeten 7,62x54mmR. 

Dabei vergisst man jedoch wie aufwendig Logistik ist und in welchen Kinderschuhen selbige damals um 1900 noch steckte. So führte selbst noch die Einführung der deutschen 7,92x33mm Kurz 1943 zu erheblichen Problemen. Zeitweise hatte man ganze Lagerhäuser voller Stg.44 welche man jedoch nicht an die Truppe ausgeben konnte, da die nötige Munition fehlte. 

Auch Japan geriet durch das nebeneinander von 6,5mm Meiji und 7,7mm immer wieder in Schwierigkeit und so entschloss man sich mit dem Arisaka Typ 99 auch ein Gewehr für die 7,7mm zu schaffen, um nur noch eine Patrone produzieren zu müssen.

Als sich zur Mitte des Zweiten Weltkrieges hin die Logistik dahingehend verbesserte, dass man dieser endlich eine weitere Patrone zumuten konnte, wurde dieser Platz jedoch schnell von den damals immer verbreiteteren Maschinenpistolen eingenommen, diese persönlichen Maschinenwaffen verwendeten bereist existierende Pistolenmunition und waren schnell in den Orts- und Häuserkämpfen sowie in Waldgebieten unverzichtbar geworden. Alleine Deutschland ging das Risiko ein, diesen Platz ab 1943 der bereits erwähnten 7,92x33mm Kurz zu überlassen.

Selbst die NATO entschied sich 1959 noch Gewehre und Maschinengewehre für die gleiche Patrone, die 7,62x51mm NATO, einzurichten. Der Grundgedanke dahinter war, dass eine Kriegslogistik welche mehrere Länder umfasst hätte, deutlich effizienter gewesen wäre, wenn die Infanterie nur mit einer Lebenswichtigen*² Patrone hätte versorgt werden müssen. Man war also bereit, die Effizienz des einzelnen Soldaten zugunsten einer besseren Logistik zu opfern.

Die stärkere Leistung der 7,62x51mm hatte in den Augen der NATO, bei welcher es sich voranging um ein Verteidigungsbündnis handelt, den großen Vorteil, dass die eigenen Soldaten, aus ihren Stellungen heraus, deutlich früher gezieltes und leistungsstarkes Feuer abgeben hätten können, als die feindlichen Soldaten des Warschauer Paktes mit ihren 7,62x39mm Waffen.

Die Sowjetunion plante zunächst ebenfalls die Einführung nur einer Patrone, die 7,62x41mm sollte in Selbstladegewehren (später SKS-45), leichten Maschinengewehren (später RPD-44) und einer Avtomat genannten Mischung aus Sturmgewehr und Maschinenpistole (es wurde das Sturmgewehre AK-47) verschossen werden. Die Patrone musste jedoch auf das heute bekannte maß 7,62x39mm gekürzt werden. Schnell stallte man fest, dass es Maschinengewehre (RPD) und Selbstladegewehr (SKS) an Reichweite fehlte und so entstanden das Universalmaschinengewehre PK (Später PKM) und das Universal-Scharfschützengewehr SVD um den Reichweitenvorteil der NATO-Patrone im Kriegsfall auszugleichen.

Die Logistik des Nebeneinander der zwei Infanteriepatronen 7,62x39mm und 7,62x54mmR gelang und machte im Sowjetisch-Afghanischen Krieg keine großen Probleme. Erst im Donbass-Krieg und später im Ukraine-Krieg wird das Nebeneinander der zwei Maschinengewehr-Patronen 5,45x39mm (RPK-74) und 7,62x54mmR (PKM, PKP Pecheng) Probleme bereits, welche durch das aussondern des RPK-74 weitgehend behoben werden konnten.

Als die US-Armee 1963 das AR-15 als XM16E1 einführte kam mit der 5,56mm M193 eine neue Patrone in die Logistik, dessen Verteilung ohne Probleme von der Logistik bewältigt werden konnte. Jedoch scheiterte der Versuch ein Maschinengewehr für die M193 zu schaffen, da das leichte aber schnelle Geschoss der M193 auf Entfernung schnell an Wirkung verlor. Das Stoner 63 bot in der Konfiguration Mk.23 Mod 0 zwar bis zu 150 Schuss in einem Gurtkasten, wurde jedoch aufgrund der geringen Reichweite nur von Spezialeinheiten als feuerstärkeres Sturmgewehr eingesetzt. So verblieb das 7,62mm NATO MG M60 bei der Truppe. Zudem kam das Scharfschützengewehr XM21 für die selbe Patrone hinzu.

Erst die Einführung der 5,56mm NATO 1980 mit ihrem langsameren jedoch schweren SS-109 Geschoss ermöglichte die Entwicklung von leichten Maschinengewehren, welche dieser Rolle gerecht werden konnten. Durch die Ausrüstung mit M16A2 und M249 (FN Minimi) besitzen die USA wieder zwei Waffen eingerichtet für die gleiche Patrone. 

Fazit:

Man hat früh erkennt, dass die damaligen Gewehrpatronen zu viel Leistung hatten, hat aber nichts daran geändert weil Maschinengewehre diese Art von Patronen brauchen um ihr volles Potential auszuschöpfen. Es war besser Gewehre mit zu viel Leistung zu haben als Maschinengewehre mit zu wenig. Die Logistik des Ersten Weltkrieges hätte zwei Munitionssorten nicht stemmen können, die Logistik des Zweiten keine drei und die zweite war die Pistolenmunition für die Maschinenpistolen. 

Anmerkungen:

*Ironischerweise waren einige der aller ersten in Flugzeugen eingesetzt Maschinenwaffen für kleinere Patronen eingerichtet. So verwendete das italienische Kleistmaschinengewehr Villar-Perosa Pistolenpatronen vom Typ 9x19mm Glisenti. In US-amerikanischen Flugzeugen kam das Selbstladegewehr Winchester M1907 in .351 (9x35mm) zum Einsatz.

*² Pistolenmunition, welcher in der NATO-Armee lediglich in den Pistolen von MG-Schützen und Offizieren sowie den Maschinenpistolen von Fahrzeugbesatzungen verwendet wurde, wurde nicht als Lebenswichtig betrachtet.