11. März 2016

Welches war das erste Sturmgewehr?

Achtung:
Der Text bezieht sich ausschließlich auf die Waffen des zweiten Weltkrieges und ignoriert leider einige doch sehr wichtige Prototypen aus dem ersten Weltkrieg (namentlich Ribeyrolles und das Burton LMR Ballongewehr). Deswegen wird es irgendwann mal eine verbesserte Fassung dieses Textes geben.

Neuster Teilhttp://rrt877.blogspot.com/2019/11/welches-war-das-erste-sturmgewehr-teil-2.html

Hallo alle zusammen,

gerade erst Gestern hat mich endlich mal wieder eine Frage zur Waffentechnik .. oder sagen wir eher zur Militärhistorie erreicht. Und zwar ging es darum, welche Waffen denn meiner Meinung nach das erste Sturmgewehr sei. Nun die ganze Sache ist leider nicht so einfach, denn es gibt einen ganzen Haufen von Problemen aber dazu später mehr.

Als erstes müssen wir klären, was denn eigentlich ein Sturmgewehr ist. Wir könnten es uns natürlich einfach machen und einfach nur die Modelle mit ins Boot holen, die sich selber so nennen. Dann wäre das Stg.44 sofort unser erstes Sturmgewehr und die Frage hätte sich erledigt. Aber dann bekommen wir ein großes Problem mit Modellen wie dem G3, denn dieses wäre dann einfach nur ein Gewehr und fiele heraus. Außerdem wären zudem alle Modelle, die niemals auf dem deutschen Markt angeboten wurden keine Sturmgewehre, denn es ist bekanntlich ein deutscher Begriff, welcher sich nicht ohne weiteres aus ausländischen Bezeichnungen eins zu eins ableiten lässt. Später eventuell dazu mehr.

Was wir brauchen ist als eine Definition, die sich klar an Merkmale hält, damit wir sie auf alle Modelle der Welt anwenden können. Zum Glück oder eher Unglück gibt es diese Definition gleich zweimal. Die erste lautet wie folgt:

- Wahl zwischen automatischen und halbautomatischem Feuer
- Wechselbares eines Box Magazins
- Patrone kleiner als Gewehrmunition
- Patrone größer als Pistolenmunition
- Keiner anderen Klasse zugeordnet

Die zweite Definition lautet beinahe genau gleich, nur fügt sie einen weiteren Punkt hinzu.

-Pistolengriff

Und hier wird die Sache kompliziert, denn nach der ersten Definition gewinnt ein gewisser Federow Avtomat [Wiki] ein bereits 1916 gefertigtes russisches Gewehr, das zumindest auf dem Papier tatsächlich offiziell eingeführt wurde. Nach der zweiten Definition fällt dieses Modell allerdings glatt durch, denn ihm fehlt der Pistolengriff. Bei Anwendung dieser Definition gewinnt also wieder das Stg.44. Aber diese Definition hat ein großes Problem, denn es würde nicht nur den Federov Avtomaten disqualifizieren, sondern auch das M14 gleich mit und mit diesem ein bedeutendes Sturmgewehr der 50er Jahre.

Jetzt werden die jüngeren unter euch sicher sagen, dass das M14 ja eh ein Battlerilfe sei und kein Strumgewehr aber so leicht ist das leider nicht. Denn man muss bedanken, dass der Begriff der Battlerifle relativ neuen Datums ist und man ihn nicht einfach rückwirkend benutzen darf. Sicher wenn man Heute ein M14 in die Hand nimmt, hat man ein Battlerifle aber als es noch die Ordonanz ( Standard ) Waffe der US Streitkräfte war, handelte es sich beim M14 noch um ein Sturmgewehr. Das ganze nennt man Anachronismen [Wiki] und zum Vergleich darf man ja C. Iulius Caesar auch keinen Faschisten nennen.

Ihr seht also es ist nicht einfach. Entweder der Federov gewinnt oder wir bekommen Probleme mit dem M14. Allerdings ist die erste Definition auch nicht gant Wasserdicht, denn der Avtomat bekommt Probleme mit seiner Patrone, die ja nach der Definition kleiner sein muss als eine Gewehrpatrone. Aber welche Gewehrpatrone zählt hier? Der Federov Avtomat verwendete 6,5x50mm diese war damit etwas kleiner als die sonst in Russland übliche bekannte 7,62x54mmR. Genau genommen, war es die Ordonanz ( Standard ) der Japaner. Und hier kommt es zum Problem, denn die Japaner verwendeten diese Patrone in ihren Gewehren. Jetzt kann man sagen, die Patrone ist kleiner als die Ordonanz ( Standard ) Gewehrpatrone der Russen, weil immer die Ordonanz ( Standard ) Gewehrpatrone im Land der Waffe zählt oder man geht her und erklärt die 6,5x50mm zur Gewehrpatrone, wie sie in ihrem Ursprungsland als solche genutzt wird.

