26. Juni 2025

Warum Wiederlader nicht ihre eigene Munition "herstellen"

Hallo alle zusammen, wer sich schon etwas länger im Internet bewegt und dort Diskussionen über Waffen verfolgt wird sicher früher oder später auf einen User treffen, welcher seine These wie folgt untermauern wird, Zitat:

Ich bin Wiederlader ich stelle sogar meine eigene Munition her!

Jeder gebildete Mensch wird hier sofort den Versuch erkennen, ein Autoritätsargument aufzubauen und aufhören den User erst zu nehmen. Ich hingegen werde nun mal prüfen ob die Behauptung überhaupt stimmt.

Dazu werfen wir einen Blick auf die einzelnen Komponenten einer modernen Einheitspatrone. Das Element, welches alle anderen zusammenhält, die maschinell getriebene Patronenhülse kann ein Wiederlader nicht herstellen. Diese sind viel zu komplex und haben mit den alten Papierpatronen nur noch wenig gemein. Es existiert jedoch die Möglichkeit eine eigenen Patronenhülse zu drehen, wie dies bei Samier-Reduzierhülsen für Unterschallmunition mit aufrecht erhaltener Ladedichte gemacht wird. Dies erfordert Jedoch eine Sondergenehmigung.

Heutige Zündhütchen sind ebenfalls viel zu komplex, als das man diese in einer Heimwerkstatt fertigen könnte. Es gäbe Ersatzmittel, welche jedoch dafür bekannt sind keine rückwärtige Dichtigkeit zu gewährleisten. 

Das Pulver ist eine in Deutschland stark kontrollierte Komponenten, welche nicht nur komplex in der Herstellung ist, sondern auch vom Widerlader nur verladen und nicht weiter angetastet werden darf. So ist bereits einfachen zermahlen, zur Reduktion der Korngröße, bei Strafe verboten.

Auch heutige einfache Vollmantelgeschosse mit ihrem Aufbau aus Bleikern und Tombak-Mantel sind viel zu aufwendig für die heimische Herstellung. Beinahe unmöglich wäre die Konstruktion eines eigenen Deformationsgeschosses mit gezielt gesteuerte Fahnenausbildung bei gleichzeitiger Beibehaltung eines Restkörpers. Es existiert lediglich die Möglichkeit einfache Bleigeschosse zu gießen, welche dann jedoch nicht in modernen Gewehren verwendet werden könnte, ohne den Lauf zu verbleien. Die Möglichkeit eigene Geschosse zu drehen, existiert zwar auf dem Papier - jedoch besitzen selbst herkömmliche industrielle Drehbänke nicht die nötige Präzision um moderne Büchsengeschosse herzustellen, die auch noch treffen.


Wir sehen also, dass Widerladen die einzelnen Komponenten nicht selber herstellen, sondern lediglich aus fertigen Teilen etwas zusammensetzen. Dass kann auch auf recht kreative Weise geschehen aber im Alltag würde niemand behaupten "sein eigenes Fahrrad" hergestellt zu haben, wenn man sich einen fertigen Rahmen gekauft hat, welchen man anschließend mit fertigen Reifen, einem fertigen Lenker und einem fertigen Sattel bestückt hat. Das Gleiche gilt für Computer, hier spricht kein normaler Mensch davon seinen eigenen PC hergestellt zu habe, welchem man aus den üblichen Fertigteilen zusammen bebaut hat, man spricht eher von zusammengestellt oder zusammenbehaut.

Aber warum sprechen dann Widerlader davon, ihre eigene Munition herzustellen. In aller Linie natürlich, um sich wichtig zu machen und ihren Themen mehr Gewicht zu verleihen, das ist natürlich richtig aber dies ist nicht der alleinige Grund. Dieser liegt, wie so oft bei Unsinn um Umfeld der Waffentechnik, in Waffengesetzt und seinen Formulierungen.

Das WaffG spricht so tatsächlich von herstellen, dabei weicht die juristische Bedeutung von herstellen, jedoch stark von dem ab, was man im Alltag so unter herstellen versteht. Ein ganz besonders gutes Beispiel ist ein Bekannter, welcher eine staatliche Erlaubnis zur Herstellung von Kriegswaffen besitzt. Dieser übt diese jedoch nicht dadurch aus, dass er, wie auf dem Khayba-Pass, in seinem Hinterhof ganze AK-47 aus vollen Stahlblöcken fräst - viel mehr biegt er Bleche und Kleiderbügelstücke zurecht, um diese in gesetzliche Halbautomaten einzusetzen, um dem BKA später berichten zu können, ob ein Umbau mit haushaltsüblichen Mitteln möglich ist. Gelingt ihm eines dieser vorhaben, hat er rein rechtlich eine Kriegswaffe hergestellt.  

Fazit:

Wiederlader stellen nicht ihre eigene Munition her, sie setzen lediglich fertige Komponenten zusammen. Meist wurde dabei die Hülse bereits einmal abgefeuert, daher auch der Name Wieder-Lader. Alleine das Gesetz bezeichnet diesen Vorgang im guten Beamtendeutsch als Herstellung. Widerlader benutzen diese Diskrepanz zur deutschen Umgangssprache, um ihre Tätigkeit künstlich aufzublähen und wichtiger klingen zu lassen.

Anmerkung:

Es gibt tatsächlich Menschen in Deutschland, welche ihre eigenen Munition herstellen. So stellen einige Vorderladerschützen wie Peter Kunz ihre eigenen Papierpatronen her. Dabei wird das Papier selbst geschnitten, das Geschoss selbst gegossen und manchmal selbst das Schwarzpulver selbst angemischt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Wiederladen, sondern um eine vollständige Neuherstellung, welche einen Pulverschein voraussetzt.


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