Sollte der Federow Avtomat aus diesem Grund ausscheiden, denn gewinnt auf einmal eine experimentelle Version des M1 Carbine mit optionaler Vollautomatik. Dabei kann man sich jetzt schon wieder streiten, ob diese Experimente überhaupt zählen. gemeint ist übrigens nicht der M3 Carbine, der kam nämlich erst 1945.

Ihr seht also, dass ihr euch durch schwammige und uneindeutige Definitionen fast frei aussuchen  könnt, ob jetzt das Stg.44 oder der Federov Avtomat gewinnt. Hier noch mal zur Zusammenfassung:


Braucht ein Sturmgewehr einen Pistolengriff?

Ja - Stg.44 ( Ende )
Nein - Federov Avtomat ( Weiter )


Ist 6,5x55mm kleiner als Gewehrmunition?

Ja - Federov Avtomat ( Ende )
Nein - M1 Carbine vollauto Experiment ( Weiter )


Zählen Experimente?

Ja - M1 Carbine vollauto Experiment ( Ende )
Nein - Stg.44


Und weil ich eh noch etwas Zeit habe handel ich hier auch noch mal ein paar sonstige Kandidaten ab. Am besten wir fangen mit dem naheliegensten an und kümmern uns mal um den Mkb.42, den sicher einigen schon vermisst haben werden. Der gute hat eigentlich auch alles was man braucht nur leider verzichtet er durch seinen Namen bereits freiwillig und reit sich in die Gruppe der Maschinenkarabiner ein. Wer nicht weiß was das ist, ein Maschinenkarabiner war damals einfach eine Maschinenpistole, die nur oder auch Einzelfeuer beherrscht. Ich weiß Wikipedia sieht das anders aber das ist eben die aktuelle Sicht auf den Begriff. Damals waren die Konstrukteure eben noch fest der Meinung, dass sie an einer Maschinenpistole arbeiten, die eben eine bessere Leitung im Einzelfeuer bietet. Von dieser Perspektive aus ist der Name vollkommen verständlich und nachvollziehbar. Jetzt kann man natürlich sagen, dass Waffen und deren Konstrukteure kein Recht haben, ihre Waffen selber zu Kategorisieren und behaupten der Mkb.42 sei das erste Sturmgewehr. Aber dann bekommt man relativ schnell Probleme an der Schwelle vom MG zum Sturmgewehr. Dann landen nämlich besonders moderne leichte MGs ( Aug HBAR, L85A1 ) schnell in der Sturmgewehr Kategorie und lassen sich dann auch nicht mehr leicht entfernen. Gut man könnte alles mit Zweibein rauswerfen aber dann müsste man sich auch von Famas und Galil AMR verabschieden. Auch kippt einem dann das VSS Vintorez von den Präzisionsgewehren herüber. Man sollte also die Kategorie des Sturmgewehrs freiwillig verlassen dürfen.

Etwas einfacher und klarer scheiden dagegen BAR und Thompson M1A1 aus. Ersteres verwendet leider mit .30-06. klar eine Gewehrpatrone und zweite mit .45 ACP eine Pistolenpatrone. Dabei muss man aber sagen, dass die Thompson von Funktion und besonders vom Handling her schon gut an ein Sturmgewehr herankommt. Aber um .45 ACP zu einer nicht Pistolen Patrone zu erklären ist einfach zu viel Fantasie nötig.

Die M1 Carbines mit und ohne A1 haut es raus, da beide keine Vollautomatik haben. Und die besagten Experimente mit Dauerfeuer sind historisch einfach zu vage.

Leider fallen mir im Moment zumindest keine anderen Kandidaten mehr ein, ihr könnt ja noch welche in die Kommentare schreiben.

So, ich hoffe ich konnte helfen ..


Ach übrigens, wenn ihr auf Englisch diskutiert. Die anglo-amerikanische Wortschöpfung Assaultrifle braucht so gut wie nie den Pistolengriff, da ja bekanntes Problem mit dem M14 auftritt und dieses war ja die erste Waffe, welche Assaultrifle genannt wurde und deswegen auch eine bleibt. Die erste Assaultrifle ist also fast unumstritten der Federov Avtomat aber ihr könnt es ja mal mit dem Patronen Argument versuchen ..

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen